WattenMord (German Edition)
wo wohnte Heiners?“
Eva-Maria Burkart schien über eine gute Menschenkenntnis zu verfügen. Offenbar vertraute sie Ulbricht. „Es gibt ein Haus am Mühlenteich, hoch umzäunt. Stand lange leer, bis Heiners beschloss, sich in Glücksburg niederzulassen. Er kaufte das halb fertige Haus für `nen Appel und ein Ei, ließ es fertig bauen und hat seitdem dort am Teich seine Residenz.“ Sie nannte Norbert Ulbricht die Adresse, er zückte den kleinen Notizblock, den er immer bei sich hatte, und schrieb mit.
„Aber wenn Sie etwas über ihn rausfinden wollen, dann sollten Sie sich im YCG umhören. Dort war er sehr engagiert.“
„Bitte wo?“
Die Buchhändlerin schmunzelte. „Im Yachtclub Glücksburg. Dort saß er im Vorstand und hat angeblich jede freie Minute am Meer verbracht. Der Geschäftsführer der Bank ist dort übrigens der erste Vorsitzende. Vielleicht erreichen Sie ihn und erhalten einen heißen Tipp aus erster Hand. Der Club liegt im Ortsteil Sandwig, können Sie gar nicht verfehlen.“
Ulbricht schrieb eifrig mit. Dann steckte er den Block in die Jackentasche und nickte. „Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.“ Er bezahlte das Buch, nachdem Eva-Maria Burkart es in Geschenkpapier eingeschlagen hatte, und verließ die Krimibuchhandlung.
Husum, Polizeidirektion Poggenburgstraße, 9.35 Uhr
„Sach mal, Mädchen, hast du im Lotto gewonnen, oder warum grinst du die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd?“ Jan Petersen hatte es sich am Schreibtisch bequem gemacht. Er hatte die Füße auf die Platte gelegt und tickerte mit einem Kugelschreiber, ohne seine junge Kollegin aus den Augen zu lassen. Ihm war offensichtlich nicht entgangen, dass Wiebke heute zwar ein wenig zu spät, dafür aber blendend gelaunt zum Dienst erschienen war.
Wiebke saß am Computer und schrieb das Einsatztagebuch des gestrigen Tages. Noch immer befand sich Jörn Holst in Untersuchungshaft. Die Beweislage schien ihn förmlich zu erdrücken, und Petersen wollte später mit ihm sprechen. Er war immer noch sicher, dass der Bauunternehmer irgendeine andere Geschichte vertuschen wollte.
Petersen musterte Wiebke von der Seite. Als Wiebke schwieg, setzte Petersen nach: „Lass mich raten: Es liegt am Besuch, den du gestern hattest.“
Jetzt nickte sie. Doch sie wollte es spannend machen und nicht gleich alles verraten. Sollte sich Petersen doch ein paar Gedanken machen, dachte sie amüsiert, während sie von ihrem Tee nippte und ihn lächelnd betrachtete.
„Ein Kerl?“ Petersen verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen und nahm die Füße vom Schreibtisch. „War dieser Schlappschwanz etwa wieder da?“
„Tiedje?“ War Petersen etwa eifersüchtig? So weit durfte es nicht kommen. Sie waren ein gutes Team im Job, sie verstanden sich – meistens – blendend und waren sich sympathisch. Und sie dachten und handelten wie ein altes Ehepaar, das sich nach vielen gemeinsamen Jahren ohne Worte verstand. Jeder wusste, wie der andere tickte, und manchmal genügten Blicke, um sich zu verständigen. Doch privat gingen sie getrennte Wege. Dabei fiel Wiebke auf, dass Petersen in letzter Zeit nicht mehr viel von seinem Privatleben erzählt hatte. Gab es einen Grund für seine Verschlossenheit? Wiebke überlegte, ob Petersen vielleicht sogar in sie verliebt sein könnte und deshalb in letzter Zeit so seltsam reagierte. Doch dass er nun eifersüchtig auf ihren Exfreund war, konnte Wiebke nicht nachvollziehen. „Ob Tiedje bei mir war?“
„Ja, ich glaube, so hieß der Dösbaddel.“
„Nee, er hat nichts damit zu tun.“ Wiebke winkte ab. „Viel besser: Gestern stand mein Papa auf der Matte.“ Sie hatte Petersen vor einiger Zeit von ihrem verschollen geglaubten Vater erzählt, und er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er ihr von Herzen wünschte, dass sich ihre Vorstellung, er würde nicht mehr leben, nicht bewahrheitete.
„Mensch, das freut mich. Wusst‘ ich‘s doch – dein Vater lebt. Ich hab dir schon immer gesagt, dass er eines schönen Tages bei dir auf der Matte stehen wird.“ Jan Petersen schien erleichtert zu sein, dass es sich nicht um Tiedje handelte, der Wiebke so strahlen lies.
„Ich habe selbst schon nicht mehr daran geglaubt“, murmelte Wiebke, als das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Als sie Petersens Lächeln sah, griff sie selbst zum Hörer und meldete sich. Am anderen Ende der Leitung war eine Frau.
„Mein Name ist Madeleine Oelke. Ich arbeite im Sekretariat der
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