Waylander der Graue
Wand und tat ein paar tiefe, beruhigende Atemzüge. Der Tod von Mendyr Syn und Omri betrübte ihn sehr, doch er hatte sie nur relativ kurze Zeit gekannt. Matze Chai war seit drei Jahrzehnten ein Teil seines Lebens, ein verlässlicher Anker. Er hatte allerdings bis zum heutigen Tage nicht erkannt, wie sehr er den alten Mann mochte.
Doch mit der Erleichterung kam ein tiefer Zorn, eine kalte, tiefe Empörung gegen die arrogante Grausamkeit von Menschen, die bereit waren, einen solchen Schrecken auf unschuldige Opfer loszulassen. Er wusste, dass letzten Endes Kriege nie um solche Dinge wie Recht und Unrecht geführt wurden. Sie wurden von Menschen ausgelöst, die nach Macht strebten. Diese Menschen scherten sich nicht um Opfer wie Omri und Mendyr Syn. Sie lebten für den Ruhm und all die leeren, fruchtlosen Freuden, die er mit sich brachte. Ein Mann wie Omri war mehr wert als zehntausend solcher Mörder, dachte er.
Nachdem er seine Fassung wieder gefunden hatte, lief Waylander los und nahm immer zwei Stufen zum Nordturm auf einmal. Er wurde langsamer, als er den ersten Stock erreichte. Regale waren von den Wänden gerissen worden, Manuskripte, Schriftrollen und ledergebundene Bücher waren auf dem Fußboden verstreut. Er kniete sich hin und tastete mit der Hand über den Teppich. Er war nass und kalt. Links von ihm waren zwei je zwei Meter lange Flecken auf dem Boden. Dunkles Blut war darum herum verspritzt. Ustartes Anhänger hatten anscheinend gut gekämpft.
Vorsichtig über die Trümmer steigend, kam er zur zweiten Treppe und stieg sie empor. Als er um eine Ecke bog, sah er einen riesigen goldenen Wolf. Sein Bauch war aufgerissen, seine goldfarbenen Augen blickten glasig. Er zuckte, als Waylander näher kam und versuchte, den Kopf zu heben. Dann sank er nieder und starb.
Er ging an dem toten Tier vorbei und traf auf zwei weitere Tote, Ustartes Schüler. Waylander versuchte, sich an ihre Namen zu erinnern. Prial hieß der eine. Er lag auf dem Rücken, die Brust aufgerissen, die Rippen eingedrückt. Der andere lag dicht daneben. Riesige Krallenspuren verliefen über seinen Rücken, und der untere Teil seiner Wirbelsäule ragte aus dem Körper.
Waylander stieg über sie hinweg. Die Tür zu Ustartes Zimmern war aus den Angeln gerissen. Er ließ seinen Blick über das Zimmer schweifen. Möbelstücke waren gegen die Wand geworfen worden, der kostbare Teppich war an einigen Stellen zerfetzt, auf dem Boden und an den Wänden war Blut. Keine Spur von Ustarte. Waylander ging zum Fenster. Auf dem Sims war ein blutiger Fleck. Er beugte sich hinaus und schaute nach unten. Zwei Stockwerke tiefer befand sich ein Balkon. Auf dem Geländer war ein Blutfleck zu erkennen.
Waylander ging zur Vorderseite des Palastes, wo Emrin aufgeregt wartete.
»Der Palast ist frei«, sagte Waylander. »Sag den Dienern, sie können in ihre Zimmer zurück.«
»Jawohl. Eine ganze Reihe hat den Dienst quittiert. Sie sind nach Carlis gegangen. Selbst die, die noch hier sind, haben Angst.«
»Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen. Schick ein paar Männer, um die Toten aus der Küche und der Nordturmbibliothek zu holen. Und schick die Diener an ihre Aufgaben, damit sie von ihren Ängsten abgelenkt werden. Sag ihnen, sie bekommen ein Monatsgehalt zusätzlich als Entschädigung für den erlittenen Schrecken.«
»Jawohl. Sie werden sehr dankbar sein. Hast du die Priesterin gefunden?«
»Sie und ihre Leute sind tot.« Waylander sah dem jungen Mann in die Augen. »Da Omri nicht mehr ist, brauche ich jemanden, der den Haushalt leitet. Das ist jetzt deine Aufgabe. Dein Gehalt wird verdoppelt.«
»Danke, Herr.«
»Du brauchst mir nicht zu danken. Es ist eine schwierige Aufgabe, du wirst dir dein Gehalt verdienen. Sind die Wagen abgefahren?«
»Jawohl. Ich habe auch Reiter zum Spital in Carlis geschickt, wo die beiden Assistenten Mendyr Syns arbeiten. Sie sollten bald hier sein, um bei den Verwundeten helfen zu können.«
Waylander ging zu Yu Yu Liang, der mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt im Gras saß. Keeva saß neben ihm, den Arm um die Schultern des blonden Pagen gelegt. Der Junge sah zu Waylander auf und lächelte nervös.
»Hattest du große Angst?«, fragte Waylander.
»Ja, Herr. Ist mein Onkel in Sicherheit?«
»Er war es jedenfalls, als ich ihn zuletzt sah.« Er wandte seine Aufmerksamkeit Yu Yu zu. »Wie fühlst du dich?«, fragte er.
»Als ob ich lieber wieder Grabenbauer wäre«, antwortete Yu Yu. »Als ob ich dieses elende
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