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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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schützen, und eine Wolke aus Insektenschutzspray umgab ihn wie eine Aura.
    Yue machte den Eindruck, als wollte sie ihn anspucken. Ihr knochiger Körper zitterte frierend im dünnen Laborkittel, aber sie verabscheute es, die Kleidung anderer Leute zu tragen. Ihr eisenfarbener Zopf hing schlaff ihren Rücken hinunter, und Dreckflecken verunzierten ihre Ärmel, wo sie mit dem Saugschlauch hantiert hatte. Sie beide hatten deutliche Spuren der Erschöpfung in den Gesichtern und konnten sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten.
    Roman Sacony beobachtete sie schweigend. Er war nicht nach Miami geflogen. Er hatte sich den brasilianischen Banker durch die Lappen gehen lassen. Vielleicht war es ein großer Fehler, als er auf sein Bauchgefühl gehört hatte, das ihm sagte, dass er in Baton Rouge bleiben sollte. Doch als er gesehen hatte, wie sich sein Wissenschaftlerteam zankte, war er überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Dieser Kampf war noch nicht vorbei. Dieser Feind hatte noch nicht kapituliert.
    Im Schatten am Ende des Kais lehnte er gegen einen Gabelstapler und rieb sich die müden Augen. Er hatte eine zweite von Li Qins Kapseln geschluckt, um wach zu bleiben, und nun breitete sich das Aufputschmittel in seinem Kreislauf aus und reizte seine erschöpften Nerven. Spiegelungen tanzten auf den trägen schwarzen Wellen im Kanal hin und her, und kalte Luftströmungen trieben vom Wasser heran. Von den Abgasen des Pumpenmotors bekam er Kopfschmerzen. Bald würde die Sonne aufgehen.
    »Verdammt, es ist wieder da!«, zischte Yue.
    Roman sah, wie sie sich über den Computerbildschirm beugte, als wollte sie hineintauchen. Er ging hinüber, um sich das Bild anzusehen. Tief im geschrumpften Vorhang der Plastikabsperrung breitete sich ein Tintenklecks wie eine exotische schwarze Blüte aus. Im Zentrum war sie am dunkelsten, und außen zerfaserte sie in einem komplexen Fransenmuster. Das stundenlange Pumpen hatte überhaupt nichts gebracht. Das elektromagnetische Feld hatte sich regeneriert. Der Feind war dem Schlauch aus dem Weg gegangen.
    Roman wurde sich bewusst, dass er mit so etwas gerechnet hatte. Er hatte noch nie an leichte Siege geglaubt. Als er das Porträt seines Widersachers auf dem Bildschirm betrachtete, glitt er mit einem Finger über den Flüssigkristallbildschirm, fast wie ein zärtliches Streicheln. »Können Sie diesen Ausschnitt vergrößern?«
    Yue klickte einen Befehl an, um die ausgefranste Peripherie heranzuzoomen. Bei fünfhundertfacher Vergrößerung stieß Peter Vaarveen einen überraschten Ruf aus. »Eine Mandelbrot-Menge!«
    »Ja.« Roman erkannte die berühmten Bilder von verschnörkelten Spiralen wieder, die an Seepferdchen erinnerten und die durch eine quadratische Rekursionsgleichung erzeugt wurden.
    Yues Halswirbel knackten. »Das ist viel zu linear. So mischen sich keine Flüssigkeiten.«
    »Warum ist es immer noch da?« Roman blickte stirnrunzelnd zum Kanal. »Wir haben den Inhalt der Absperrung fast vollständig abgepumpt.«
    »Wir haben nur abgepumpt, was es uns hat abpumpen lassen«, sagte Vaarveen.
    »Was soll der Quatsch?«, gab Yue finster zurück. »Glaubst du etwa an diese Monstergeschichten?«
    Vaarveen ließ sich auf einen Klappstuhl fallen, streckte die langen Beine aus und gluckste amüsiert. »Hast du eine bessere Erklärung?«
    Roman verlor die Geduld mit den beiden. Er sah auf die Uhr. Die Spundwände waren geschlossen. Das Kolloid kam hier nicht heraus.
    »Sie benehmen sich wie kleine Kinder«, sagte er. »Gönnen Sie sich etwas Schlaf. Und machen Sie weiter, wenn Sie wieder klar im Kopf sind.«

39
    Montag, 14. März, 5.39 Uhr
    Die plötzliche Stille nach dem Abschalten der Pumpen schreckte eine Kreischeule auf und ließ zwei Kojoten flüchten. CJ stemmte sich auf einem Ellbogen hoch. Sie war mit kaltem Matsch bedeckt, in ihrem feuchten Haar klebten Grassamen, und in ihrer Kleidung krabbelten Sandflöhe herum. Sie kramte in einer Hosentasche und fand ein Taschentuch, das sauber genug war, um damit die Fernglaslinsen zu putzen. Der Aufräumtrupp ging nach Hause. Jetzt war sie am Zug.
    Sie nahm den letzten Schluck von der sirupartigen Cola, zerdrückte die Plastikflasche, stopfte sie in ihren Rucksack und zog dann ihre Shorts herunter, um zu pinkeln. Warum hatte sie nicht daran gedacht, sich eine lange Hose mitzunehmen? Ihre nackten Beine waren milchig blau vor Kälte.
    Sie kämpfte sich durch den kühlen Sumpf und fand ihr Boot wieder, das unter den

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