Watersong - Sternenlied (German Edition)
schwammen.
» Dann sag mir, wie ich damit leben soll. « Gemma holte tief Luft und schaute Penn wieder an. » Ihr braucht ein viertes Mädchen und ich will nicht sterben. Dann sag mir, was ich tun muss. «
» Zuerst einmal solltest du deine Einstellung ändern. Dann verlässt du dein Zuhause und kommst mit uns. Wir zeigen dir dann, was du tun musst. «
» Warum muss ich mein Zuhause verlassen? « , fragte Gemma.
» Es ist besser, wenn wir nicht zu lange an einem Ort bleiben. Nach einer Weile kann es manchmal etwas ungemütlich werden. «
» Was ist mit meiner Familie? Und mit Alex? «
» Wir sind jetzt deine Familie « , sagte Penn, und in ihrer Stimme schwang ein Hauch von Güte. » Und Alex liebt dich nicht und wird dich auch nie lieben. «
» Aber … « Eine Träne kullerte über Gemmas Wange und sie wischte sie weg.
» Das liegt nicht an ihm und auch nicht an dir. Er kann es einfach nicht, Gemma. Ein Sterblicher kann eine Sirene nicht lieben. Es tut mir leid. « Penn stieß einen langen Atemzug aus. » Aber wenn du erst einmal eine Weile gelebt hast, wirst du begreifen, dass es sterblichen Männern unmöglich ist, überhaupt jemanden aufrichtig zu lieben. Und dieses Wissen wird dir einigen Herzschmerz ersparen. «
» Wie soll ich dir glauben? « , fragte Gemma. » Du hast mich reingelegt und mir das Ganze hier aufgezwungen. Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sagst? «
» Das weißt du nicht « , gab Penn achselzuckend zu. » Aber wem willst du sonst glauben? Wer sonst weiß, wie es ist, eine Sirene zu sein? «
Verbittert begriff Gemma, dass Penn recht hatte. Was immer auch geschehen mochte, sie steckte in einer Situation fest, in der sie nicht viele Möglichkeiten hatte. Eine Sirene zu werden war nicht ihre Wahl gewesen, und es war ganz sicher nicht das, was sie wollte. Aber sie musste das Beste daraus machen. Sie konnte trotzdem noch das Richtige tun, auch wenn Penn sie in der Hand hatte.
Ein plötzlicher Tumult in dem benachbarten Zypressenwäldchen lenkte die beiden ab. Entsetzte Rufe hallten durch die Bucht, zusammen mit dem Knistern eines Funkgeräts. Gemma konnte aus der Ferne nichts Genaues erkennen, aber sie sah Leute umherlaufen, die blaue Uniformen trugen wie Polizisten.
» Was ist da los? « , rief Thea, die von dem Lärm näher an den Strand gelockt worden war.
» Ist das die Polizei? « , fragte Lexi, die sich neben Thea treiben ließ.
» Wir müssen gehen « , blaffte Penn und ging zum Meer. » Und du solltest mitkommen, Gemma. «
» Ähm … « Gemma riss die Augen von dem Wäldchen los und schaute Penn an, die am Wasser stand. » Nein. Zumindest jetzt noch nicht. «
Penn schürzte die Lippen. » Wie du willst. Aber wir sind nur noch ein paar Tage hier. Dann gehen wir weg. «
» Komm schon, Penn « , rief Thea und schwamm vom Strand weg. » Lass uns verschwinden. «
» Wiedersehen, Gemma! « Lexi winkte ihr zu.
» Wiedersehen. « Gemma winkte zurück, doch Lexi war bereits ins Wasser getaucht.
Gemma schaute zu, wie Penn ins Wasser watete. Als es ihr bis zur Hüfte ging, blieb sie stehen, und ihre gebräunte Haut verwandelte sich in schimmernde Schuppen.
» Übrigens habe ich dir die Wahrheit gesagt « , rief Penn, bevor sie ins Wasser tauchte und davonschwamm.
Gemma blieb noch eine Weile am Ufer stehen und schaute in die Wellen, doch die Sirenen tauchten nicht mehr auf. Die Wassermelodie übertönte fast die Stimmen der Männer in dem Wäldchen, aber sie wollte sie eigentlich sowieso nicht hören.
Irgendwann riss sie sich los und ging nach Hause. Sie war sich immer noch nicht sicher, was sie tun sollte – sterben oder sich den Sirenen anschließen. Keine der beiden Möglichkeiten klang auch nur ansatzweise akzeptabel.
Als sie ihr Haus erreichte, hielt gerade ein Polizeiauto davor. Mit klopfendem Herzen und großen Augen beobachtete sie, wie ein Polizeibeamter ausstieg und die hintere Tür des Autos öffnete. Als Harper und Alex ausstiegen, war sie völlig verblüfft.
Harper hatte den Arm um Alex gelegt, dessen Gesicht totenblass war.
» Was ist passiert? « , rief Gemma und rannte zu ihnen.
» Wir haben Luke gefunden « , sagte Harper leise.
» Er ist tot. « Alex trat von Harper weg und schlang die Arme um Gemma. Sie umarmte ihn, hielt ihn ganz fest und spürte seine Tränen an ihrer Schulter.
ZWANZIG
Trost
H arper lehnte an der Küchenspüle und starrte aus dem Fenster auf Alex’ Haus. Er war völlig durch den Wind, seit sie am Tag zuvor die Leichen gefunden
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