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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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abgestellt hatte und sich anlehnte, um die kräftigen Arme vor dem Oberkörper zu verschränken. „Was treibt dich hierher?“
    „Ich habe Angst.“ Sie blickte ihn aus großen Augen an. „Fürchte mich vor dir“, setzte sie nach, als er schwieg.
    „Vor mir?“ Nun musste er laut lachen. „Und dann kommst du her zu mir?“
    Sie nickte. Levke strich sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn, und er konnte sehen, dass ihre Hand zitterte. „Hast du einen Schnaps für mich?“
    „Sicher.“ Er erhob sich von der Bank, holte eine Flasche Klaren aus dem Kühlschrank und nahm ein Glas aus der Vitrine. Natürlich wunderte er sich darüber, dass Levke Alkohol trank. Sicherlich war sie mit dem Auto da und musste auch noch zurückfahren. Doch er stellte keine Fragen und genoss den seltsamen Umstand, dass sie hier in seinem Haus war – aus welchem Grund auch immer.
    Er kehrte zum Tisch zurück, zupfte die Decke glatt und stellte das kleine Glas vor ihr ab, um ihr einen Korn einzuschenken. „Hier“, sagte er. „Der hilft bei Seehundbiss und Möwenschiss, bei Sturmflut, Deich- und Inselkoller.“
    Sie bemerkte kaum, dass er den alten Werbeslogan eines Spirituosenherstellers aus der Region zitierte, und griff hastig danach, um den Inhalt des Glases in einem Schluck herunterzukippen. Levke schüttelte sich und blickte – nun aus traurigen Augen – zu ihm auf, um ihm das Glas erneut hinzuhalten.
    Schäfer lächelte nachsichtig und fragte sich, welche Laus der hübschen Referendarin über die Leber gelaufen war. Doch er stellte keine Fragen und schenkte ihr nach. Anschließend stellte er die Flasche ohne Deckel auf den Tisch. „Bedien dich einfach“, brummte er und setzte sich wieder.
    Sie trank, schüttelte sich diesmal nicht und bediente sich selbst an der Flasche Doppelkorn.
    Nach dem dritten Glas blickte sie ihn an. „Warst du es?“
    „Was war ich?“ Seine buschigen Augenbrauen zogen sich zu einem durchgehenden Strich zusammen.
    „Du weißt genau, wovon ich rede.“ Levke trommelte auf dem Küchentisch herum. Sie schwieg und lauschte sekundenlang dem Ticken der Uhr, dann sprach sie weiter. „Du hast ihn umgebracht.“
    Nun wurde ihm siedend heiß. Er fragte sich, was Levke Kühn von ihm wusste und was sie sich dazugedichtet hatte. Offenbar hatte sie ein völlig falsches Bild von ihm. „Das ist Unsinn.“
    „Du hast Holger auf dem Gewissen.“
    „Holger?“
    „Ja.“ Sie nickte, griff zur Flasche und schenkte sich nach. „Du weißt genau, dass ich ein Verhältnis mit ihm hatte. Und das war Anlass für dich, ihn aus dem Weg zu räumen.“
    „Wäre dies ein offizielles Gespräch, würde ich dich wegen Verleumdung verklagen“, erwiderte er bitter.
    Sie lachte humorlos auf. „Das ist absolut lächerlich, und du weißt es.“
    „Levke – bitte. Warum sollte ich Holger Heiners auf dem Gewissen haben?“
    „Du hasst ihn. Zum einen, weil er am Dockkoog bauen und damit ein Stückchen Natur unwiederbringlich zerstören wollte.“ Sie machte eine Pause, um ihre Worte auf ihn wirken zu lassen. „Und zum Zweiten“, fuhr sie dann fort, „zum Zweiten hast du ihn getötet, weil du eifersüchtig warst.“
    „Das ist Unsinn – warum sollte ich denn eifersüchtig sein?“
    Nun kicherte sie. „Glaubst du, ich bin blind? Du hast ein Auge auf mich geworfen, Torben, das ist mir schon bei unserer ersten Begegnung in der Schule aufgefallen.“ Nun rutschte sie auf der Bank zu ihm hinüber und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel, während sie ihm tief in die Augen blickte. Er fühlte sich, als würden ihn tausend winzige Stromschläge durchfahren. Um ein Haar hätte er das Bein zurückgezogen. Doch er ließ es in ihrer Nähe und versuchte, ihre Berührung zu genießen. Auch wenn er sich andere Umstände gewünscht hätte – wie oft hatte er in der Vergangenheit davon geträumt, dass sie ihn berührte!
    „Du bist nicht nur Umweltschützer und Biolehrer, Torben“, sagte sie nun und blickte ihm so tief in die Augen, dass ihm schwindelig wurde. „Du bist so was von grün, und deshalb war es dir ein Dorn im Auge, dass ich nicht mit dir, sondern mit ihm zusammen war.“
    „Das ist Unsinn, und du weißt es auch.“ Er sprach ruhig und leise, aber wohl akzentuiert und machte Anstalten, ihr nachzuschenken. „Außerdem: Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?“
    Levke schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf den Rand des Schnapsglases. „Hast du was anderes?“
    „Klar. Tee, Kaffee,

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