Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
Vom Netzwerk:
Mundstück. »Du bist hier unten auf dem Grund.«
    Während sie das Messgerät betrachtete, bewegte sich der Zeiger gleichmäßig wie Brandungswellen hin und her. Dann überkam sie ein seltsames Gefühl – eine Vorahnung –, anfangs so vage, dass sie nicht begriff, wo es herkam. Doch als sie weitersank, wurde es sichtbar. Das Wasser unter ihr schimmerte.
    Sie sank in eine Zone mit Millionen winziger, blinkender Lichter. Sie funkelten so schwach, dass ihr Auge es kaum wahrnahm, doch gemeinsam gaben sie dem Wasser einen matten, milchigen Glanz. Noch etwas tiefer wurden die Lichter größer und blinkten schneller, und bald war sie umgeben von einem Flimmern, das an weißes Rauschen auf einem Fernsehbildschirm erinnerte. Das Strommessgerät schlug wie verrückt aus, und sie lachte. »Du!«
    Die Anzeige ließ sie vergessen, wie kalt diese wundervolle Flüssigkeit war. Sie fühlte sich wie ein Astronom, der eine neue Galaxie entdeckt hatte. Genau in diesem Moment berührten ihre Flossen den Grund, und ihre Sauerstoffflasche stieß gegen einen Felsen.
    Der laute Klang von Metall auf Stein hallte durch das Wasser, und plötzlich war das Blinken verschwunden. Als sie in den schlammigen Grund sank, war im Licht der Taschenlampe nichts anderes zu sehen als braune Wolken, die aus dem Kanalbett aufstiegen. Sie streckte sich lang aus und verharrte, atmete in flachen Zügen und hoffte, die Blinklichter würden zurückkehren. Als sie die Taschenlampe ausknipste, war sie von kalter Dunkelheit umgeben.
    Minuten vergingen. Sie begann vor Kälte zu bibbern. Sie wusste, dass sie ihr Finimeter überprüfen musste, aber sie traute sich nicht, das Licht anzuknipsen, um die Blinklichter nicht zu erschrecken.
    Sie erschrecken? CJ, du bist eine Idiotin. Sie haben keine Gefühle.
    Doch sie wurde den Eindruck nicht los, dass jemand oder etwas mit ihr im Wasser war. Sie spürte, wie es ihr die Wärme aus dem Körper zog. Du. Was bist du? Du hast schon einmal getötet. Sie atmete schneller.
    Benutz deinen Verstand! Harrys Stimme dröhnte durch die Kälte. Jedes Phänomen hat eine wissenschaftliche Erklärung.
    Sie knipste die Taschenlampe an, um die Anzeige besser sehen zu können, obwohl das kleine Gerät nicht viel hergab. Verdammt, sie brauchte eine bessere Ausrüstung.
    Vielleicht kamen die Blinklichter ja von Bioluminiszenz-Sporen oder von lichtemittierenden Dioden wie denen, die sie in der Probe gefunden hatten. Aber warum hatte das Blinken aufgehört?
    Sie kaute auf dem Mundstück.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie schon unter Wasser war, aber sie zitterte am ganzen Körper. Sie konnte nicht ewig in kaltem Schlick liegen. Sie wollte aufstehen, aber ihre Gedanken kreisten weiter um die Blinklichter.
    Irgendwie hatte der Lärm, den ihre Sauerstoffflasche beim Zusammenstoß mit dem Felsen gemacht hatte, das Blinken gestoppt. Konnte diese ungewöhnliche Flüssigkeit auf Schall reagieren?
    Vorsichtig knipste sie die Lampe an und schraubte den Deckel des Probenbehälters ab. Eine Luftblase entwich, trieb nach oben und nahm rasch an Größe zu. Sie konnte sehen, wie sie sich verdoppelte und noch einmal verdoppelte, während sie zur Oberfläche aufstieg. Dann schien das dunkle Wasser sie wie eine Grabhöhle zu umgeben. Mit zitternder Hand schraubte sie den Deckel wieder auf den jetzt mit Flüssigkeit gefüllten Behälter. Anschließend überprüfte sie ihren Luftvorrat.
    »Himmel!«, zischte sie durch das Mundstück. Die Anzeige stand beinahe auf Rot – weniger als fünfzig Bar Pressluft. Sie musste dringend an die Oberfläche.
    Sie packte die Griffe, um die Gewichte abzuwerfen. Doch dann hielt sie inne. Man sollte langsam aufsteigen, hatte die Website gewarnt. Wenn sie die Gewichte abwarf, würde ihr Clownanzug sie wie einen Ballon an die Oberfläche katapultieren, und ihre Lunge würde sich ausdehnen wie die Luftblase aus dem Behälter. Und wie sollte sie das anstellen, wenn sie sich nur noch daran erinnerte, wie man die Tarierweste aufblies?
    Probehalber stieß sie sich vom schlammigen Grund ab und versuchte sich mit den locker sitzenden und zu großen Flossen aufwärtszubewegen. Doch damit wirbelte sie nur noch mehr Schlamm auf, und sie bekam einen weiteren Wadenkrampf. Nach kurzem Gestrampel sank sie zurück ins Kanalbett. Der Verleiher hatte sie mit viel zu viel Gewicht beladen. Sie überprüfte noch einmal das Finimeter. Nur noch dreißig Bar. Sie atmete schnell und verbrauchte zu viel Luft. Sie umklammerte die Griffe und

Weitere Kostenlose Bücher