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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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zog durch den Mittelwesten und durchnässte die rote Tonerde von Arkansas und die schwarze Kohle von Kentucky. Entlang der Golfküste sammelte sich feuchter Nebel und weigerte sich, als Regen niederzuschlagen. Die Menschen atmeten ihn ein. Er tränkte die Flügel der Vögel. Unsichtbar über diesem diesigen Nichtregen nahm der Mond weiter zu.
    CJ jedoch achtete überhaupt nicht auf das Wetter. Sie kauerte auf dem Boden ihres Zimmers im Motel und war bis auf ein Handtuch nackt. Sie hatte die Vorhänge zugezogen, und der Schein des Laptops fiel auf ihr erstauntes Gesicht, als sie über eine bösartige neue Lebensform namens ›Watermind‹ las.
    Sie hatte nach Definitionen des Lebens gesucht und war dabei auf zwei Hauptkriterien gestoßen: 1. jedes System, das Nahrung aufnahm, einen Stoffwechsel besaß, Abfallstoffe ausschied, sich bewegte, sich fortpflanzte und auf Reize reagierte, und 2. jedes System, das nach einem reproduzierbaren Code aufgebaut war, der sich durch natürliche Selektion entwickelt hatte. Dann fand sie noch eine weitere, die ausgerechnet von Carl Sagan stammte. Sagan bezeichnete Leben als ›begrenzte Region, in der eine ständige Zunahme der Ordnung stattfindet‹ – im Gegensatz zum Universum als Ganzem, das sich stetig in Richtung größerer Unordnung bewegte.
    Sie recherchierte weiter, bis sie auf einen Beitrag stieß, der eine neue intelligente Lebensform beschrieb, die aus Wasser und Elektronikschrott entstanden war. Ihr wurde eiskalt. Ihre Schultern versteiften sich. Sie konnte kaum die Maus bewegen, um im Text nach unten zu scrollen, als sie ihren eigenen Text las, den jemand online gestellt hatte, so dass alle Welt ihn sehen konnte.
    Der Inhalt des gestohlenen Beitrags war Tagesgespräch im gesamten Internet. Je mehr sie suchte, desto mehr fand sie, obwohl niemand zu wissen schien, wer den Namen ›Watermind‹ geprägt hatte. Der anonyme Text – zum Glück hatte man ihren Namen gelöscht – war zuerst in einem katholischen Diskussionsforum aufgetaucht, und zahlreiche Blogger hatten den Inhalt ›kommentiert‹. Ein Experte beschrieb, wie ein Roboter aus flüssiger, wandelbarer Substanz durch einen Sumpf in Louisiana stapfte, Funken sprühte, gereinigtes Wasser urinierte und jeden Menschen, der ihm in die Quere kam, schockgefror.
    CJ schlug mit der Faust auf den Fußboden. Sie lachte, damit sie nicht heulte. Sie erkannte die völlig verdrehten Mutationen ihres Berichts kaum wieder. Es war die ganze Zeit ihr Ziel gewesen, ihre Entdeckung zu veröffentlichen und das Kolloid für jeden zugänglich zu machen. Sie glaubte an das Open-Source-Prinzip. Aber jetzt hatte jemand anders die Sache publik gemacht, und die einzigen Leute, die sich dafür interessierten, waren Verrückte!
    Sie stand auf und trank eine Handvoll Wasser aus dem Hahn im Badezimmer. An ihrem Hals klebten immer noch Schlammspuren, die nach der hastigen Dusche übriggeblieben waren. Als sie sich nach dem Ausflug in den Sumpf ins Motel zurückgeschleppt hatte, war sie zu müde für eine gründliche Körperreinigung gewesen, sondern wollte sich möglichst schnell ins Bett fallen lassen. Jetzt nahm sie sich einen Waschlappen und schrubbte ihren Hals sauber. Sie wünschte sich, sie hätte nie ihren Laptop eingeschaltet. Als ihr Handy klingelte, zuckte sie wie unter einem Stromschlag zusammen.
    Die Nummer des Anrufers wurde unterdrückt. Nach dem fünften Klingeln ging sie ran.
    Eine männliche Stimme meldete sich. »Ich habe Ihren Bericht über den flüssigen Computer im Devil's Swamp gelesen.«
    »Offenbar haben Sie sich verwählt«, stammelte sie. Das Timing des Anrufs schockierte sie. Im Internet wurde nirgendwo ihr Name genannt. Wie hatte der Kerl sie gefunden?
    »Ja, Roman Sacony hat eine künstliche Intelligenz auf Wasserbasis erfunden, nicht wahr?«
    »Roman Sacony hat damit gar nichts zu tun«, platzte es aus ihr heraus. »Es war eine natürliche, zufällige Entwicklung. Niemand hat es gebaut. Und auf gar keinen Fall gehört es Quimicron.«
    »Dann geben Sie also zu, dass Sie den Watermind gesehen haben.«
    CJ ließ den Waschlappen ins Becken fallen. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Ich bin ein Freund, dem Sie vertrauen können. Mein Name ist Hal Butler. Ich arbeite für den Baton Rouge Eye.«
    Ein Reporter. CJ ließ sich auf den Badezimmerfußboden sinken.
    Der Mann schien ihr Schweigen als Aufforderung zum Weiterreden aufzufassen. »Sie glauben also, dass der Watermind gute Eigenschaften hat, nicht wahr? So etwas wie

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