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Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition)

Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition)

Titel: Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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einen Augenblick lang, dann betätigte er einen versteckten Schalter unter seiner Schreibtischplatte und zur Verblüffung der anderen drei schwang in der Mauer hinter ihm eine Steintür auf. Sogar von ihren Standorten aus erblickten die Gesetzlosen den glitzernden Schatz, der im Geheimen von dem Prior gehortet wurde. Es war ein Versteck von Spiegeln – Dutzende davon. Einige waren groß und oval, mit schmuckvollen vergoldeten Rahmen. Andere waren schlicht, mit Holzeinfassungen. Einige waren Handspiegel, andere offenbar zum Aufhängen in großen Sälen gedacht. Ihre silberhellen Flächen waren alle auf Hochglanz poliert, ohne ein Fleckchen Staub darauf. Es handelte sich eindeutig um geliebte und hoch geschätzte Gegenstände, Artikel, die ständig von jemandem gepflegt und benutzt wurden.
    Der Prior drehte sich um und griff in sein Geheimlager, um dessen Inhalt zu streicheln. »Meine schönen Spiegel«, murmelte er. »Meine schönen, schönen Spiegel. Wer ist der Schönste von allen?«, fügte er hinzu, hob einen Handspiegel hoch und schaute hinein. »Man braucht nicht zu fragen.« Er befeuchtete die Pfote und glättete das Fell über seiner Stirn.
    Dann plötzlich fiel dem Prior offenbar wieder ein, dass er nicht allein war, und er wandte sich den drei erstaunten Wieseln zu. »Wir alle sind erbärmliche Sünder«, jammerte er. »Was soll ich euch sagen? Der Geist ist schwach. Ich bin so schön, dass ich der Verlockung, mich selbst zu bewundern, nicht widerstehen kann.«
    »Ihr habt von den Vogelscheuchen gesprochen«, erinnerte Grind ihn.
    Die Gesichtszüge des Priors verwandelten sich wieder in eine böse Grimasse. »Nehmt einen oder zwei und macht mit den Vogelscheuchen, was ihr wollt. Lasst sie leiden.«
    Dann machte er sich daran, die Spiegel durchzusehen. »Hier, nehmt den – nein, das ist einer meiner liebsten –, lieber den hier – nein, ich bringe es nicht fertig, mich von ihm zu trennen –, diesen vielleicht? Ach, ich drehe mich um und ihr sucht euch welche aus, aber nicht den mit den Goldbronzeengeln rund um den Rahmen und nicht den hübschen mit der goldenen Schwertlilie auf dem blauen Hintergrund – oh, oh, nehmt euch einfach irgendwelche und verschwindet. Hinaus mit euch! Und wenn ihr jemals ein Wort über meine Spiegel zu einer anderen Seele verliert, dann werde ich sehr unglücklich sein.«
    Die drei Wiesel gingen in das Versteck, jeder nahm zwei Spiegel, und dann beeilten sie sich, von diesem verrückten Mönch wegzukommen.



Sechsunddreißigstes Kapitel
    Die drei Wiesel verließen den geheiligten Ort und marschierten wieder zum Land der Vogelscheuchen.
    Als der Tag hell und das Licht gut waren, machten sich die drei Wiesel auf den Weg, um die Meute der wütenden Vogelscheuchen zu durchqueren. Sie hatten die Spiegel an langen Stöcken befestigt. Diese hielten sie hoch und drehten sie mal in diese, mal in jene Richtung, sodass die Vogelscheuchen sich ihnen nicht nähern konnten, ohne die eigenen Gesichter zu sehen.
    Als ihre Spiegelbilder eingefangen wurden und ihnen ihre abstoßende Erscheinung enthüllten, fielen die Vogelscheuchen zurück. Sie stießen gequälte Schreie aus, wie gefolterte Seelen. Sie stöhnten und umklammerten ihre Kleidung, pflückten das Stroh aus ihren Kehlen, entleibten sich selbst. »Zu dürr!«, riefen sie beim Anblick ihrer Gliedmaßen und Rümpfe. »Zu dürr! Zu dürr!«
    Es ist allgemein bekannt, dass Vogelscheuchen ihren eigenen Körper nicht sehen können, denn da ihre Hälse aus Stöcken gemacht sind, können sie diese nicht beugen. Sie können nicht auf sich selbst hinabsehen. Sie können den Kopf von rechts nach links drehen, sogar um die eigene Achse, aber sie können sich nicht unters Kinn blicken – das sie ohnehin nicht besitzen. Da sie keine Gelenke haben, können sie die Arme nicht über die Schultern heben.
    Sie waren Abbilder der Menschen, allerdings eine groteske Karikatur davon, und sie hassten sich nicht nur deshalb, weil sie Kopien waren, sondern weil sie schlechtere Kopien waren, weil sie kein Fleisch auf dem Steckenskelett hatten, weil sie keine weichen, gerundeten Stellen aufwiesen.
    »Abbilder!«, riefen sie voller Verzweiflung. »Abbilder!«
    Jede Vogelscheuche wusste offenbar, wie die anderen aussahen, aber insgeheim hegte wohl jede in ihrem Strohherzen die Hoffnung, dass sie selbst anders aussähe, dass sie nicht einen solchen Körper und Kopf hätte wie jene, die sie um sich herum erblickte. Jede träumte davon, eine ansehnliche Gestalt,

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