WattenMord (German Edition)
wenigen Metern standen sie in der Mensa; auch hier überwogen helle und freundliche Eindrücke, was nicht nur an den bunten Bildern an den Wänden lag.
„Und nun?“, fragte Petersen ein wenig unschlüssig. Er hatte nicht verstanden, warum Wiebke unbedingt in die HTS fahren wollte, um ausgerechnet hier an die gewünschten Informationen zu kommen. „Denkst du, dass die Kids Holger Heiners auf dem Gewissen haben?“
„Unsinn.“ Wiebke schüttelte den Kopf und berichtete Petersen nun endlich von ihrem Treffen mit dem eigenartigen Lehrer, den sie vor ein paar Tagen am Dockkoog kennengelernt hatte. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass er uns einige Fragen beantworten kann, bevor wir in die Ermittlungen einsteigen.“
Jan Petersen machte keinen Hehl daraus, dass er Wiebkes Idee für vergeudete Zeit hielt. „Ich glaube, da gibt es wichtigere Zeugen, die uns etwas über das Geschäftsgebaren dieses Heiners erzählen können. Oder glaubst du, Schäfer hat seinen Erzfeind aus dem Weg geräumt?“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist doch alles völlig in die Luft gefurzt! Diesen Körnerfressern trau ich keinen Mord zu, echt nicht, Wiebke.“
Wiebke war am Rand der Mensa stehen geblieben. „Wart es doch erst einmal ab, Jan. Ein Motiv hätten die Leute von der Bürgerinitiative doch.“ Sie fragte sich immer noch, warum ihr Kollege so schlecht gelaunt war. Eigentlich verstanden sie sich recht gut – dienstlich und auch privat, und sie konnten über alles reden. Doch irgendwas schien ihm schwer im Magen zu liegen, und sie ärgerte sich darüber, dass er nicht mit ihr darüber sprach. Auf der Fahrt nach Husum hatte sie schweigend neben ihm gesessen und sich wieder nicht getraut, ihn zu fragen. Nicht einmal über den Fall hatten sie gesprochen. Sie hatte ihn lediglich gebeten, hierher zu fahren.
Petersen seufzte, doch dann legte sich ein breites Lächeln auf sein kantiges Gesicht. Was auch immer ihn bis eben bedrückt hatte – es war wie weggewischt. Er blickte geradewegs an Wiebke vorbei und murmelte freundlich ein gedehntes „Moin“.
Wiebke wandte sich um und wusste, was den plötzlichen Sinneswandel bei ihrem Kollegen hervorgerufen hatte. Eine Frau mit schulterlangen, blonden Haaren, Wiebke schätzte sie auf Anfang zwanzig, näherte sich mit wiegenden Schritten. Sie trug eine eng anliegende Jeans und ein figurbetontes Shirt, unter dessen Stoff sich üppige Brüste abzeichneten. Keine Frage, sie war verführerisch und gleichermaßen bildhübsch.
Die junge Frau blieb stehen und betrachtete die Polizisten mit einem neugierigen Blick. Während sie Wiebke nur knapp zunickte, schenkte sie Petersen einen lasziven Augenaufschlag.
„Moin“, sagte sie freundlich. „Kann ich Ihnen helfen?“
Für eine Schülerin war sie zu alt, für eine Lehrerin noch zu jung, stellte Wiebke fest. Wahrscheinlich arbeitete die junge Frau im Sekretariat der Schule.
Wiebke bemerkte, dass Petersen gerade dahinschmolz und überlegte, warum sich bei Männern das Hirn abschaltete, sobald sie einer hübschen Frau gegenüberstanden. Wahrscheinlich waren es die Gene, dachte sie. „Im Prinzip sind wir Neandertaler; die Herren der Schöpfung sind nach wie vor darauf programmiert, ihr Erbgut weiterzureichen. Das ist Instinkt“, dachte sie.
Nein, widersprach sie sich in Gedanken selbst. Das war primitiv.
„Wir würden gern Herrn Schäfer sprechen“, sagte sie, bevor Petersen noch zu sabbern begann. Der Auftritt ihres Kollegen war ihr peinlich. Um von Petersen abzulenken, zückte Wiebke den Dienstausweis.
„Oh.“ Das Lächeln auf dem aparten Gesicht der jungen Frau gefror, und sie zog eine Augenbraue hoch. Dann blickte sie auf die Armbanduhr. „Da haben Sie Glück. Er hat gerade keinen Unterricht.“ Sie machte eine einladende Geste. „Bitte folgen Sie mir!“
Das ließ sich Petersen nicht zweimal sagen. Die attraktive, junge Frau ging voran, und als er ihr auf den Hintern starrte, fing er sich prompt einen Seitenhieb von Wiebke ein. Er musterte sie fragend – sie funkelte ihn böse an und schüttelte den Kopf. Später würde sie ihm sagen, wie albern er sich benahm.
Sie gingen in das erste Stockwerk des Gebäudes. Wiebke bemerkte die Hinweistafeln, die zum Sekretariat führten. Also hatte sie sich nicht geirrt, die Blondine, die Petersen den Kopf verdrehte, war die Schulsekretärin.
Inzwischen waren sie auf einem Gang angekommen. Links lag das Sekretariat. Plakate zu Veranstaltungen zierten die Tür. Doch die Mitarbeiterin der
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