Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
gezeigt. Ich bin da nicht ganz sicher, und unter normalen Umständen würde ich die Möglichkeit aus vielen Gründen nicht einmal andeuten wollen, aber ich neige im Moment zu der Annahme, dass Aberu sich den Zeitpunkt, an dem sie den Admiral informierte, sehr gut ausgesucht hat.« Askew riss die Augen auf, und der Erste Offizier schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, normalerweise würde ich Ihnen so etwas nicht einmal andeuten. In diesem Fall jedoch stecken Sie, um ehrlich zu sein, derart tief in der Tinte, dass Sie meiner Ansicht nach ganz genau wissen sollten, wer hier mitspielt und was er vorhaben könnte.«
»Ma’am, für mich hört sich das an, als gerieten wir da in Dinge, die weit über meiner Soldklasse liegen«, sagte Askew nervös, und Bourget lachte noch barscher auf, als sie geschnaubt hatte.
»Ich werde es einfach halten. Ingeborg Aberu und Admiral Thimár haben beide enge persönliche und familiäre Beziehungen zu … nennen wir es verschiedenen industriellen Interessengruppen im Verteidigungssektor. Beide haben ihre gesamte Laufbahn auf der taktischen Schiene zugebracht, und beide haben sich – wenigstens in der Schlachtflotte – einen Ruf als Innovatoren erarbeitet. Insbesondere gehörte Admiral Thimár zu den ranghöchsten Stabsoffizieren in der Initiative ›Fleet 2000‹. Sie war sogar Erstautorin des Abschlussberichts.«
Askew hätte es beinahe geschafft, das Gesicht nicht zu verziehen. Ursprünglich war das Programm Fleet 2000 ein Baby der Schlachtflotte, auch wenn es sich mittlerweile ausgebreitet hatte und sogar in der Grenzflotte seine Anhänger fand. Im Grunde warb es auf gute, altmodische Art für die Navy und kombinierte das mit einer mehr oder weniger auf modernisiertem Gerät beruhenden Reaktion auf die extremeren Gerüchte über die manticoranisch-havenitischen Kriege.
Die Etatgestaltung innerhalb der gigantischen Solaren Liga war mehr eine verwaltungstechnische als legislative Angelegenheit, und das ging schon seit Jahrhunderten so. Dennoch spielte die öffentliche Meinung eine nicht unwesentliche Rolle bei der Entscheidung, wie Mittel zwischen konkurrierenden Bürokratien aufgeteilt werden sollten, und daher hatte man Fleet 2000 ins Leben gerufen. Auf der untersten Ebene konnte das Programm möglicherweise als Versuch zur »gesellschaftlichen Aufklärung« beschrieben werden, mit dem eine weitgehend unwissende solarische Öffentlichkeit über die wertvollen Dienste informiert wurde, die die Navy ihr erwies, während die Menschheit in das zwanzigste Jahrhundert der interstellaren Raumfahrt eintrat. In dieser Eigenschaft gehörten dazu Holo-Drama-Beiträge wie »Unsere Navy im Gefecht« und »Die Männer und Frauen der Flotte«, die sich beide hauptsächlich auf die Schlachtflotte konzentrierten und auf sämtlichen Unterhaltungskanälen immer wieder gesendet worden waren.
Die Grenzflotte erhob keinerlei Einwände gegen den Gedanken, dass der Navy zusätzliche Mittel zuflossen, hatte sich aber – lautstark – der Idee in den Weg gestellt, dass die Mittel auf Weiße Elefanten verwendet wurden wie die Superdreadnoughts der Schlachtflotte statt auf die Schlachtkreuzer und sogar Zerstörer der Grenzflotte, die hin und wieder vielleicht tatsächlich etwas Nützliches zuwege brachten. Infolgedessen hatte das Amt für Öffentliche Information der Grenzflotte reagiert und HDs wie »An den Grenzen der Freiheit« und »Helfer vor Ort« produziert.
Besonders »Helfer vor Ort« war sehr wirksam gewesen, indem es sich auf die vielen Fälle von Katastrophenhilfe, Raumnotrettung und anderer humanitärer Aufgaben konzentrierte, die routinemäßig von der Grenzflotte durchgeführt wurden.
Die andere Stoßrichtung von Fleet 2000 war der nachdrückliche Versuch, die Öffentlichkeit damit zu beeindrucken, welche Leistungen – und welche Tüchtigkeit – sie für ihre üppige Flottenfinanzierung erhielt. Selbst Taktischer Offizier, hatte Askew diesen Teil des Programms misstrauisch betrachtet (um es milde auszudrücken). Zwar hatte es durchaus einige echte Fortschritte gegeben, und die Veränderung des Bedrohungsniveaus, wo Lenkwaffen ins Spiel kamen, war in Ansätzen erkannt worden, aber niemals in dem Ausmaß, das die Propagandafilme nahelegten. Tatsächlich war weitaus mehr Mühe darauf verwendet worden, den Schein zu wahren und die Schiffe der Navy und ihre Ausrüstung im HoloDrama noch beeindruckender wirken zu lassen.
Konsolen waren überarbeitet und in Brücken und Cockpits neu angeordnet
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