Weasels: Donnereiche (Weasels 1) (German Edition)
Sylber, dass es mir Leid tut. Wenn ich geschnappt werde, habe ich halt Pech gehabt. Ich ertrage diese Knechtschaft nicht länger. Schließlich bin ich kein Leibeigener.«
Grind sah sich um. Die Jäger lagen genau wie die Gesetzlosen allesamt in tiefem Schlaf auf ihren Lagern aus Stroh. Die Rauchschwaden von den verglimmenden Feuern hingen wie graue Ranken in der Luft. Baummarder, Hermeline und Wiesel lagen am Boden und auf Möbeln, drapiert wie schlaffe Lumpensäcke. Niemand bewachte den Ausgang. Wenn Kunicht das Weite suchen wollte, würde niemand ihn aufhalten. Allenfalls würde man am frühen Morgen Jagd auf ihn machen, nachdem die ersten Jäger aufgewacht wären.
»Viel Glück«, murmelte Grind mit schläfrigem Gesicht. »Ich hätte nicht übel Lust, mit dir abzuhauen, aber irgendwie bringe ich die Energie nicht auf.«
Grind schlief sogleich wieder ein. Kunicht, dem nichts so wichtig war wie seine eigene Sicherheit, fürchtete sich vor dem Abenteuer, allein in die Welt draußen zu gehen. Er kam zu dem Schluss, dass er Gesellschaft brauchte, also hob er Grinds schlaffe Gestalt mit einem Feuerwehrmannsgriff hoch und warf sie sich über die Schulter.
Mit Grind auf dem Rücken tapste Kunicht vorsichtig zwischen den reglosen Körpern hindurch bis zur nächsten Tür. Wie üblich in dieser Welt, die anfangs von Menschen bewohnt gewesen war, handelte es sich um eine kleine Tür, die in eine viel größere eingebaut worden war. Kunicht spuckte behutsam auf die Scharniere, um sie zu schmieren, dann öffnete er die Tür langsam Zentimeter um Zentimeter. Zu seiner großen Erleichterung quietschte sie nicht. Dann war er draußen in der Nacht und marschierte so schnell, wie Grinds Gewicht es ihm erlaubte, in Richtung der fernen Hügel davon.
Nach einer Weile wurde der Körper des anderen Wiesels für ihn zu schwer zum Tragen. Kunicht war nicht daran gewöhnt, Totgewicht herumzuschleppen, und er ließ Grind ins Gras fallen. Als er feststellte, dass es ihm immer noch nicht gelang, seinen Freund aufzuwecken, beschloss er, den Weg allein fortzusetzen. Jagdhalla war noch nicht weit entfernt, und er hatte die Zwangsvorstellung, dass die Jäger aufwachen und ein großes Getöse und Geschrei veranstalten würden. Er ließ Grind liegen, wo er lag, und stapfte weiter, eifrig darauf bedacht, diese Gegend, wo er die Beute von geschickten Verfolgern werden könnte, so schnell wie möglich zu verlassen.
Er brachte eine beträchtliche Entfernung zwischen sich und Jagdhalla, wobei er ab und zu stehen blieb, um Luft zu schöpfen. Nachdem er über die erste Hügelreihe hinweg war und die zweite erklomm, hörte Kunicht, dass jemand ihn verfolgte, und Angst wogte durch seinen geschmeidigen Körper. Er drehte sich um und schrie: »Tötet mich nicht. Ich komme ohne Theater zurück. Ich habe nur die Toilette gesucht. Im Dunkeln habe ich mich verlaufen. Ich wollte lediglich pinkeln.«
»Sei still, du Blödmann«, rief eine Stimme, die Kunicht sofort erkannte. »Willst du die ganze verdammte Gegend aufwecken?«
Erleichterung durchflutete Kunicht. »Grind? Bist du das? Äh… wie bist du denn hierher gekommen?«
»Weiß nich. Als ich aufwachte, lag ich auf einem Grasknubbel. Mein Kopf ist zum ersten Mal seit Wochen klar. Mir hat es da hinten nicht gefallen. Damit verglichen ging es mir noch besser, als ich den Dunghaufen vor meinem Dorf bewachte. Wenigstens konnte ich mit dem Mund Fliegen fangen, wenn ich das Ganze satt hatte. Aber dort gab es nichts als Rauch – und die Jäger sind schrecklich langweilig, was? Sie reden über nichts anderes als Jagen, Schießen und Angeln.«
Plötzlich gab es ein weiteres Geräusch im Gras hinter Grind und die beiden Wiesel erstarrten.
»Wer ist das?«, flüsterte Kunicht. »Ist dir jemand gefolgt?«
»Weiß nicht«, antwortete Grind. »Hab niemanden gesehn. Aber wir zwei sollten in der Lage sein, mit jedem beschissenen Jäger fertig zu werden. Geh du da hinter den Felsen. Ich verstecke mich hier im Gras. Wenn er vorbeikommt, springen wir ihn gleichzeitig an, verstanden?«
Kunicht sagte: »Ich bin mir nicht so sicher…« Doch das Rascheln kam näher, und er hatte keine andere Wahl, als das zu tun, was Grind vorgeschlagen hatte. Das Herz schlug ihm heftig in der Brust. Er war kein Wiesel, das für die Gewalt geschaffen war. Es lag ihm mehr, sich mit Worten aus Problemen herauszureden.
Grind verharrte bereits in Sprungstellung, um sich auf die Person zu stürzen, die sie verfolgte; also wurde Kunicht
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