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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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ihres Bösen in sich selbst. In einigen wird es verblassen. In anderen wird es einen Platz finden, um zu keimen.«
    Das Kind Keeva hatte das nicht begriffen. Aber sie erinnerte sich daran.
    Keeva schlug die Augen auf.
    Die Sonne stand fast im Mittag, und sie erhob sich und reckte sich.
    In der Höhle war Ustarte wieder wach und saß still in den Schatten.
    »Folgen sie uns noch immer?«, fragte Keeva.
    »Nein, ein paar sind mit ihren Toten und Verwundeten nach Carlis zurückgekehrt. Andere warten am Weißen Palast, um den Grauen Mann zu verhaften. Aber sie werden wiederkommen.«
    »Weiß der Graue Mann, dass sie am Palast sind?«
    »Ja.«
    Keeva seufzte. »Gut. Dann wird er sie meiden.«
    »Nein, wird er nicht«, sagte Ustarte. »Er ist bereits dort. Sein Zorn ist groß, aber sein Verstand ist kühl.« Ustarte schloss die goldenen Augen. »Die Jäger kommen den Schwertträgern näher«, sagte sie.
    »Du meinst Yu Yu und seinen Freund?«
    »Ja. Sie werden von zwei Trupps Kriaznor verfolgt, von Süden und von Norden her.«
    »Was sind Kriaznor?«
    »Es sind verschmolzene Wesen wie ich selbst. Schneller, stärker und tödlicher als fast jeder Mensch.«
    »Fast?«
    Ustarte lächelte schwach. »Nichts, das auf Erden wandelt oder atmet, ist tödlicher als der Graue Mann.«
    Keeva sah wieder Tränen im Gesicht der Priesterin. »Und das macht dich traurig?«
    »Selbstverständlich. In der Dunkelheit der Seele des Grauen Mannes flackert ein kleines Licht, alles, was von einem guten und freundlichen Mann übrig geblieben ist. Ich bat ihn, für uns zu kämpfen, und er wird kämpfen. Wenn dieses Licht verlöscht, wird es meine Schuld sein.«
    »Es wird nicht verlöschen«, sagte Keeva und legte ihre Hand auf Ustartes Schulter. »Er ist ein Held. Mein Onkel erzählte, dass Helden eine besondere Seele haben, die von der QUELLE gesegnet ist. Er war ein weiser Mann, mein Onkel.«
    Ustarte lächelte. »Dann bete ich, dass dein Onkel Recht hatte.«

 
KAPITEL 11
     
    Niallad saß still auf dem Sims, den Rücken gegen die Felswand gelehnt. Die weiße Gischt prallte über hundert Meter tiefer gegen die Felsen. Der Graue Mann saß reglos neben ihm, gelassen, ohne Anzeichen von Anspannung. Sie saßen schon seit zwei Stunden dort. Die Sonne war vor einiger Zeit aufgegangen, und Niallads Kleider waren fast trocken.
    Die Ereignisse der vergangenen Nacht liefen immer weder in seinen Gedanken ab: der Tod seiner Eltern, der Verrat Gaspirs, die Rettung durch den Grauen Mann. Alles kam ihm irgendwie unwirklich vor. Wie konnte sein Vater tot sein? Er war der stärkste, vitalste Mann im ganzen Herzogtum. Niallad sah wieder seine Mutter auf dem Boden liegen. Eine furchtbare Leere umfing ihn, und er merkte, dass ihm die Tränen kamen. Der Graue Mann berührte seinen Arm. Blinzelnd wandte Niallad ihm den Kopf zu. Der Graue Mann legte einen Finger an die Lippen und schüttelte den Kopf. Kein Laut. Niallad nickte und sah nach oben. Gut drei Meter über ihnen sprang eine Felsnase vor. Von dort konnten sie die Wachen hören, die sich vor der Wohnung des Grauen Manns unterhielten.
    »Das ist doch idiotisch«, hörte er einen der Wachposten sagen. »Er wird doch wohl nicht wieder herkommen, oder? Ich meine, die Wohnung ist doch schon durchsucht worden. Ein paar Waffen, ein paar alte Kleider. Nichts, wofür man sein Leben riskieren würde.«
    Niallad konnte nicht anders, als ihm zustimmen. Er konnte nicht verstehen, warum sie hergekommen waren. Nachdem er Aric getötet hatte, hatte der Graue Mann Niallad zum Strand geführt. Dort lagen mehrere Boote, zurückgelassen von den Soldaten, die die Bucht abgesucht hatten. Niallad hatte dem Grauen geholfen, ein kleines Boot vom Strand zu schieben, bis es auf dem Wasser schaukelte. Dann waren sie hineingeklettert und über die Bucht gerudert. Als sie eine Stelle erreichten, etwa hundert Meter vom Strand unterhalb des Weißen Palastes entfernt, hatte sich der Graue Mann ins Wasser gleiten lassen und zu schwimmen begonnen. Niallad hatte es ihm nachgetan.
    Als sie zum Strand kamen, hatte der Graue Mann Niallad bedeutet, leise zu sein, und war bis zu dieser Stelle geklettert. Bis dahin hatte jede seiner Bewegung von Zielstrebigkeit gesprochen. Doch sobald sie hier waren, hatte er sich einfach hingesetzt, und nun verstrichen die Stunden. Niallad hatte keine Ahnung, auf was der Graue Mann wartete.
    Die Zeit verging. Niallads linkes Bein fing an sich zu verkrampfen, und er streckte es aus.
    »Wird auch Zeit«, hörte er

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