Waylander der Graue
wieder hinein. »Nein. Noch nicht.«
»Vielleicht solltest du in den Ruinen umhergehen«, schlug der Magier vor. »Um zu sehen, ob das Böse an anderer Stelle ist.«
»Lass ihn vorläufig in der Nähe bleiben«, sagte der Herzog. »Ich weiß nicht, wie schnell dieser Nebel erscheinen kann, aber ich weiß, dass seine Kreaturen die Fuhrleute in wenigen Sekunden töteten.«
Eldicar Manushan verbeugte sich tief. »Wie du wünschst, Herzog.«
Ein Pferd galoppierte heran. Chardyn drehte sich um und sah den Grauen Mann durchs Tal reiten. Er hörte Graf Aric unterdrückt fluchen und bemerkte, dass der amüsierte Ausdruck aus Eldicar Manushans Gesicht gewichen war. Chardyn merkte, wie seine gute Laune stieg. Er war einmal zu dem Grauen Mann gegangen, um eine Spende für den neuen Tempel zu bitten, und er hatte tausend Goldstücke bekommen, ohne dass der Graue auch nur verlangte, sein Name sollte auf die Liste der Spender kommen oder der Altartisch nach ihm benannt werden.
»Die QUELLE wird dich segnen, Herr«, hatte Chardyn gesagt.
»Hoffentlich nicht«, hatte der Graue Mann erwidert. »Alle meine Freunde, die sie gesegnet hat, sind tot.«
»Du bist kein Gläubiger?«
»Die Sonne geht auf, ob ich nun glaube oder nicht.«
»Aber warum gibst du uns dann tausend Goldstücke?«
»Ich mag deine Predigten, Priester. Sie sind lebendig und machen nachdenklich, und sie ermutigen die Menschen, einander zu lieben und freundlich und mitfühlend zu sein. Ob die QUELLE nun existiert oder nicht, das sind Werte, die man hüten sollte.«
»Allerdings, Herr. Warum dann nicht gleich zweitausend?«
Der Graue Mann hatte gelächelt. »Warum nicht fünfhundert?«
Da musste Chardyn lachen. »Tausend sind reichlich, Herr. Ich habe nur gescherzt.«
Der Graue Mann stieg ab, band sein Pferd an und schlenderte zu der kleinen Gruppe herüber. Wie Chardyn bemerkte, bewegte er sich mit einer leichten Anmut, die Selbstvertrauen und Kraft ausdrückte. Er trug einen dunklen Schulterschutz aus Eisenringen über einem schwarzen Lederhemd, Lederhosen und Stiefel. Zwei Kurzschwerter hingen an seiner Hüfte, und über die Schulter hatte er eine kleine Doppelarmbrust geschlungen. Nirgendwo glitzerte etwas Metallenes an ihm, selbst die Kettenringe waren schwarz gefärbt. Wenn Chardyn auch die Priesterlaufbahn eingeschlagen hatte, war er doch in einer Offiziersfamilie aufgewachsen. Seiner Erfahrung nach würde kein Soldat zusätzliche Kosten auf sich nehmen, um seine Rüstung stumpf zu machen. Die meisten wollten auffallen, in der Schlacht glänzen. Die Kleidung des Grauen Mannes erzielte die gegenteilige Wirkung. Chardyn warf einen Blick auf den stahlgrauen Wallach. Die Steigbügel und Zügel und selbst die Schnallen an den Satteltaschen waren geschwärzt. Interessant, dachte er.
Der Graue Mann nickte Chardyn zu und verbeugte sich höflich vor dem Herzog.
»Deine Gesellschaft war nicht erbeten«, sagte der Herzog, »aber ich danke dir, dass du dir die Mühe machst, zu uns zu stoßen.«
Falls der Graue Mann den milden Tadel bemerkte, zeigte er es nicht. Er blickte zu der Reihe der Schützen. »Wenn der Nebel auftaucht, wird er sie überrollen«, sagte er. »Sie müssen dichter zusammenstehen. Sie müssen auch erfahren, dass sie sofort schießen müssen, wenn ein schwarzer Hund in Sicht kommt. Sein Biss enthält ein tödliches Gift.«
»Meine Männer sind gut ausgebildet«, sagte Graf Aric. »Sie können auf sich selbst aufpassen.«
Der Graue Mann zuckte die Achseln. »Es ist deine Entscheidung.« Er nahm den Kiatze-Krieger beim Arm und führte ihn tiefer in die Ruinen, wo sie angeregt miteinander sprachen.
»Er ist arrogant«, fauchte Aric.
»Er hat aber auch allen Grund dazu«, warf Chardyn ein.
»Was soll denn das heißen?«, fragte Aric.
»Genau das, was es heißt, Graf. Er ist ein Mann der Macht, und das liegt nicht nur an seinem Reichtum. Man sieht es in jeder seiner Bewegungen und Gesten. Er ist – wie mein Vater es ausgedrückt hätte – ein Mann gefährlicher Asche.«
Der Herzog lachte. »Es ist lange her, dass ich diesen Ausdruck gehört habe. Aber ich neige dazu, dir zuzustimmen.«
»Ich habe ihn noch nie gehört, Majestät«, sagte Aric. »Es klingt sinnlos.«
»Der Ausdruck stammt aus einer alten Geschichte«, erklärte der Herzog. »Es war einmal ein Gesetzloser namens Karinal Bezan, ein tödlicher Mann, der viele Menschen tötete, die meisten im Zweikampf. Er wurde gefangen genommen und dazu verurteilt, auf dem Scheiterhaufen
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