Waylander der Graue
erwiderte Song Xiu. »Wir müssen nur durchbrechen und zum Tor gelangen.«
»Und das können wir doch, oder?«
»Deswegen sind wir ja hier«, sagte Song Xiu.
»Dann lasst es uns tun«, sagte Ren Tang. »Und dann möchte ich eine Stadt mit einer Kneipe und einer Frau mit dickem Hintern finden. Vielleicht auch zwei.«
»Kneipen oder Weiber?«, fragte ein anderer Krieger.
»Kneipen«, gab Ren Tang zu. »Ich bin etwas zu müde für mehr als eine Frau.« Er legte sein Schwert beiseite, schob den blutigen Hautlappen an seiner Schläfe an die richtige Stelle und presste seine Hand darauf. Song Xiu stellte sich neben ihn, zog eine gebogene Nadel aus einem kleinen Beutel, der an seiner Schärpe hing und nähte rasch den oberen Teil der Wunde zusammen.
»Also«, sagte er, »wenn du nicht beide Weiber willst, nehme ich eine.«
»Einverstanden«, antwortete Ren Tang mit einem raschen Grinsen. »Dann lasst uns nicht noch mehr Zeit verschwenden. Wir wollen dieses hässliche Ungeziefer verscheuchen und uns dann besaufen.«
»In Ordnung«, sagte Song Xiu mit einem knappen Lächeln. Dann holte er tief Luft und wandte sich an Yu Yu. »Ich habe gehört, was dein Freund dir vorhin sagte. Er hatte Unrecht, aber jetzt sind seine Worte richtig. Du kannst nicht mit uns in diesen letzten Kampf kommen. Wir werden dich nicht beschützen können. Und sobald wir durchbrechen, können wir uns auch selbst nicht mehr schützen.«
»Was meinst du damit?«
»Wenn unsere Schwerter das Tor berühren, werden sie aufhören zu sein. Sie werden von dem Zauber aufgesogen, der dort liegt.«
»Aber dann werdet ihr alle getötet«, sagte Yu Yu.
»Aber das Tor wird geschlossen sein«, betonte der Riaj-nor.
»Ich bleibe nicht zurück«, beharrte Yu Yu.
Ren Tang trat hinzu. »Hör mich an. Trotz meines Hasses auf sie muss ich doch zugeben, dass die Kriaznor hervorragende Kämpfer sind. Wir können nicht gleichzeitig gegen sie kämpfen und auf dich aufpassen. Doch wenn du mitkommst, sind wir gezwungen zu versuchen, dich zu beschützen. Verstehst du das Dilemma? Deine Anwesenheit verringert unsere Erfolgsaussichten.«
»Sei nicht traurig, Yu Yu«, sagte Song Xiu. »Für Menschen wie dich haben Qin Chong und ich und die anderen unsere Menschlichkeit aufgegeben. Es freut mich, dass du hier bist, denn es zeigt, dass wir diesen Weg nicht vergebens eingeschlagen haben. Dein Freund Kysumu kann mit uns kommen. Er wird die Menschen in dieser Begegnung vertreten. Das ist es, was er will. Er liebt das Leben nicht wirklich. Er kennt keine Furcht, ebenso wenig wie er Freude kennt. Deswegen kann er nie der Held werden, wie du einer bist. Und das, mein Freund, ist der Grund, weshalb du der pria-shath bist. Ohne Angst kann es keinen Mut geben. Du hast an unserer Seite gekämpft, Grabenbauer, und wir sind stolz, dich gekannt zu haben.« Er streckte die Hand aus. Yu Yu blinzelte Tränen zurück, als er sie schüttelte. »Jetzt müssen wir unser Schicksal erfüllen«, sagte Song Xiu.
Die Riaj-nor bildeten eine Schlachtreihe mit Ren Tang, Song Xiu und Kysumu in der Mitte.
Yu Yu blieb unglücklich zurück, als sie langsam auf ihren alten Feind zumarschierten.
Waylander blickte in Ustartes goldene Augen. »Willst du mir sagen, dass ich sterbe? Es geht mir gut. Ich habe keine Schmerzen.«
»Und keinen Herzschlag«, sagte Ustarte traurig.
Waylander setzte sich und fühlte nach seinem Puls. Sie hatte Recht. Da war nichts.
»Ich verstehe das nicht.«
»Es ist eine Gabe, von der ich nicht wusste, dass ich sie hatte, bis wir durch das Tor kamen. Einer meiner Gefährten, ein hübsches Kind namens Sheetza, wurde niedergestochen. Auch ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen. Ich heilte die Wunde - wie ich es bei dir tat - und schickte einen Strom meiner Kraft in ihr Blut, sodass es weiterhin durch ihren Körper kreiste. Sie lebte noch ein paar Stunden, und dann, als der Zauber schwand, starb sie. Du hast nur noch ein paar Stunden, Waylander. Es tut mir Leid.«
Keeva trat aus den Schatten der Bäume. »Es muss doch etwas geben, das du tun kannst«, sagte sie und fiel neben dem Grauen Mann auf die Knie.
»Wie viele Stunden?«, fragte Waylander.
»Zehn, höchstens zwölf«, erklärte Ustarte.
»Der Junge darf nichts davon erfahren«, sagte Waylander und stand auf. Er ging zurück durch den Wald zu Emrin und Niallad, die neben dem Pfad saßen. Als Niallad ihn sah, sprang er auf.
»Ich wollte nicht schießen«, sagte er.
»Ich weiß. Es hat kaum meine Haut geritzt. Komm,
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