WattenMord (German Edition)
Bauprojekt am Dockkoog verhindern wollen.“
„Wie hat er Sie in der Presse niedergemacht?“, fragte Wiebke. „Es besteht Pressefreiheit, und ich könnte mir gut vorstellen, dass die Journalisten durchaus in der Lage sind, sich eine eigene Meinung über Ihre Aktivitäten zu bilden.“
Schäfer winkte ab. „Er hat sie alle gekauft, alle. Die meisten Reporter sind freie Mitarbeiter, die auf Basis eines lächerlich geringen Zeilenhonorars schreiben. Da muss ich Ihnen nicht erklären, wie sie auf ein lukratives Angebot von Heiners reagiert haben, oder?“
Petersen verstand. „Mit vollen Hosen stinkts sich gut.“ Er machte keinen Hehl daraus, wie er über Holger Heiners und sein Verhältnis zur Presse dachte. „Immer dasselbe.“
Wiebke blieb sachlich. „Haben Sie nicht auf einer Gegendarstellung bestanden, wenn man Sie in der Öffentlichkeit durch den Kakao gezogen hat?“
„Journalistisch waren die Artikel so verfasst, dass ich sie nicht anfechten konnte. Aber menschlich betrachtet hat Heiners zum Feldzug gegen ,Rettet den Dockkoog‘ geblasen. Er war wie der Rattenfänger von Hameln – alle haben nach seiner Pfeife getanzt.“
„Aber Sie haben sich nicht entmutigen lassen?“, vermutete Wiebke.
„Nein.“ Der Lehrer schüttelte energisch den Kopf. „Aber es half nichts: Gegen Holger Heiners war kein Kraut gewachsen. Und soll ich Ihnen etwas im Vertrauen sagen?“ Er wartete ab, sein Blick huschte ein wenig unstet zwischen Wiebke und Petersen hin und her. „Sein Tod ist für mich eine gute Nachricht.“
„Glauben Sie ernsthaft, dass sein Unternehmen das Bauvorhaben jetzt abschreibt?“ Petersen gab sich skeptisch.
„Natürlich.“
Torben Schäfer nickte.
„Sein Unternehmen ist strukturiert wie ein Bienenstock. Stirbt die Königin, wandern die Bienen ab, um neue Völker zu gründen.“
„Das passiert aber auch, wenn es in einem Bienenstock mehrere Königinnen gibt.“ Wiebke erinnerte sich schmunzelnd an ihren eigenen Biologieunterricht.
„Exakt, Frau Ulbricht. Deshalb war Heiners auch Alleinherrscher in seinem Unternehmen. Niemand kam an ihn ran, keiner in seiner Firma kennt alle Daten und alle Geheimnisse.“ Der Lehrer zuckte die Schultern. „Nun weiß wohl keiner, ob sein Laden noch weiter existieren kann. Ich wage das zu bezweifeln.“
„Sie sind gut über die internen Strukturen informiert“, stellte Petersen fest und lehnte sich lässig an eines der Aktenregale.
„Es ist immer gut, wenn man weiß, wie der Feind aufgestellt ist“, lächelte Schäfer tiefgründig. „Es gibt einen Mann, der immer an Heiners Seite ist … war. Christian Rohde ist seine rechte Hand und, mit Verlaub gesagt, ein elender Speichellecker. Nun steht er vor dem Nichts. Seine Schleimerei hat ihm nicht viel gebracht, den ohne den allmächtigen Holger Heiners ist Rohde eine Nullnummer.“
Wiebke wurde aus dem Mann nicht schlau. Er war Naturschützer durch und durch, und er hatte Holger Heiners bis aufs Blut gehasst – das hatte er eben unumwunden zugegeben. Doch er war hauptberuflich Lehrer, und sie traute ihm einfach keinen Mord zu. Dennoch war da noch etwas anderes, dass den Hass von Torben Schäfer auf Holger Heiners unberechenbar machte. Wiebke wusste nicht, was das war.
„Könnten Sie sich vorstellen, wer ihn ermordet hat?“, fragte sie.
„Nein.“ Kopfschütteln. Der Lehrer wippte mit seinen Biosandalen. „Aber man munkelt, dass es bei einigen seiner Geschäfte unseriös ablief. Wahrscheinlich hatte er so viele Feinde, wie ein Igel Stacheln hat.“
Wiebke fiel auf, dass Schäfer immer Vergleiche mit der Natur heranzog. Sie nickte Petersen zu und erhob sich.
„Vielen Dank, Herr Schäfer.“ Sie reichte ihm ihre Visitenkarte. „Rufen Sie mich an, wenn Sie eine Idee haben, die uns weiterbringt.“
Schäfer blickte nachdenklich auf die Karte, um sie sich dann umständlich in die Hosentasche zu stopfen. „Darf ich Sie noch etwas fragen?“
Wiebke und Petersen waren bereits an der Tür. „Natürlich.“
„Wie ist er …“ Torben Schäfer suchte nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht.
„Man hat ihn in das Großbecken des Multimar geworfen. Er ist ertrunken, vielleicht auch erfroren, das genaue Ergebnis der Obduktion steht noch aus.“
Schäfer nickte. „Welch Ironie des Schicksals, finden Sie nicht?“
„Wovon sprechen Sie?“ Wiebke machte auf dem Absatz kehrt und musterte den Biolehrer.
„Ein Mann wie Holger Heiners hat sich um den Erhalt der Natur einen Dreck geschert.
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