Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)

in ihrer Hand kreisen und folgte ihr mit den Augen, während sie ihm die nächste Frage stellte.
    » Dann… liebst du Gemma so richtig?«
    » Ich…« Zögernd fuhr er sich mit der Hand durch die braunen Haare.
    Da hielt laut hupend Marcys Auto vor dem Haus. Sie stieg aus und kam mit einer Umhängetasche zu ihnen, auf der ein Bild von Captain Planet prangte.
    » Na, ihr zwei Süßen? Bereit, die Geister zu befragen?«, fragte sie, doch ehe einer der beiden antworten konnte, entdeckte sie Alex’ Taschenmesser. » Ist das nicht so ein Batarang-Teil? Willst du den Geist deines toten besten Freundes damit massakrieren?«
    » Nein.« Er ließ die Klinge ausfahren und zeigte sie ihr. » Es ist nur ein Taschenmesser.«
    » Oh, du willst den Geist erstechen«, meinte Marcy. » Das ist natürlich viel besser.«
    » Ich wusste nicht, was ich mitbringen soll. Ich dachte, wir brauchen vielleicht was, um uns zu verteidigen«, erklärte Alex.
    » Nein, brauchen wir nicht«, sagte Marcy. » Und jetzt kommt. Legen wir los.« Sie drehte sich um und marschierte davon.
    » Wohin gehst du?« Alex sprang auf.
    » Ja, genau, wo soll das Spektakel überhaupt stattfinden?«, fragte Harper, während sie Marcy und Alex folgte.
    » Lukes Leichnam wurde in dem Wäldchen an der Bucht gefunden, oder?«, sagte Marcy. » Da gehen wir jetzt hin. Dort wird seine Verbindung mit der Erde am stärksten sein. So können wir besser Kontakt zu ihm aufnehmen.«
    Das Wäldchen, in dem Harper und Alex die Leichen gefunden hatten, lag nicht weit von ihren Häusern entfernt. Keiner der beiden war wieder dort gewesen, nachdem sie der Polizei den Weg gezeigt hatten. Harper, die den Ort am liebsten für den Rest ihres Lebens gemieden hätte, wurde langsamer, als Marcy ihnen erklärte, wo die Geisterbeschwörung stattfinden sollte.
    » Kommst du, Harper?«, fragte Alex und drehte sich zu ihr um. Er zögerte kein bisschen. Obwohl der Fund der Leichen auch ihn zutiefst erschüttert hatte, war er offenbar mutiger, als sie gedacht hatte.
    » Äh… na gut.« Sie seufzte und holte die beiden ein.
    Am Ende gingen sie dann zum Glück doch nicht in das kleine Zypressenwäldchen, das sich die Anthemusa Bay entlangzog: Marcy blieb jäh davor stehen und verkündete, sie spüre dort eine schlechte Energie und das behindere den Kontakt zu den Geistern.
    » Setzen wir uns da drüben hin.« Sie deutete auf einen grasbewachsenen Fleck direkt vor den Bäumen. » Und zwar im Kreis.«
    » Sollte man so was nicht besser nachts tun?«, erkundigte sich Alex. Er setzte sich im Schneidersitz ins Gras, während Harper und Marcy sich rechts und links von ihm niederließen, sodass sie einen kleinen Kreis bildeten.
    » Was sollten wir nachts tun?«, fragte Marcy. Sie hatte die Büchertasche auf ihren Schoß gestellt und suchte darin herum.
    » Es kommt mir komisch vor, eine Séance oder was immer das sein soll draußen bei hellem Sonnenschein durchzuführen«, erklärte Alex.
    » Ja, ich finde auch, wir sollten lieber in einem unheimlichen Raum mit Kerzen und Räucherstäbchen sitzen«, stimmte Harper zu.
    » Ja, weil ihr Trottel seid«, stellte Marcy fest.
    » Und das aus dem Mund von einem Mädchen, das seinen Voodookram in einer Captain-Planet-Tasche mit sich herumschleppt«, murmelte Harper.
    Marcy schaute sie böse an. » Nichts gegen Captain Planet! Er hält die Plünderer, Räuber und bösen Geister in Schach. Außerdem praktiziere ich kein Voodoo. Das ist nicht mein Ding.«
    » Und was ist dein Ding?«, fragte Harper.
    » Das hier.« Marcy zog eine Handvoll schwarzer Steine, ein verblichenes Buch und eine dicke weiße Kerze aus der Tasche.
    » Ich dachte, Leute, die Kerzen benutzen, wären Trottel«, wandte Alex ein.
    » Nein, ich sagte, ihr beide seid Trottel.«
    Marcy stellte die Kerze in die Mitte des Kreises und verteilte die glatten schwarzen Steine darum herum. Als Alex einen berühren wollte, schlug Marcy ihm auf die Finger. Dann legte sie die Tasche weg und klappte das Buch auf.
    » Und jetzt?«, fragte Harper, als Marcy mit den Vorbereitungen fertig zu sein schien.
    » Ich werde aus diesem Buch vorlesen«, erklärte Marcy. » Die Beschwörung ist auf Latein. Ich weiß nicht, warum. Vermutlich, weil Tote eine tote Sprache sprechen. Ihr dürft mich auf keinen Fall unterbrechen und nichts sagen. Bleibt einfach still sitzen, bis ich fertig bin.«
    Harper und Alex nickten, zum Zeichen, dass sie verstanden hatten. Dann nahm Marcy das Buch und las daraus vor. Harper hatte keine