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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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stattdessen zur Brücke. Auf dem Computerbildschirm hatte sich das Infrarotbild des Kolloids von Eisblau in Feuerrot verwandelt.
    Doch der nächste Download war noch überraschender. Das Bild kam herein, kurz bevor die Computer durchbrannten. Die Pixel waren wieder von Rot in Blau umgeschlagen. Das Kolloid kühlte sich ab und nahm schnell große Mengen Wärmeenergie in sich auf. Gleichzeitig zog sich der angeschwollene Fluss zusammen. Wo sich das Wasser aufgewölbt hatte, bildete sich nun eine Senke. In der Luft lag das schreckliche flüssige Gurgeln des Vakuums, das alles in sich aufsaugte.
    Romans Herz verkrampfte sich. Er suchte nach einem Halt, als die Pilgrim vom Damm im Wasser weggerissen wurde und mit der Strömung flussaufwärts raste. Sein Brustkorb zuckte in brutalen Synkopen. Er hörte Steinbrocken brechen, Menschen schreien und Metall reißen. Seine Finger zerrten an seinem Kragen. Er konnte nichts mehr sehen, aber er wusste, dass das implodierende Wasser die Pilgrim nach unten ziehen würde.

84
    Freitag, 18. März, 23.02 Uhr
    Nachdem der Fluss eine Stunde lang heftig oszilliert hatte, floss er unterhalb von Manchac Point wie geronnene Tinte. Flutlichter der Küstenwache durchdrangen die Dunkelheit und suchten in der Bootsflotte nach Schäden. Zerbrochenes Holz und Styroporbecher mischten sich mit uraltem Müll, der vom Flussgrund aufgewirbelt worden war. Ein Stück von einem historischen Steuerruder. Ein ausgeschlachtetes Modell T.
    Am östlichen Ufer warfen Hubschrauber Bündel mit schweren Sandsäcken ab, um ein Loch im Deich zu schließen. Während die Leute am Boden mit ihren Taschenlampen Signale gaben, arbeiteten Schweißer an der Pilgrim und versiegelten mit bläulich weißen Flammen einen Riss im Rumpf. Der Küstenwachtender war stabil gebaut und konnte einiges aushalten. Er war angeschlagen, aber nicht gesunken. Auf der Brücke ließ sich Roman von einem Sanitäter einen Schnitt am Kinn versorgen. Er sagte nichts über seine Herzrhythmusstörungen. Sechs Personen wurden vermisst.
    Ein Reporter von Associated Press hatte die Pilgrim über Funk erreicht. Roman erwiderte den grimmigen Blick der alten Augen von Kapitän Ebbs, während er der Presseagentur erklärte, dass eine Gaspipeline unter dem Fluss aufgerissen war. Ebbs kaute auf seinem Schnurrbart herum, dann stapfte er nach draußen aufs Deck, um die Reparaturen an seinem Schiff zu überwachen. Roman fühlte sich fröstelig und schwindlig. Er sackte auf einer Bank zusammen und blickte zu Jarmond hinüber, doch der jüngere Mann sah sich die bescheidenen Dächer an, die sich hinter dem Deich zusammendrängten. Das Städtchen Plaquemine lag keine zwei Kilometer flussabwärts.
    Jarmond zupfte an seinem spärlichen Kinnbart. »Wir müssen etwas wegen dieser Leute tun.«
    »Ohne unsere Computer sind wir blind.« Über Funk rief Roman Dan Meir an Bord der Chasseur. »Bekommen Sie ein Bild herein?«
    »Nein. Nichts. Wir haben immer noch keinen Strom.« Dann erzählte er Roman von der Dreimeterwelle, die aus dem Nichts gekommen war und sie beinahe unter Wasser gedrückt hatte.
    »Kommen Sie mit der Yacht rüber, sobald Sie können.« Roman nahm einen tiefen Atemzug. »Wie geht es Reilly?«
    »Bestens. Sie ist bereit, übers Wasser zu gehen, um zu Ihnen zu gelangen.«
    Roman schaltete sein Headset aus, und sein Geist erschlaffte. Seine Herzrhythmusstörungen ließen nach. So etwas hatte er noch nie erlebt, aber er hatte jetzt nicht die Muße, darüber nachzudenken. Eigentlich konnte er im Moment gar nicht denken. Widersprüchliche Nervensignale blockierten seine Synapsen. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er keine Ahnung, was er als Nächstes tun sollte. Er lockerte seinen Kragen und spürte die Annäherung von etwas, mit dem er nie gerechnet hatte. Versagen.

85
    Freitag, 18. März, 23.44 Uhr
    Als sich die Chasseur über den seichten Flussarm langsam zum Hauptstrom vorarbeitete, griff CJ nach dem Telefon, das sie sich von Peter geborgt hatte. Sie brauchte Informationen. Was hatte diese plötzliche Riesenwelle ausgelöst? Aber Max antwortete nicht. Erneut tippte sie seine Nummer ein. »Geh ran, verdammt!«
    Weil es dunkel war, konnte sie den Fluss nicht sehen, und die Lokalnachrichten waren auch keine große Hilfe. Man berichtete über ein Leck in einer Gasleitung, aber sie wusste, dass das eine Lüge war. Die Welle hatte die Chasseur wie bei einem Erdbeben durchgeschüttelt. Von Flussschiffern wurden selbst aus Brusly Landing weit im Norden

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