Waylander der Graue
unter ihm abspielte.
Aric sah sich nach Gaspir um. Der Leibwächter stand mit einem von Panagyns Männern zusammen. Auch sie hatten den jungen Mann gesehen. Gaspir sah Aric zur Bestätigung an. Aric nickte. Gaspir zog seinen Dolch.
Niallads Verstand zuckte vor dem Anblick zurück, der sich ihm bot. Schreie gellten in seinen Ohren. Überall im Saal war Blut und lagen Tote. Ein abgerissener Arm lag über einem der Büfetttische, das Blut lief auf weißes Porzellan. Die riesigen schwarzen Hunde sprangen die entsetzten noch Lebenden an.
Niallad sah einen Mann an die Tür hämmern und schreien, man möge ihn hinauslassen. Ein Hund sprang ihm auf den Rücken, die gewaltigen Zähne zermalmten seinen Schädel.
Niallad blickte nach unten und sah seine Eltern, ermordet dort, wo sie gesessen hatten. Ein schwarz gekleideter Schwertträger ging zu seinem Vater und zog ein Schwert aus dem Leichnam. Herzog Elphons sackte seitlich zusammen.
»Mörder!«, schrie Niallad. Der Krieger sah auf und richtete seinen Blick auf Eldicar Manushan, der jetzt am Geländer der nördlichen Galerie lehnte und das Gemetzel beobachtete. Neben ihm standen Graf Aric und Graf Panagyn.
Niallad konnte in diesem Augenblick nicht begreifen, warum diese Männer so müßig herumstanden. Er fühlte sich schwach und übel und begann jedes Gefühl für die Wirklichkeit zu verlieren. Dann sah er Gaspir und einen weiteren Mann auf sich zukommen.
»Sie haben meinen Vater umgebracht, Gaspir«, sagte er.
»Sie haben auch dich umgebracht«, sagte sein Leibwächter.
Niallad sah die Messer in ihren Händen. Er wich zurück in sein Zimmer. Seine Beine zitterten. Sein ganzes junges Leben lang hatte er einen solchen Moment gefürchtet, und jetzt war er da. Merkwürdigerweise verging der Schrecken und machte kaltem Zorn Platz. Seine Glieder hörten auf zu zittern, und er lief zu seinem Bett, wo er seinen Dolchgürtel liegen gelassen hatte. Seine Finger schlossen sich um den geschnitzten Ebenholzgriff und zogen die Waffe aus der Scheide. Dann wirbelte er herum, um sich den Männern zu stellen.
»Ich dachte, du wärest mein Freund, Gaspir«, sagte er und war stolz darauf, dass in seiner Stimme keine Angst mitschwang.
»Ich war dein Freund«, sagte Gaspir, »aber ich diene dem Grafen Aric. Ich werde dich rasch töten, mein Junge. Ich werfe dich nicht den Tieren vor.«
Gaspir kam näher. Der andere Mann hielt sich rechts von ihm.
»Warum tust du das?«, fragte Niallad.
»Eine solche Frage ergibt wenig Sinn«, sagte der Graue Mann und trat durch die Balkontür. »Du könntest ebenso gut eine Ratte fragen, warum sie Krankheiten verbreitet. Sie tut es, weil sie eine Ratte ist. Sie weiß es nicht besser.«
Die beiden Attentäter zögerten. Gaspir warf einen Blick auf den Grauen Mann, der unbewaffnet dastand, die Daumen in den Gürtel gehakt. »Töte den Jungen«, befahl er dem zweiten Mann, dann bewegte er sich auf den Grauen Mann zu. Sein beabsichtigtes Opfer wich nicht zurück. Seine rechte Hand glitt an die verzierte Gürtelschnalle. Im Bruchteil einer Sekunde sah Gaspir, wie die pfeilförmige Mitte der Gürtelschnalle zur Seite glitt. Die Hand des Grauen Mannes schoss vor. Blendend weißes Licht explodierte in Gaspirs rechtem Auge und schoss Feuer in seinen Schädel. Er fiel nach hinten.
Niallad sah, wie der Graue Mann rasch vortrat, Gaspirs Messerarm packte und ihn heftig herumdrehte. Das lange Messer entfiel der Hand. Der Graue Mann fing die Klinge am Griff auf und ließ sie herumwirbeln. Er hob den Arm und ließ ihn wieder sinken. Links von Niallad stöhnte jemand. Der zweite Attentäter taumelte, als Gaspirs Messer sich in seinen Hals bohrte. Trotzdem hob er noch sein Messer und stürzte sich auf Niallad. Der junge Mann wich aus und trieb ihm, ohne zu überlegen, seinen eigenen Dolch ins Herz. Er ging lautlos zu Boden.
Gaspir lag stöhnend auf den Knien, eine Hand über die blutende Wunde in seinem Auge gelegt. Der Graue Mann schlug ihm die Hand fort und riss sein Wurfmesser aus der Wunde. Gaspir stieß einen Schrei aus und fiel wieder zurück. Kühl schnitt der Graue Mann Gaspir die Kehle durch. Ohne auf den Sterbenden zu achten, der sich am Boden wand, ging er zu Niallad.
»Meine Eltern sind tot«, sagte Niallad.
»Ich weiß«, erwiderte der Graue Mann, ging an Niallad vorbei zur Tür. Behutsam stieß er sie zu. Dann drehte er sich zu Niallad um.
»Atme ganz langsam«, sagte er, »und sieh mir in die Augen.«
Niallad gehorchte.
»Jetzt hör mir
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