Waugh, Evelyn
Pause.
»Aber hör mal, ich habe sie vergessen. Für mich gibt es nur noch Bessie.«
»Du weißt, Lieber, ich mische mich nie ein. Ich finde ja auch, dass Bessie ein reizendes Mädchen ist. Aber bist du frei? Wirklich nach deinem Gewissen frei? Du weißt natürlich besser als ich, was du Gladys versprochen hast, als du dich von ihr verabschiedetest.«
Und so stand nun nach langer, langer Zeit die [221] Szene wieder vor seinen Augen, die ihm in den ersten Monaten seines australischen Abenteuers unentwegt im Kopf herumgegangen war: ein Abschied unter Tränen und heiligen Schwüren. Er antwortete nicht. »Ich habe Gladys nichts von deiner Verlobung gesagt, weil ich fand, dass es dein Recht ist, ihr das auf deine Weise zu sagen, so gut du kannst. Ich habe ihr allerdings gesagt, dass du in England bist und sie gern wiedersehen möchtest. Sie kommt morgen für ein, zwei Tage her. Die Ärmste sah wirklich aus, als ob sie ein paar Tage Urlaub brauchen könnte.«
Als er Gladys am Bahnhof abholte, standen sie erst ein paar Minuten auf dem Bahnsteig und waren sich nicht sicher, wen sie da vor sich hatten. Dann gaben beide zögernde Zeichen des Wiedererkennens. Gladys war in den vergangenen zwei Jahren zweimal verlobt gewesen und ging zurzeit mit einem Autoverkäufer. Es war eine große Überraschung für sie gewesen, als Mrs. Kent-Cumberland sie aufsuchte und ihr erklärte, Tom sei wieder in England. Sie hatte ihn nicht vergessen, denn sie war ein treues und gutherziges Mädchen, und es machte sie verlegen und rührte sie, als sie erfuhr, dass seine Liebe zu ihr ungebrochen sei.
[222] Sie heirateten zwei Wochen später, und Mrs. Kent-Cumberland übernahm die heikle Aufgabe, »das alles den MacDougals beizubringen.«
Tom und Gladys gingen nach Australien, wo Mr. MacDougal ihnen großherzig die Verwaltung eines seiner abgelegeneren Güter übertrug. Er war mit Toms Arbeit zufrieden. Gladys hat einen weitläufigen sonnigen Bungalow und vor den Fenstern Weideland und Zäune. Viel Gesellschaft hat sie nicht, und was sie hat, gefällt ihr nicht besonders. Die benachbarten Rancher finden sie sehr englisch und eingebildet.
Bessie und Gervase heirateten nach sechswöchiger Verlobungszeit. Sie wohnen auf Tomb. Bessie hat zwei Kinder und Gervase sechs Rennpferde. Mrs. Kent-Cumberland lebt bei ihnen im Haus. Sie und Bessie sind selten verschiedener Meinung, und wenn es doch einmal vorkommt, ist Mrs. Kent-Cumberland diejenige, die sich durchsetzt.
Das Wittum ist langfristig an einen Sportartikelhersteller vermietet. Gervase hat die Jagd übernommen und gibt das Geld mit vollen Händen aus; die ganze Nachbarschaft ist sehr zufrieden.
[223] Engländers Heim und Herd
I
Mr. Beverley Metcalfe klopfte auf das Barometer in der Diele und stellte zufrieden fest, dass es im Lauf der Nacht ein paar Striche gefallen war. Eigentlich war er von seinem ganzen Naturell her mehr dem Sonnenschein zugetan, aber seiner Meinung nach zeichnete es den echten Landmann aus, dass er jederzeit Regen herbeisehnte. Damit, was einen echten Landmann ausmacht, hatte er sich eingehend befasst. Wäre er ein Mann von literarischen Ambitionen und aus einer früheren Generation gewesen, so hätten seine Beobachtungen gewiss ein Aphorismenbüchlein ergeben. Der echte Landmann trug, im Gegensatz zu dem salopp gekleideten Besuch aus der Stadt, am Sonntag stets einen dunklen Anzug; gern machte er Gelegenheitsgeschäfte und scheute keine Zeit und Mühen, wenn er etwas unter der Hand statt über den Handel absetzen konnte; nach außen hin skeptisch und konservativ, war er von jeder [224] technischen Spielerei doch sofort fasziniert; er war freundlich, aber ungastlich, schwatzte mit jedem vorüberkommenden Fremden stundenlang über den Zaun, ließ aber selbst die besten Freunde nur widerstrebend in sein Haus… Diese und noch hunderterlei andere charakteristische Eigenschaften hatte Mr. Metcalfe sich sorgsam eingeprägt, um es dem Landmann gleichzutun.
»Ja, das brauchen wir – Regen«, sagte er bei sich, öffnete die Tür zum Garten und trat in die milde Frühlingsluft hinaus. Kein Wölkchen drohte am Himmel. Gerade schob der Gärtner die Wasserkarre an ihm vorbei.
»Morgen, Boggett. Das Barometer ist endlich gefallen.«
»Hrrm.«
»Das heißt, es gibt Regen.«
»Nööö.«
»Es steht sehr tief.«
»Aha.«
»Jetzt noch zu gießen wäre schade um die Zeit.«
»Das Zeug verbrennt sonst.«
»Wenn’s regnet, nicht.«
»Regnet aber nicht. Hier regnet’s nur, wenn
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