Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
willst.«
Sie drehte sich zu ihm und sah ihn böse an. » Ich weiß. Ich mache hier die Regeln.«
Ehe er noch etwas sagen konnte, machte sie kehrt und tauchte mit einem Satz ins Wasser. Sawyer folgte ihr sofort und platschte unbeholfen durch die Wellen.
» Gemma!«, rief Lexi mit dem vertrauten singenden Tonfall in der Stimme, doch Gemma antwortete nicht.
Die Sonne brach durch die Wolken. Ein Lichtstrahl traf auf Lexis lange goldene Locken und ließ sie aufleuchten.
» Gemma!«, wiederholte Lexi. » Komm schwimmen! Komm mit uns!«
Doch Gemma schüttelte nur den Kopf.
Lexi kicherte aufreizend, sprang ins Wasser und ließ sie allein am Strand zurück.
SIEBEN
Ausdauer
A lex hatte seine Internetseiten gestartet, bislang aber nur nutzlose Hinweise bekommen, und Harper und Brian hatten mittlerweile sämtliche Leute angerufen, die ihnen in den Sinn gekommen waren. Niemand wusste, wo Gemma steckte, und nun gab es eigentlich nichts mehr, was Harper unternehmen konnte.
Deshalb ging sie am Donnerstag wieder zur Arbeit. Brian missfiel es zwar, das Haus mehrere Stunden unbewacht zu lassen, aber Harper versicherte ihm, dass Gemma, sollte sie zurückkehren, deshalb sicher nicht sofort wieder verschwinden würde. Schließlich hatte Harper ihr Handy dabei und Alex wohnte gleich nebenan und hielt ebenfalls Ausschau nach seiner Freundin.
» Und? Hast du schon herausgefunden, wie man die Sirenen töten kann?«, fragte Marcy, als Harper sich an die Ausleihtheke der Bücherei setzte.
» Noch nicht.«
Harper hatte eben erst ihre Zeitkarte für den heutigen Arbeitstag gestempelt und bereitete sich nun darauf vor, einer Gruppe von Kindern eine Geschichte vorzulesen. Marcy stand hinter der Theke und stapelte zurückgegebene Bücher auf einen Wagen.
» Du könntest es mit Weihwasser probieren«, schlug sie vor.
Harper starrte sie an. » Wie bitte?«
» Weihwasser«, wiederholte Marcy. » Sirenen lieben zwar Wasser, aber wenn es bei Dämonen und Vampiren wirkt, müsste es doch auch bei ein paar läppischen Sirenen funktionieren.«
» Kann sein.« Harper blätterte in ihrem Kalender, um zu sehen, welches Buch für heute vorgesehen war. » Aber ich muss sie erst finden, bevor ich es ausprobieren kann.«
» Dann gibt es also nichts Neues von Gemma?«, fragte Marcy.
» Nein«, seufzte Harper.
» Schade. Ich hatte gehofft, ihr hättet eine Spur, weil du gestern freigenommen hast.«
» Ich muss mich auf die Vorlesezeit vorbereiten, es geht gleich los«, sagte Harper, um das Thema zu wechseln. » Weißt du, ob Wo die wilden Kerle wohnen im Regal steht?«
» Ich glaube schon«, sagte Marcy. » Sollte es zumindest.«
» Danke.« Harper stand auf und ging in die Kinderecke, wo bereits ein paar kleine Kinder mit ihren Müttern oder älteren Geschwistern warteten.
Diese Veranstaltung war Teil des Sommerprogramms der Bücherei. Harper oder die Bibliothekarin lasen den Kindern einmal in der Woche ein Buch vor, wobei sie die verschiedenen Stimmen nachahmten und die kleinen Zuhörer in die Geschichte miteinbezogen. Da die Bibliothekarin immer noch auf Weltreise war, blieb die Aufgabe seit einiger Zeit an Harper hängen, was sie jedoch nicht störte. Normalerweise genoss sie es, sich mit den Kindern zu beschäftigen. Es machte ihr Spaß, ihnen Freude am Lesen zu vermitteln, vor allem, wenn sie noch so klein waren. Den Kindern war es egal, ob Lesen cool war oder nicht– sie liebten einfach gute Geschichten.
Heute gefiel es Harper aus einem anderen Grund: Es brachte sie auf andere Gedanken. Sie wollte sich von Gemma ablenken, auch wenn das Buch, das heute an der Reihe war, dabei nicht gerade hilfreich war. Wo die wilden Kerle wohnen war eines von Gemmas Lieblingsbüchern gewesen, als sie klein war. Brian hatte es ihnen fast jeden Abend vorgelesen und jeder Figur eine eigene Stimme gegeben.
Wenigstens konnte sich Harper nun seine Interpretation der Charaktere zum Vorbild nehmen. Eigentlich müsste dies ihre beste Vorlesegeschichte werden.
Sie zog das Buch aus dem Regal und setzte sich in der Kinderecke auf einen Stuhl. Immer mehr Kinder kamen und hockten sich in einem Kreis um sie herum. Von ihrem Platz aus konnte Harper Marcy an der Theke dabei beobachten, wie sie den Bücherwagen belud und neu eintreffende Kinder in die Leseecke schickte.
Als es Zeit war zu beginnen, stürzte sich Harper in ihre Aufgabe. Die Kinder waren gekommen, um sich zu amüsieren, und es war ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass das auch so war, egal wie
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