WattenMord (German Edition)
ich eine Zeit lang für meinen Traumprinzen gehalten habe.“
„Warum bist du dann bei mir?“ Torben Schäfer betrachtete sie nachdenklich. „Wo du mich doch verdächtigst, ihn umgebracht zu haben?“ Er hatte sich umgezogen, nachdem er sich den buschigen Bart abrasiert hatte. Jetzt trug er ein dunkelgrünes T-Shirt mit dem Logo eines Baseballclubs in Virginia. So sah er um Jahre jünger aus, und, darüber war sich Levke im Klaren, er sah besser aus, viel besser.
„Vielleicht, um dich besser kennenzulernen?“
Er schmunzelte. „Weil du Angst vor mir hast?“ Torben stellte das leere Weinglas auf dem Fenstersims ab.
„Möglich.“ Sie blickte ihm tief in die Augen und sah zum ersten Mal, dass sie strahlend blau wie das Meer an einem Sommertag waren. Sekundenlang standen sie einfach so auf der Terrasse seines Hauses und blickten sich an. Als er sich zu ihr herabbeugte und ihren Mund mit einem vorsichtigen Kuss verschloss, ließ sie es geschehen. Womöglich lag es an der Wirkung des Alkohols, der sie ihrer Sinne beraubte, doch sie hatte keine Lust, sich ihm noch länger zu verschließen. Sie hoffte, dass er die Einsamkeit, die sie umfangen hatte, aus ihrem Herzen vertrieb. Der Gedanke, allein einschlafen zu müssen, war schrecklich. Und so wehrte sie sich auch nicht, als seine Hände über ihre Schultern glitten. Hatte sie bei ihm immer geglaubt, es mit einem grobschlächtigen Kerl, der kein Gefühl für Frauen hatte, zu tun zu haben, so bewies er sich nun als zärtlicher Liebhaber. Er zog sie sanft, aber bestimmt in seine Arme, sie schmiegte sich an seinen breiten Oberkörper und wunderte sich über die harten Muskeln. Dass er Bodybuilding trieb, konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Es musste daran liegen, dass Torben ein Naturbursche war. Vermutlich hielt er sich in seiner Freizeit oft draußen auf und war es gewohnt, tatkräftig mit anzupacken. Immerhin hatte er sich schon vor Jahren beim Naturschutz eingebracht.
Seine wilde Art erregte Levke auf eine eigenartige Weise, und es störte sie nicht, dass Torben mindestens fünfzehn Jahre älter war als sie. Holger Heiners war fast doppelt so alt gewesen wie sie. Und auch hier hatte sie das Alter ihres Liebhabers nur als eine Zahl wahrgenommen, nicht als Lebensgefühl.
Als sie sich küssten, legte er eine Hand in ihren Nacken und spielte mit ihrem Haar. Die andere Hand schickte er auf Wanderschaft und brachte sie damit innerhalb weniger Augenblicke um den Verstand. Lag das am Alkohol, oder verstand es Torben Schäfer, eine Frau in seinen Armen schwach werden zu lassen?
Levke wusste es nicht, und es interessierte sie in dieser Nacht auch gar nicht. Sie gab sich ihm hin, ruderte nicht gegen den Strom, sondern ließ sich mitreißen von seiner Leidenschaft. Es lag für sie auf der Hand, dass für ihn ein lang gehegter Traum in Erfüllung ging. Und es stand bereits fest, dass sie heute Nacht mit ihm schlafen würde.
Vergessen war der Tod von Holger Heiners und die Suche nach den Gründen und den Ursachen. Als er sie wenig später ins Haus zog, leistete sie keine Gegenwehr. Schon im Flur streifte er ihr das dünne Sommerkleid über den Kopf, stand einfach da und betrachtete sie wie ein Weihnachtsgeschenk. Als hätte sie es geahnt, bevor sie zu ihm gefahren war, hatte sie sich für das neue Wäscheset entschieden, das ihre weiblichen Formen vorteilhaft betonte. Ihre Brüste waren üppig, der Bauch flach und durchtrainiert. Der Schnitt ihres knappen Slips ließ ihre Beine länger erscheinen, als sie tatsächlich waren, und so wie er sie betrachtete, war sie die pure Verführung für Torben.
Und Levke fühlte sich nicht nackt. Er betrachtete sie verliebt, während sie einfach in ihrer Unterwäsche dastand und ihm ihr verführerischstes Lächeln schenkte. Sie trat noch einmal hinaus auf die Veranda, nahm die beiden Weingläser mit und bedeutete ihm mit einer Geste, dass er die Flasche nehmen sollte. Dann ließ sie sich von ihm in das obere Stockwerk des kleinen Hauses führen. Hier lag sein Schlafzimmer. Die Dielen knarrten leise, und er ließ das Licht aus. Durch das Fenster fiel der Mondschein in den Raum und tauchte ihre Haut in einen geheimnisvollen Schimmer. Es dauerte nicht lange, und sie fielen unter einem nicht enden wollenden Kuss in die weichen Laken, die wundervoll dufteten. Er hatte sich längst seiner Kleidung entledigt, und als ihre Körper miteinander verschmolzen, vergaß Wiebke die Schrecken des Tages. Vielleicht war alles gut
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