Waylander der Graue
zuhören, nicht wahr? Eine Hand voll Männer nur, die sich mit Glauben und Mut einem schrecklichen Feind entgegenstellen. Haben sie sich hinter den Mauern versteckt und gefragt, ob die QUELLE nicht für sie kämpfen könnte? Nein, denn die QUELLE war in ihnen. Die QUELLE nährte ihren Mut, ihren Kampfgeist, ihre Kraft. Dieselbe QUELLE ist in uns, meine Freunde.«
»Ich fühle das jedenfalls nicht!«, rief Benae Tarlin.
»Das kannst du auch nicht, solange du dich versteckst«, erklärte Chardyn. »Dein Sohn ist im letzten Jahr von dieser Klippe gerutscht, und du bist hinuntergeklettert auf einen schmalen Sims, um ihn zu retten. Er klammerte sich an deinen Rücken, und du hattest das Gefühl, deine Kraft reiche nicht aus, um ihn in Sicherheit zu bringen. Wir haben darüber gesprochen, Benae. Du hast um die Kraft gebetet, deinen Sohn in Sicherheit zu bringen. Und du hast es geschafft. Hast du auf dieser Klippe gesessen und nach der QUELLE gerufen, dass sie dir deinen Jungen auf einer magischen Wolke bringt? Nein. Du hast im Glauben den Abstieg gewagt, und dein Glaube wurde belohnt.
Ich sage euch, die QUELLE wartet. Sie wartet mit Macht, die größer ist als die eines jeden Magiers. Wenn ihr diese Macht sehen wollt, dann kommt mit mir zum Palast des Grauen Mannes. Wir werden den Magier Finden. Und wir werden ihn vernichten.«
»Wenn wir mit dir gehen«, fragte ein anderer, »versprichst du uns, dass die QUELLE bei uns ist?«
»Mit uns und in uns«, sagte Chardyn. »Das schwöre ich bei meinem Leben!«
Dreischwert stand am Fenster und sah hinaus auf die Bucht, als er etwas aufblitzen sah, das ein Lichtstrahl auf einer der unteren Terrassen sein mochte. Er trat auf den Balkon hinaus und spähte nach unten. Zwei menschliche Wachposten gingen die Treppe hinunter. Sie gingen in die Richtung, aus der das Licht kam. Dreischwert entspannte sich und ging zurück in die Bibliothek.
Eisenarm lag ausgestreckt auf einer Bank. Stein-Vier und Langbein saßen am Fuß der Treppe. Schon seit einiger Zeit kamen keine Schreie mehr aus dem oberen Raum. Dreischwert mochte den Klang der Schreie nicht, vor allem nicht von jungen Frauen. Er hatte wenig für Grausamkeit übrig. In der Schlacht kämpfte man gegen den Feind und tötete ihn. Man legte es nicht darauf an, ihn leiden zu lassen. Eisenarm schlenderte zu ihm herüber.
»Der Magier ist auf dem Rückweg«, sagte Eisenarm. Dreischwert nickte. Er hatte den Mann noch nicht gewittert, aber Eisenarm irrte sich nie.
Wenige Augenblicke später witterte auch Dreischwert den Geruch. Er war leicht beißend, der Geruch der Angst.
Der schwarzbärtige Magier kam die Treppe herauf und blieb stehen. Einen Moment lang starrte er auf die Wendeltreppe, die zum Turmzimmer führte. Dann ging er zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. Er rieb sich die Augen. »Draußen ist alles ruhig«, sagte er zu Dreischwert. Der Krieger wusste, dass er lediglich ein Gespräch suchte, um seine Rückkehr zu Deresh Karany hinauszuzögern.
»Bis jetzt«, sagte Dreischwert.
Eisenarm stand plötzlich auf und ging zum Fenster. »Blut«, sagte er, öffnete den Mund und sog zischend die Luft über seine Zunge ein. »Menschenblut.« Dreischwert und Langbein eilten zu ihm.
Dreischwert schloss die Augen und atmete tief ein. Ja. Er konnte es in der Luft ganz schwach schmecken.
Er wandte sich an Eldicar Manushan. »Wenigstens ein Mann blutet stark.«
»Zwei«, sagte Eisenarm. »Und da ist noch etwas anderes.« Er legte den Kopf in den Nacken. Die breiten Nasenflügel blähten sich. »Es ist ganz schwarz. Ja … große Katze. Vielleicht ein Löwe. Nein. Kein Löwe – ein Bastard.«
»Ustarte!«, wisperte Eldicar Manushan. Er wich vom Fenster zurück, wandte sich an Stein-Vier und Langbein. »Geht raus. Sucht sie. Tötet jeden, der bei ihr ist.«
»Es wäre aber vielleicht besser zusammenzubleiben«, meinte Dreischwert.
»Dieser Waylander darf nicht zum Turm gelangen«, sagte Eldicar Manushan. »Tut, was ich sage.«
»Seid vorsichtig«, wies Dreischwert Langbein und Stein-Vier an. »Dieser Mensch ist ein Jäger und ein schlauer Kämpfer. Er benutzt eine Armbrust, die zwei Bolzen verschießen kann.«
Die beiden Krieger stiegen die Treppe hinunter. Eldicar Manushan setzte sich. Er strömte jetzt einen starken Angstgeruch aus, und Dreischwert stellte sich zu Eisenarm ans Fenster.
»Diese Katzenfrau ist krank«, sagte Eisenarm, »oder schwach. Ich kann es nicht genau sagen. Sie ist knapp außer Sichtweite,
Weitere Kostenlose Bücher