Waylander der Graue
Bettchen. Als ich zurückkehrte, war alles still, und an den Wänden war Blut. So verabscheue auch ich Männer des Krieges und ihre Grausamkeit.«
Sein Gesicht war erschreckend ruhig, und nichts verriet den emotionalen Kampf, der nach Keevas Ansicht unter der Oberfläche toben musste. »Und da bist du zum Menschenjäger geworden«, sagte sie.
Der Graue Mann beachtete ihren Einwurf nicht. »Ich will dir damit sagen, dass es immer abscheuliche Menschen geben wird, genauso wie es immer freundliche und mitfühlende geben wird. Das sollte keinen Einfluss draufhaben, ob du deine Begabungen entwickeln willst. Diese Welt ist ein sorgenvoller, wilder Ort. Er wäre jedoch noch scheußlicher, wenn nur böse Männer sich die Zeit nähmen, Waffen zu beherrschen.«
»Konnte deine Frau mit Waffen umgehen?«, fragte sie.
»Nein. Und ehe du fragst – es hätte auch keinen Unterschied gemacht, wenn sie der beste Bogenschütze im Land gewesen wäre. Neunzehn Banditen hätten sie überwältigt, und das Ergebnis wäre das gleiche geblieben.«
»Hast du sie verfolgt, Grauer Mann?«, fragte sie leise.
»Ja. Es hat viele Jahre gedauert, und in dieser Zeit haben einige von ihnen noch andere Verbrechen begangen. Aridere heirateten, ließen sich nieder, gründeten eine Familie. Aber ich habe sie alle gefunden. Jeden einzelnen.«
Plötzlich war es still im Raum, die Luft stickig. Keeva betrachtete den Grauen. In diesem Augenblick verstand sie diesen grimmigen und düsteren Wohnort neben dem schimmernden weißen Marmor seines Palastes. Der Graue Mann hatte kein Zuhause, denn das Zuhause seines Herzens war vor langer Zeit zerstört worden. Sie warf einen Blick auf die Strohpuppen und die Waffensammlung an den Wänden. Als sie zurückschaute, begegnete sie seinem Blick.
»Ich möchte diese Kunst nicht lernen«, sagte sie. »Es tut mir Leid, wenn dich das enttäuscht.«
»Menschen haben schon vor langer Zeit aufgehört, mich zu enttäuschen, Keeva Taliana«, sagte er mit einem reuigen Lächeln. »Aber lass mich dir eine Frage stellen: Wie hast du dich gefühlt, als du den Anführer der Banditen getötet hast?«
»Ich möchte nicht darüber sprechen.«
»Ich verstehe.«
»Wirklich? Du bist schon so lange ein Mörder, ich weiß nicht, ob du es wirklich verstehst.« Sie wurde rot, als sie merkte, was sie da gesagt hatte. »Es tut mir Leid, wenn das respektlos geklungen hat, Grauer Mann. Das wollte ich nicht. Du hast mir das Leben gerettet, und ich stehe für immer in deiner Schuld. Aber was ich meinte, ist, dass ich nie wieder die Gefühle erleben möchte, die ich hatte, als ich Camran tötete. Was ich getan habe, war unnötig. Er lag ohnehin im Sterben. Ich habe ihm nur noch mehr Schmerz zugefügt. Was mir wehtut und mich wütend macht, ist, dass ich mich in diesen wenigen Augenblicken in seinen bösen Schmutz habe hinunterziehen lassen. Ich wurde er. Verstehst du das?«
Er lächelte traurig. »Das habe ich schon verstanden, lange bevor du geboren wurdest, Keeva, und ich respektiere, was du sagst. Und jetzt gehst du besser an deine Arbeit zurück.«
Yu Yu Liang war nicht glücklich. Ein Stück weiter stritt das Dutzend Überlebender noch immer wütend, und Yu Yu bemühte sich zu verstehen, was sie sagten. Er beherrschte die Sprache der Rundaugen nur mangelhaft, und er stellte fest, dass viele der Wörter und Ausdrücke an ihm vorbeirauschten, ehe seine Ohren sie einfingen und sein Verstand sie übersetzen konnte. Er konzentrierte sich stark, wohl wissend, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis irgendjemand mit einem anklagenden Finger auf ihn deutete.
Auf einem Stein sitzend, das gestohlene Schwert auf dem Schoß, tat der frühere Grabenbauer sein Bestes, um wie der wilde Krieger auszusehen, der er zu sein vorgab. Yu Yu war erst seit drei Tagen bei der Bande. In dieser Zeit hatte er viele schöne Versprechen von dem mittlerweile toten Anführer, Rukar, über das Leben auf der Straße und die Reichtümer, die man von durchreisenden Kaufleuten erpressen konnte, gehört. Stattdessen war Rukar von dem Rajnee niedergemacht worden, und Yu Yu war noch nie in den dreiundzwanzig Jahren seines Lebens so schnell gerannt, um den schwingenden Schwertern der angreifenden Reiter zu entkommen.
Um die Wahrheit zu sagen, er empfand einen Stich des Stolzes, dass es ein Kiatze gewesen war, der sie eingeschüchtert hatte, ein echter Rajnee. Kein Betrüger mit einem gestohlenen Schwert. Yu Yu schauderte. Die Ausbildung dauerte sechs Jahre, ehe ein
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