WattenMord (German Edition)
feststellte, dass seine Zigarettenpackung leer war. Seitdem er Maja Klausen kannte, hatte er das Rauchen drastisch reduziert. Doch ab und zu brauchte er einfach den würzigen Duft einer Zigarette. So wie jetzt.
Auf der Suche nach einem Zigarettenautomaten marschierte er die Waldstraße hinunter, als sein Blick am Schaufenster eines Ladens hängen blieb. Auffällig war, dass auf dem schmalen Sims ein kleiner runder Aschenbecher stand. Hier schien ein Raucher zu arbeiten.
Ulbricht stoppte seine Schritte. Was gab es denn hier? Bücher. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte er, dass es sich ausschließlich um Kriminalromane handelte. Ulbricht drückte den Kopf in den Nacken und las das Schild über dem Eingang. „Spurensuche“, stand dort in roter Schrift. „Die Krimibuchhandlung“.
„Na toll“, murmelte er kopfschüttelnd. „So etwas braucht doch kein Mensch.“ Dann hatte er eine Idee. Maja liebte Kriminalromane. Er beschloss, ihr ein Buch mitzubringen. Sicherlich würde sie sich darüber freuen. Doch ob es in dieser Buchhandlung auch die Weserberglandkrimis gab, die Maja so gern las, wagte er zu bezweifeln. Immerhin lagen fast vierhundert Kilometer zwischen Glücksburg und Hameln, wo Maja Klausen lebte. Er drückte die Klinke der Tür nieder und fand sich im nächsten Augenblick schon inmitten unzähliger Krimis aus dem In- und Ausland wieder. Die Verkaufstheke rechter Hand bestand aus zwei Schreibtischen. Der Rest der Buchhandlung war hell und freundlich eingerichtet, und es gab sogar zwei Ohrensessel, die zum Schmökern einluden.
„Moin.“ Eine rundliche Frau mit freundlichem Gesicht saß auf einem Stuhl und bearbeitete eine Computertastatur. Ihre Brille saß weit vorn auf der Nase, und sie wirkte schrecklich konzentriert. „Ich bin sofort bei Ihnen“, sagte sie, ohne aufzublicken.
„Lassen Sie sich ruhig Zeit.“ Ulbricht wunderte sich insgeheim über seine Geduld. Eigentlich hatte er nicht vor, in Glücksburg alt zu werden. Wiebke wartete schließlich auf ihn. Immerhin hatte er ihr versprochen, sich im Umfeld des toten Holger Heiners umzusehen.
Es fühlte sich immer noch seltsam an, dass er nun, nach vielen Jahren, wieder eine Tochter hatte. Wiebke war längst erwachsen, doch plötzlich hatte er wieder die alten Kinderbilder vor Augen. Die ersten Weihnachtsfeste, der erste Geburtstag, Wiebke in einem bunten Laufstall, beim Kinderfotografen im Kaufhaus – stilecht mit einem knallroten Plastiktelefon in der einen und einem braunen Plüschhund in der anderen Hand. Er erinnerte sich, dass das Vieh asthmatisch geröchelt anstatt gebellt hatte. Wo waren bloß die Jahre geblieben?
„So“, riss ihn die Stimme der Frau am Computer aus der Erinnerung. Sie hatte sich erhoben und stand nun vor ihm. „Was kann ich für Sie tun?“
„Haben Sie nur Krimis?“, fragte er grimmig.
„, Nur‘ ist gut.“ Sie lachte, und es klang sympathisch. „Ich habe zahlreiche Krimis vorrätig und kann viele Titel über Nacht bestellen. Aber ich recherchiere auch nach Ihrem Wunschbuch und verfüge über ein umfangreiches Antiquariat.“
„Dann lieben Sie Krimis?“ Ulbricht blickte sie fragend an.
„Sozusagen, ja.“ Ein Haarreifen bändigte ihre schulterlangen silbernen Haare. „Was suchen Sie denn?“
„Ich suche die Weserbergland-Krimis. Es gibt da so eine Reihe …“
„Gerne.“ Die Dame, offensichtlich die Inhaberin der Krimibuchhandlung, nickte und führte Ulbricht wie selbstverständlich zu einem der zahlreichen Bücherregale. „Bitte schön, es sind alle Titel vorhanden, und Sie haben die Qual der Wahl. Oder suchen Sie etwas Bestimmtes?“
„Ich, ähm, nein, also …“ Ulbricht versuchte sich an den Namen eines Autors zu erinnern, für den Maja schwärmte. Doch ihm fiel nichts ein. „Was ist denn der neueste Titel?“ Er wollte sichergehen, dass seine Freundin das Buch, das er ihr kaufen würde, noch nicht besaß.
Die Buchhändlerin griff ins Regal und reichte ihm den neuesten Band eines Hamelner Verlages. Das Titelbild war ansprechend gestaltet, und Ulbricht glaubte, auch den Namen des Autors zu kennen. „Gut, Frau …“
„Burkart“, half sie ihm. „Eva-Maria Burkart.“
„Danke.“ Ulbricht stellte sich nun ebenfalls vor, nicht, ohne seinen Dienstgrad zu nennen. Doch hatte er sich bei der Titulierung „Kriminalhauptkommissar“ so etwas wie eine Regung im Gesicht der netten Buchhändlerin erhofft, so wurde er enttäuscht.
„Darf ich fragen, ob Sie aus rein privatem Interesse in die
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