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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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Zeit, noch einmal darüber nachzudenken. Nächste Woche reise ich zum Rio Uraricuera.«
    »Meine Güte, wo ist das denn?«
    »Ich weiß es nicht ganz genau. Irgendwo in Brasilien, glaube ich. Er ist noch nicht erforscht. Ich werde etwa ein Jahr weg sein.«
    »Aber Liebling, wie gewöhnlich! Wie die Leute in den Büchern – Großwildjagd und lauter solches Zeug.«
    »Du hast ja ganz offensichtlich bereits [126] festgestellt, dass ich ein äußerst gewöhnlicher Mensch bin.«
    »Aber Paul, jetzt werde bitte nicht unangenehm – oh, das Telefon klingelt. Vermutlich ist es Tony. Stört es dich sehr, wenn ich kurz allein mit ihm spreche?«
    Aber in den folgenden zehn Tagen, als er sich auf die Reise vorbereitete, war sie viel zärtlicher zu ihm und sagte zweimal Verabredungen mit ihrem Soldaten ab, um ihn in die Läden zu begleiten, wo er seine Ausrüstung erstand. Sie bestand darauf, dass er sich einen wollenen Nierenschoner kaufte. An seinem letzten Abend gab sie in der Botschaft eine Dinner-Party für ihn, zu der er einladen durfte, wen er wollte; ihm fiel niemand ein außer Professor Anderson, der in merkwürdigem Aufzug erschien, unermüdlich tanzte und bei den anderen Gästen eher negativ auffiel. Am nächsten Tag brachte Mrs. Henty ihren Ehemann zum Zug nach Southampton und gab ihm ein Geschenk mit: eine hellblaue, unfassbar weiche Decke in einem Wildlederetui gleicher Farbe mit Reißverschluss und Monogramm. Sie küsste ihn zum Abschied und sagte: »Pass gut auf dich auf in Wo-auch-immer.«
    Hätte sie ihn nur bis Southampton begleitet, wäre sie Zeugin zweier dramatischer [127] Zwischenfälle geworden. Noch ehe er die Gangway betreten hatte, wurde Mr. Brough verhaftet – es ging um Schulden von 32 Pfund; die öffentliche Aufmerksamkeit, die auf die Expedition gerichtet war, hatte die Polizeiaktion veranlasst. Henty regelte die Sache und beglich die Forderung.
    Die zweite Schwierigkeit war weniger leicht zu lösen. Auf dem Schiff erwartete sie Mr. Nechers Mutter; sie trug eine missionarische Zeitschrift bei sich mit einem Bericht über den brasilianischen Urwald. Unter keinen Umständen würde sie zulassen, dass ihr Sohn dorthin reiste; sie würde sich nicht von der Stelle rühren, bis er mit ihr an Land ging. Wenn es sein musste, würde sie mit ihm fahren, aber allein durfte er diese Wälder nicht betreten. Kein Argument verfing bei der resoluten alten Dame, die schließlich, fünf Minuten vor Abfahrt des Schiffes, triumphierend ihren Sohn von Bord schleppte, womit die Expedition nun ohne Biologen war.
    Auch Mr. Brough blieb ihnen nicht lange erhalten. Sie fuhren auf einem Kreuzfahrtschiff, das sich auf einer Rundreise befand. Mr. Brough war knapp eine Woche an Bord und hatte sich noch kaum an das Schlingern des Schiffes gewöhnt, als er schon verlobt war; er war noch immer verlobt, wenn auch mit einer anderen Dame, [128] als sie in Manaus ankamen, und wollte partout nicht mehr weiterreisen. Er borgte sich von Henty Geld für das Rückfahrtticket und war bei seiner Ankunft in Southampton wieder mit der Dame seiner ersten Wahl verlobt, die er dann ohne Verzug heiratete.
    In Brasilien waren die Behördenvertreter, an die ihre Empfehlungsbriefe gerichtet waren, allesamt nicht mehr im Amt. Während Henty und Professor Anderson mit den neuen Beamten verhandelten, reiste Dr. Simmons stromaufwärts voraus und richtete in Boa Vista ein Basislager ein, mit dem Großteil der Ausrüstung und der Vorräte. All das wurde augenblicklich von der revolutionären Miliz requiriert und er selbst einige Tage eingesperrt und Demütigungen ausgesetzt, die ihn so erbosten, dass er, kaum auf freiem Fuß, Richtung Küste aufbrach und in Manaus nur einen kurzen Zwischenhalt einlegte, um seine Kollegen zu informieren, dass er seinen Fall persönlich bei den Bundesbehörden in Rio vorbringen werde.
    Somit fanden sich Henty und Professor Anderson, noch eine Monatsreise vom eigentlichen Ausgangspunkt ihrer Expedition entfernt, allein und des Großteils ihrer Ausrüstung beraubt. Die Schmach einer sofortigen Rückkehr wäre unerträglich gewesen. Einen Moment überlegten sie, [129] ob sie sich vielleicht sechs Monate auf Madeira oder Teneriffa verstecken sollten, aber selbst dort hätte man sie vermutlich aufgespürt; es waren vor ihrer Abreise in den Londoner Illustrierten zu viele Fotos erschienen. Dementsprechend niedergeschlagen brachen die beiden Entdecker allein in Richtung Uraricuera auf, ohne große Hoffnung, irgendetwas Nützliches

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