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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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wieder blickte er auf die Uhr. Arbeitete sie im Schichtdienst?
    Nachdem er das Laufen satt hatte, fiel sein Blick auf die massive Holzbank neben der Haustür. Eine Friesenbank, nicht zu vergleichen mit den Dingern für zwanzig Euro aus dem Baumarkt, die sich der begnadete Heimwerker aus einer Handvoll Brettern zusammenschrauben konnte. Das hier war echte Handarbeit. Friesische Handarbeit. Stabil und robust, wie alles in diesem Landstrich.
    „Klönschnackbank“, las er die eingebrannte Schrift in der Lehne der Bank.
    Klar, die Friesen quatschten nicht, sie schnackten.
    Sollte ihm auch recht sein. Er spürte seinen Rücken und fühlte sich plötzlich müde und ausgebrannt. Zweifel kamen in ihm auf, Zweifel, ob es richtig war, unangemeldet hier aufzutauchen.
    Er wusste nicht mehr, ob er ihr damit eine Freude bereiten würde. Missmutig sank er auf die „Klönschnackbank“ und streckte die Füße weit von sich. Er betrachtete die Bank neugierig und erblickte eine in die Bank eingearbeitete Holzkiste.
    Eine Klappe ließ sich nach vorn öffnen. Die Aufschrift verriet den Sinn und Zweck der Klappe: „Bierfach“ stand darauf.
    Gegen ein Bier hätte er jetzt auch nichts einzuwenden gehabt. Doch wahrscheinlich hätte ihn der Gerstensaft nach der langen Fahrt schläfrig gemacht. Er war nicht mehr der Jüngste, darüber wurde er sich jetzt klar.
    Von Neugier getrieben, zog er die Füße an und beugte sich weit vor, griff nach dem Verschluss und öffnete das Bierfach. Natürlich war es leer und so blieb ihm die Entscheidung, ob er sich nicht vielleicht doch für ein Bier erwärmen konnte, erspart.
    „Suchen Sie etwas?“
    Er zuckte zusammen und blickte erschrocken auf. Trotz vieler Jahrzehnte im Polizeidienst hatte er die Frau nicht bemerkt, die sich ihm genähert hatte. Sie war groß und Anfang fünfzig. Das blonde Haar trug sie modisch kurz, die Haut war gebräunt. Die Frau trug eine Brille, durch die sie den Fremden mit wachsamen, blauen Augen musterte. Eine Mischung aus Misstrauen und Neugier lag in ihrem Blick.
    Er war aufgesprungen, hatte die Klappe des Bierfaches einfach offen stehen lassen und rang sich jetzt ein nervöses Grinsen ab.
    „Moin moin“, setzte die Frau nun nach.
    „Morgen“, erwiderte er ein wenig unbeholfen und erinnerte sich daran, dass die Friesen ja zu jeder Tageszeit „moin“ zu sagen pflegten. Komisches Volk.
    Er gab einer alten Gewohnheit nach, griff in die Manteltasche und zog seine Dienstmarke hervor, die er der Frau präsentierte.
    „Kriminalpolizei“, stellte er sich vor. „Hauptkommissar Norbert Ulbricht.“
    Die Augen der Frau weiteten sich, und er wusste nicht, ob das Respekt, Angst oder Ehrfurcht signalisierte.
    „Oha“, machte sie und deutete auf eine weitere Tür im Haus, die er erst jetzt erblickte. Scheinbar eine Küchentür. „Na denn kommen Sie mal mit.“
    Ulbricht hatte keine Einwände und ließ sich von der Nachbarin seiner Tochter ins Haus führen. Es konnte nicht schlimmer werden.
    Husum, Süderstraße, 16.20 Uhr
    Die Fahrt dauerte keine zehn Minuten, dann hatten sie die Süderstraße erreicht. Petersen lenkte den Wagen auf den Gästeparkplatz des Hotel-Restaurants. Während man in den Abendstunden hier kaum einen Parkplatz fand, herrschte um diese Zeit noch nicht viel Betrieb. Die Sonne drang durch die tief hängenden Äste der alten Kastanien, während die Beete mit Krokussen bepflanzt waren; wohl eine Anlehnung an den Schlosspark von Husum. Die alljährliche Krokusblüte im März zog Touristen in Scharen in die graue Stadt am Meer. Ein Springbrunnen in der Mitte des parkähnlich angelegten Gartens plätscherte munter vor sich hin.
    Bei dem imposanten Anblick fragte sich Wiebke unwillkürlich, wie sich Jörn Holst ein solches Hotel leisten konnte, wenn es ihm doch finanziell so schlecht ging. Wahrscheinlich war dies eines der letzten Häuser, bei dem er auf Rechnung bezahlen konnte. Wahrscheinlich würde die Geschäftsleitung des Hotels ihr Geld niemals zu sehen bekommen.
    Petersen pfiff beim Anblick des gediegenen Hotels durch die Zähne. „Immerhin hat er sein Mädchen nicht in ein billiges Stundenhotel geschleppt.“
    „Wahrscheinlich hat er die Zeche geprellt“, entgegnete Wiebke. Als sie zum Himmel blickte, sah sie düstere Wolken, die sich vor die Sonne schoben. Sicherlich würde es gleich regnen. Seite an Seite betraten sie das Hotel, das in einem hoch aufragenden Backsteinbau mit verspielt wirkenden Türmchen lag. Mit ein wenig Fantasie konnte man

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