Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
war: das Blut einer Sirene, das Blut eines Sterblichen und das Blut des Meeres. Diese Mischung hatte Gemma in eine Sirene verwandelt, aber bis jetzt hatte sie noch nie über den Zweck des goldenen Umhangs nachgedacht.
» Und was hat es mit dem goldenen Tuch auf sich?«, fragte sie deshalb.
» Es gehörte Persephone«, erklärte Thea. » Sie hätte den Schal bei ihrer Hochzeit tragen sollen.«
Persephone war der Grund, warum sie Sirenen geworden waren. Thea, Penn, Aggie und ihre Freundin Ligeia waren Persephones Dienerinnen gewesen und hätten das Mädchen bewachen sollen. Stattdessen waren sie weggelaufen, um zu schwimmen, zu singen und sich mit Männern zu treffen. Persephone war entführt worden, und ihre Mutter, die Göttin Demeter, hatte die vier zur Strafe für ihre Pflichtvergessenheit mit einem Fluch belegt.
» Was das mit dem Ritual zu tun hat, weiß ich auch nicht«, gab Thea zu. » So lauteten jedenfalls Demeters Anweisungen und wir müssen sie befolgen.«
» Und was passiert dann?«, fragte Gemma. » Ihr wickelt die Mädchen in das Tuch, flößt ihnen den Trank ein und dann?«
» Wir werfen sie ins Meer«, erwiderte Thea ohne jedes Gefühl. » Der Trank soll sie in eine Sirene verwandeln und dadurch schützen. Wenn er nicht wirkt, ertrinken die Mädchen.«
» Dann habt ihr vor mir schon zwei Mädchen ertränkt?«, fragte Gemma mit pochendem Herzen. » Und mich habt ihr auch einfach ins Wasser geworfen und das Beste gehofft?«
» Im Wesentlichen war es so«, bestätigte Thea. » Du warst unsere letzte Hoffnung. Als du lebend ans Ufer gespült wurdest, waren wir alle sehr erleichtert.«
» Ich hätte sterben können!«, rief Gemma entrüstet.
» Ja, aber das bist du nicht.« Thea sah sie streng an, als fände sie ihre Empörung völlig übertrieben. » Und jetzt bist du eine von uns. Alles ist nach Plan gelaufen.«
» Aber fast wäre es schiefgegangen«, beharrte Gemma. » Ich weiß ja, dass ihr euch keinen Deut um mich schert oder um die beiden Mädchen, die ihr getötet habt, aber ist euch euer eigenes Leben denn völlig egal? Was wäre passiert, wenn ich auch gestorben wäre?«
» Weiß ich nicht«, blaffte Thea. » Wir hätten jemand anderes gefunden.«
» Wenige Tage vor Vollmond?« Gemma schüttelte skeptisch den Kopf. » Das bezweifle ich sehr.«
» Dann wären wir eben gestorben.« Thea warf gereizt die Hände in die Luft. » Aber wir sind es nicht.«
» Außer Aggie«, wandte Gemma ein. » Das kapiere ich einfach nicht. Warum habt ihr nicht gewartet, bis ihr einen Ersatz gefunden habt, bevor ihr sie umbringt?«
» Ich habe sie nicht umgebracht«, sagte Thea spitz. » Das war nicht meine Idee.«
Eine Wolke verdeckte die Sonne und warf einen Schatten auf sie. Der Wind, der vom Meer herüberwehte, fühlte sich auf einmal viel kälter an. Von Penn, Lexi und Sawyer war weit und breit nichts zu sehen, aber das war Gemma egal.
» Penn konnte nicht mehr warten«, sagte Thea schließlich. » Sie konnte Aggie nicht mehr ertragen und dann hat sie einfach…« Sie verstummte und schüttelte den Kopf.
» Penn ist jünger als du«, sagte Gemma. » Warum lässt du dir von deiner kleinen Schwester diktieren, was du tun sollst?«
» Ich lasse mir nicht…« Thea brach mitten im Satz ab, als hätte sie es sich anders überlegt. » Es gibt vieles, was du nicht verstehst. Du bist zu jung. Du hast noch nicht lange genug gelebt und keine echten Opfer gebracht. Du hast dich noch nie um jemanden kümmern müssen, nicht einmal um dich selbst.«
Plötzlich tauchten Penn, Lexi und Sawyer aus dem Wasser auf, keine zehn Meter vom Strand entfernt. Sawyer schnappte keuchend nach Luft, doch Penn und Lexi waren ganz still.
» Es wird kalt«, sagte Thea und stand auf. » Ich gehe rein.«
Gemma sah ihr nach. Sie hatte die Arme um den Körper geschlungen und ihr Sari flatterte im Wind.
» Vielleicht sollten wir auch reingehen«, schlug Sawyer vor und bewegte sich in Richtung Strand. Gemma drehte sich zu ihm und den anderen Mädchen. Sein attraktiver muskulöser Oberkörper ragte aus den Wellen hervor.
» Nein«, sagte Penn, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Ihre schwarzen Augen waren auf Thea gerichtet und beobachteten, wie sie im Haus verschwand. In Penns Stimme, normalerweise seidenweich, lag eine schneidende Härte, als sie Sawyer zurechtwies. » Ich will noch weiterspielen.«
» Entschuldige«, sagte Sawyer aufrichtig überrascht und ging reumütig zu ihr zurück. » Wir spielen natürlich so lange du
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