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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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erste Abbruch, nur der größte.« Hammer Nesbitt steckte sich den kleinen Finger ins Ohr. Er sah verschnupft und unausgeschlafen aus. »Es gibt Schlammlawinen entlang des gesamten Kanalabschnitts.«
    Hammer war der Geschäftsführer der Gulf-Pac-Niederlassung, die Bodenverbesserungsmittel und Herbizide für amerikanische Farmer herstellte. Er war ein fast zwei Meter großer, dickbäuchiger Texaner mit Hängebacken, und als er neben Roman stand, dachte Meir, dass die beiden wie Mutt und Jeff aussahen.
    Meir hatte Mitgefühl mit dem Texaner. Hammer steckte in Schwierigkeiten, wenn seine Anlegestelle außer Betrieb war. Meir stellte fest, dass das abgesenkte Uferstück wie glasierte Keramik aussah. Er hatte diesen Effekt schon einmal an einem Strand gesehen, wo der Blitz in den Sand eingeschlagen war, doch er erwähnte diesen Punkt nicht. Hammer war schon aufgebracht genug.
    »Wir bohren gerade Löcher in meinen Ringdamm, um zu sehen, ob er unversehrt ist.« Hammer richtete drohend den Finger auf Roman. »Wissen Sie, was das kostet? Sie werden's schon rausfinden.«
    Meir bemerkte, wie sich Romans Nasenflügel blähten. Vor Ungeduld – oder Verachtung? Meir kannte seinen eleganten Boss nicht besonders gut. Roman Sacony war zu distanziert, zu konzentriert aufs Geschäft, kein Typ, mit dem man entspannt ein Bier trinken konnte. Neugierig wartete Meir ab, wie wohl der coole Kapitalist aus Miami auf den jähzornigen Kumpel aus Texas reagieren würde. Wie Benzin auf Streichhölzer, nahm er an.
    Schade. Meir hielt viel von guter Nachbarschaft. Ein kleines Schwätzchen, ein Gefallen hier und da brachten eine Menge Vorteile. Man musste nur mit den Leuten zu reden wissen.
    Krähen krächzten in den westlichen Zürgelbäumen, und ein kalter Wind zerrte an den Jacken der Männer. Eine Front war von Kanada heruntergekommen. Meir steckte seine Zigarre in den Mund und betrachtete die grauen Wolken, die über seinen Kopf hinwegzogen. Wenn die kalte Feuchtigkeit auf die warme Luft über dem Golf traf, würde sie das teuer zu stehen kommen.
    »Das ist nicht natürlich.« Hammer spülte an einem Wasserhahn Schlamm von seinen gepunzten Lederstiefeln. Seine gedehnte Sprechweise war, je nach Wind, mal lauter, mal leiser. »Meine Leute sagen, der pH-Wert ist viel zu niedrig. Und das Wasser ist verdammt kalt für die Jahreszeit. Stecken Sie ein Thermometer rein, dann werden Sie's ja sehen.«
    Ein Ruderboot von Gulf-Pac paddelte den Kanal hinauf und hinunter und erhellte den Morgennebel mit Suchscheinwerfern. Roman schätzte die Größe der Absenkung. Oberhalb der glasierten Einbuchtung standen Büschel von verbranntem Fingergras, das sich immer noch an die glatte Oberfläche klammerte. Agil sprang er vom Kai hinunter und kletterte in die sandige Vertiefung. Die Wände fühlten sich hart und glatt wie Porzellan an.
    Er hatte noch immer den Anzug an, den er am Vortag bereits in Miami getragen hatte, und der Wind drang durch die leichte Hose. Die meiste Zeit während des ermüdenden Fluges hatte er mit Direktoren von Gulf-Pac telefoniert. Seine Augen schmerzten, und sein rechtes Ohr fühlte sich vom vielen Telefonieren ganz taub an. Eine der anderen Nachbarfirmen hatte lediglich zwei Treppen verloren, die zum Wasser hinunterführten, aber der Manager bestand trotzdem auf Entschädigung. Roman schob die Hände in die Taschen und zählte das Kleingeld nach Gefühl. Die pure Gier trieb diese bastardos aus dem Norden an. Sie wussten, dass der Toluolteppich, der Quimicron entfleucht war, das nicht verursacht haben konnte.
    Er nahm eine Münze aus der Tasche – ein dünnes Zehncentstück – und kratzte damit über den glasierten Sand. Das Material zersprang wie Glimmer. Es sah blasig aus, beinahe kristallisiert. Er hob ein paar von den Splittern auf und faltete sie in ein Taschentuch. Dann bemerkte er, dass der blasierte fette Texaner ihn beobachtete.
    Amerikaner, so nannten sich diese aufgeblasenen Bleichgesichter. Als würde ihnen die gesamte westliche Hemisphäre gehören. War er nicht auch Amerikaner? Wiegte sich nicht auch auf den Feldern seiner Heimat goldenes Getreide? Und leuchteten die Anden nicht in purpurfarbenem Nebel? Gab es einen schöneren Ort als Mar del Plata, wo er seine Kindheit verbracht hatte?
    Er musterte Hammer Nesbitt und dachte an das gelbe Strandhaus seiner Mutter. Wie viele Nachmittage hatte er dort verbracht und stapelweise das Time Magazine gelesen, um sein Englisch zu verbessern? Wie viele Stunden hatte er über den

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