Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
die sich von Lust und Sex ernährten.
Allerdings fand Gemma diesen Gedanken auch nicht gerade erhebend. Sie hatte schon genug Gewissensbisse, weil sie Sawyer geküsst hatte, und wollte sich gar nicht vorstellen, wie schrecklich sie sich fühlen würde, wenn sie mit ihm Sex haben müsste. Sie liebte Alex, und selbst wenn sie ihn niemals wiedersah, würde es ihr immer wie Betrug an ihm vorkommen, mit einem anderen zu schlafen.
Außerdem hatte sie sich das erste Mal immer ganz romantisch vorgestellt, mit einem Jungen, den sie wirklich liebte, und nicht als ein Mittel gegen den Tod.
Aber wenn sie sich entscheiden müsste, jemanden umzubringen oder mit ihm zu schlafen, würde Gemma Letzteres wählen.
Natürlich hatte sie keine Ahnung, ob es überhaupt dazu kommen würde. Sie hatte ja gesehen, in was für ein Monster Penn sich verwandelt hatte, mit Reißzähnen und Klauen, und bezweifelte, dass diese Gestalt nur zum Spaß existierte. Die Zähne dienten sicherlich einem konkreten Zweck, wie zum Beispiel Jungs zu fressen.
Gemmas Magen knurrte und das trieb sie aus dem Auto. Sie trug keine Schuhe, aber wenigstens hatte sie sich ein Kleid angezogen, sonst hätte sie ein echtes Problem, überhaupt in einem Restaurant bedient zu werden.
Da Penn und Lexi ständig shoppen gingen, beschloss Gemma, im Kofferraum nachzusehen, ob dort vielleicht noch Schuhe lagen. Als sie den Kofferraumdeckel öffnete, entdeckte sie mehr, als sie gehofft hatte.
Vor ihr lagen mehrere Tüten, aus denen Kleider quollen. Sie fand auf Anhieb ein Paar Flipflops und stieß dann auf den eigentlichen Hauptgewinn: eine Geldbörse mit mehreren Hundert Dollar und eine von Sawyers Kreditkarten. Das war großes Glück, denn Gemma hatte bei ihrer Flucht nicht daran gedacht, Geld mitzunehmen.
Das Steakhaus wirkte recht nobel, deshalb wühlte Gemma weiter in den Tüten, um ein eleganteres Kleid zu finden als das, was sie trug. Sie griff nach einem Stück Stoff mit Blumendruck, doch noch ehe sie feststellen konnte, ob es ein Rock oder ein Kleid war, sah sie die dunkelroten Flecken darauf.
Kein Zweifel, der Stoff war blutgetränkt.
Ihr Herz pochte dumpf in ihrer Brust. Sobald sie begriffen hatte, was sie da in der Hand hielt, ließ sie hastig los. Eilig schlüpfte sie in die Flipflops, griff nach dem Portemonnaie und knallte den Kofferraumdeckel zu.
Gemma starrte auf das Auto, schluckte schwer und bekämpfte die Panik, die in ihr aufstieg. Sie wusste, dass die Sirenen Monster waren und schlimme Dinge taten, aber darüber durfte sie jetzt nicht nachdenken. Sie konnte nichts dagegen tun, zumindest noch nicht.
Das Wichtigste war nun, die Beherrschung wiederzufinden und etwas zu essen, bevor sie völlig durchdrehte. Dann konnte sie überlegen, wie sie mit der Situation umgehen sollte.
Um den Eingang des Restaurants zu erreichen, musste sie bis zum Ende der Gasse gehen, und das gab ihr Zeit, sich zu beruhigen. Als sie an der Tür ankam, fühlte sie sich wieder normal genug, um den Oberkellner anzulächeln.
Ihre Bikiniträger schauten unter dem Kleid hervor und sie war eindeutig nicht elegant genug gekleidet. Das Steakhaus war kein Sternerestaurant, aber fein genug, dass Flipflops und ein Strandkleid nicht angemessen waren. Tatsächlich zog der Oberkellner erst auch ein Gesicht, als ob er sie darauf hinweisen wollte, doch als sie ihn anlächelte, war alles anders.
Sogleich entschuldigte er sich beinahe übertrieben dafür, dass er nicht sofort einen Tisch für sie hatte, und bat sie, an der Bar zu warten, bis etwas frei war. Gemma sagte hastig, sie habe keine Eile, aus Angst, er könnte jemanden vor die Tür setzen, um Platz für sie zu schaffen.
Die Sonne ging bereits unter, und den vielen Menschen in dem Lokal nach zu schließen, war sie mitten in den abendlichen Gästeandrang geraten. Die Leute hatten den Tag am Strand verbracht und wollten nun etwas essen.
Sie ging durch das Restaurant zur Bar und spürte, wie die Leute sie begafften. Der ganze Raum schien zu verstummen. An diese Macht der Sirenen hatte sie sich immer noch nicht gewöhnt.
» Was darf ich Ihnen bringen?«, fragte der Barkeeper eifrig, noch ehe sie sich überhaupt auf einen Hocker setzen konnte.
» Äh, eine Cherry Coke bitte«, stotterte Gemma.
» Kommt sofort«, sagte er mit einem breiten Lächeln und eilte davon, um sich um ihre Bestellung zu kümmern.
Zwei Stühle von ihr entfernt saß ein Mann und nippte an seinem Longdrink. Gemma sah zufällig in seine Richtung und ertappte ihn
Weitere Kostenlose Bücher