WattenMord (German Edition)
Hermann-Tast-Schule.“
Wiebke überlegte kurz, dann erinnerte sie sich an die Sekretärin der Schule. „Was können wir für Sie tun?“
„Ich habe ein paar seltsame Dinge beobachtet, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.“
„Geht es um den Mord an Holger Heiners?“
„Das weiß ich nicht, aber ich würde gern mit Ihnen darüber sprechen.“
Wiebke schielte zur Wanduhr. „Wann können Sie hier sein?“
Die Schulsekretärin druckste herum. „Ich kann schlecht weg hier. Wäre es möglich, dass Sie herkommen?“
„Natürlich. Wir sind in einer Viertelstunde da.“ Wiebke legte auf und berichtete Petersen von dem kurzen Telefonat.
„Die erzählt uns jetzt bestimmt, dass Torben Schäfer hinter dem Mord steckt“, grinste Petersen, während er sich erhob und nach dem Autoschlüssel suchte.
„Du machst blöde Witze“, brummte Wiebke, dann waren sie draußen.
Husum, Hermann-Tast-Schule, 9.55 Uhr
Madeleine Oelke errötete, als Wiebke und Petersen das Sekretariat betraten. Die Zeit war günstig, denn die Frühstückspause war gerade zu Ende, und die meisten Schüler befanden sich in den Klassen. Auch das Büro des Schulleiters war verwaist – wahrscheinlich unterrichtete er selbst gerade.
„Moin“, wurden sie freundlich begrüßt.
„Also“, begann Petersen das Gespräch. „Sie haben etwas auf dem Herzen. Wir sind ganz Ohr.“
„Ich weiß gar nicht so recht, wie ich das schildern soll“, murmelte Madeleine Oelke. „Es ist nicht meine Art, meinen Mitmenschen hinterherzuspionieren. Auf der anderen Seite bin ich ein sehr aufmerksamer Mensch und nicht ganz auf den Kopf gefallen. Allerdings obliegt es mir nicht, dass ich mir ein Urteil über andere Leute erlaube. Deshalb versuche ich Ihnen jetzt zu erzählen, was ich gesehen habe. Vielleicht hilft das.“
„Immer zu“, nickte Wiebke freundlich.
„Sie müssen wissen, dass ich in Treia lebe. Heute Nacht war es sehr stickig in unserem Schlafzimmer, und ich fand keine Ruhe. Also stand ich auf, um etwas zu trinken. Dabei fiel mein Blick aus dem Fenster auf das Nachbarhaus. Dort wohnt Torben Schäfer, den Sie ja nun auch schon kennen.“
„Zufälle gibts“, bemerkte Petersen.
Die Sekretärin nickte. „Aber wie gesagt – denken Sie nichts Falsches von mir. Meine Beobachtung war wirklich Zufall.“
„Was haben Sie denn gesehen?“, fragte Wiebke.
„Im Haus von Torben Schäfer brannte Licht, und das, obwohl er früh schlafen geht und sorgfältig darauf achtet, kein unnötiges Licht brennen zu lassen.“ Nun lächelte Madeleine Oelke. „Sie wissen ja, dass er ein sehr großes Umweltbewusstsein hat und streng auf seinen eigenen Energieverbrauch achtet. Ich sah im gleichen Moment, wie er mit quietschenden Reifen noch mal losfuhr, wohin, weiß ich natürlich nicht. Aber auch hier war auffällig, dass Herr Schäfer sonst ein sehr umsichtiger Fahrer ist und sehr zaghaft mit dem Gaspedal seines Autos umgeht. Diese beiden Dinge haben mich gewundert – er lässt sonst nie die Festtagsbeleuchtung brennen, wenn er das Haus verlässt.“
„Hm.“ Wiebke überlegte und konnte den Hinweis nicht ganz einordnen.
„Verstehen Sie mich nicht falsch, ich kann Torben Schäfer trotz seiner Eigenarten sehr gut leiden, aber er hat sich letzte Nacht sehr seltsam verhalten, und da habe ich mir Sorgen gemacht.“
„Was hat das mit dem Tod von Holger Heiners zu tun?“, stellte Petersen eine Zwischenfrage.
„Das weiß ich nicht – ich weiß nicht einmal, ob es überhaupt damit zu tun hat. Aber Torben Schäfer hat sich vor zwanzig Minuten krankgemeldet. Den Grund hat er mir nicht genannt. Und das Seltsame ist, dass er Levke Kühn auch gleich entschuldigt hat.“
Wiebke warf Petersen einen Blick zu. Er zuckte unmerklich die Schultern.
„Haben die beiden ein Verhältnis?“, fragte Wiebke.
„Davon weiß ich nichts. Allerdings betrat ich gestern unser Arbeitszimmer und glaube die beiden gestört zu haben. Sie standen dicht beieinander; und er hatte seine Hände auf ihren Schultern. Ich habe den Raum ohne anzuklopfen betreten, und die beiden schienen sich irgendwie ertappt zu fühlen.“
„Sicherlich war es ihnen unangenehm, dass Sie von ihrem Verhältnis etwas mitbekommen haben“, vermutete Wiebke.
„Ich habe vor einigen Tagen noch etwas beobachtet – es war auf dem Dockkoog. Ich bin oft mit dem Rad unterwegs, so auch an diesem Tag. Eher zufällig wurde ich auf ein heftig streitendes Paar aufmerksam. Es war Ebbe, und sie standen im Watt und schrien
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