Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
der Vorhersage eines Desasters –, um Byng so weit zu erschüttern, dass er die Lage falsch handhabte. Den Admiral schlecht aussehen zu lassen war schließlich eine der wirksamsten Methoden, um den Captain in ein positives Licht zu tauchen! Zu Mizawas Pech war Byng ein wahrer Meister in diesem Spiel.
»Wissen Sie, Sir«, begann Aberu langsam, als gefalle ihr nicht besonders, was sie sich sagen hörte, »es wäre möglich, dass Mizawa nicht unrecht hat.«
»Gütiger Himmel, Ingeborg!« Byng sah sie fassungslos an. »Springen Sie jetzt auch auf diesen Zug nach Paranoia auf?«
»Nein, Sir«, erwiderte Aberu rasch. »Aber von OPZ habe ich die gleiche Gravimpulsortung erhalten.« Mit einem Neigen des Kopfes wies sie auf ihre Konsole. »Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Vorstellung absurd ist, einen Überlichtsender in eine kleine Drohne zu packen, aber wir fassen jedenfalls solche Impulse auf, ohne dass wir die Quellen finden können, so angestrengt wir auch danach suchen. Das habe ich gemeint, als ich sagte, dass Mizawa vielleicht nicht unrecht hat.«
»Na, was immer da sendet, Aufklärungsdrohnen sind es keine«, erwiderte Byng verstimmt. »Selbst wenn wir einmal annehmen, die Manticoraner hätten eine Möglichkeit gefunden, den Energiebedarf zu decken, und dann hätten sie etwas entwickelt, das eine nennenswerte Bandbreite erlaubt, und sie hätten es sogar geschafft, das Ganze in einen Drohnenrumpf zu zwängen – woher zum Teufel sollen die Dinger denn gekommen sein? Diese manticoranischen Zerstörer hätten sie so dicht bei uns nicht gebraucht, und sie hatten keine Zeit, sie auszusetzen, nachdem wir das Feuer auf sie eröffnet haben! Und diese neuen Mantys sind noch keine zehn Minuten im System! Was immer sie auch für eine Sendertechnik besitzen, auf keinen Fall konnten sie so rasch Aufklärungsdrohnen in unsere Nähe bringen. Nicht ohne dass sie auch irgendeinen Überlichtantrieb entwickelt hätten, und ich möchte wissen, welche Art Stealth-System eine Energiesignatur dieser Art auf diese Entfernung vor uns verstecken könnte!«
»Nein, Sir. Selbstverständlich«, sagte Aberu und wandte sich wieder ihrer Konsole zu.
»Die Solarier sollten unsere erste Sendung etwa jetzt empfangen«, meldete Commander Edwards an Michelle.
Sie sah von ihrem leisen Gespräch mit Lecter und Adenauer auf. »Danke, Bill«, antwortete sie. Sie lächelte den Signaloffizier an, dann wandte sie sich wieder Stabschefin und Operationsoffizier zu.
»Äh, Admiral, wir … haben gerade einen Rafferspruch von den Bogeys empfangen. Er ist an Sie gerichtet, Sir.«
»Namentlich?«, fragte Byng.
»Jawohl, Sir«, bestätigte Captain MaCuill.
Der Signaloffizier klang nicht sonderlich froher, als Byng zumute war, und der Admiral blickte Thimár an – deren Miene die gleiche Sorge zeigte wie sein Gesicht. Auf keinen Fall konnten die Manticoraner wissen, dass er in New Tuscany war. Sie konnten nicht einmal wissen, dass überhaupt eine solarische Einheit sich im New-Tuscany-System aufhielt. Es sei denn …
Ein plötzliches Frösteln erfasste sein Herz, als die Gedankenkette, der Nicholas Pelisard bereits gefolgt war, auch durch sein Gehirn strömte.
Wenn die Manticoraner eine Streitmacht dieser Größe – die zudem gleich nach ihrer Ankunft ausdrücklich nach ihm fragte – so schnell nach der Vernichtung ihrer Zerstörer zusammengestellt und nach New Tuscany entsandt hatten, blieb nur eine Schlussfolgerung: An jenem Tag waren nicht drei manticoranische Schiffe eingetroffen, sondern vier. Eine andere Erklärung gab es nicht. Die Zeit reichte gerade, dass das vierte Schiff, wahrscheinlich ebenfalls ein Zerstörer, die Rückreise zur manticoranischen Zentralbasis im Spindle-System gemacht haben konnte, und dann der Verband, den er jetzt vor sich sah, nach New Tuscany entsandt worden war. Selbst dann mussten die manticoranischen Befehlsstellen die Entscheidung innerhalb weniger Stunden nach Ankunft ihrer überlebenden Einheit getroffen haben, und auf jemanden, der an das Schneckentempo gewöhnt war, mit der die Solare Liga Politik formulierte, wirkte die Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung beinahe so erschreckend wie alles andere.
Und vielleicht haben Mizawa und Ingeborg doch nicht unrecht, dachte er eisig. Ich sehe zwar noch immer nicht, wie man so etwas in eine Aufklärungsdrohne quetschen könnte. Es erscheint einfach als Ding der Unmöglichkeit … es sei denn, es wird eine Art verteilter Architektur benutzt? Zahlreiche
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