Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
deinen Pflichten gehört, mich zu warnen, wenn du glaubst, ich könnte mich zu tief ins Wasser wagen, nicht wahr?«
»Oh ja, gewiss.« Benjamin lachte leise. »Das Problem ist nur, dass außer dir keiner sämtliche verflochtenen – um nicht zu sagen machiavellistischen – Details kennt, die du in deinem Kopf wälzt. Manchmal ist es für uns Außenstehende schwierig, zwischen Geniestreich und Irrsinn zu unterscheiden.«
»Dein Sohnesrespekt überwältigt mich«, erwiderte Albrecht trocken, und Benjamin lachte wieder stillvergnügt in sich hinein. Allerdings, überlegte Albrecht, verbarg sich in den Kommentaren seines Sohnes zumindest ein winziges Körnchen Wahrheit. So war es bei Benjamin meistens. Von all seinen »Söhnen« war es wahrscheinlich Benjamin, der es am ehesten ausgesprochen hätte, wenn er glaubte, Albrecht käme auf gefährliche Weise vom rechten Kurs ab.
Wahrscheinlich, weil Benjamin mir alles in allem am ähnlichsten ist, dachte Albrecht. Das ist schließlich der Grund, weshalb ich ihn für die militärische Seite ausgesucht habe. Und – Albrechts Blick konzentrierte sich wieder auf den Sichtschirm – bisher hat er uns alle stolz gemacht. Nun ja, er und Daniel und Daniels kleine Wunderwerkstatt.
Dem beiläufigen Betrachter konnten die Bilder auf dem Schirm nicht sonderlich aufregend vorkommen … man musste schon wirklich begreifen, was man auf ihnen sah. Für Albrecht hatte kein zwingender Grund bestanden, sich an Bord von Benjamins Jacht zu begeben und das Ereignis aus derart kurzer Entfernung zu beobachten. Genau die gleichen Bilder hätte er aus der Sicherheit seines Büros betrachten können. Doch Albrecht wusste, was er sah, und durch seine Knochen strömte eine kollektive Erinnerung an sechshundert T-Jahre Planung und Anstrengung, Schweiß und Tränen, gewaltiger Investitionen und noch gewaltigerer Geduld aufseiten ganzer Generationen, die nun nicht hier bei ihm sein konnten, während er zusah. Er hätte sich unmöglich fernhalten können. Er musste physisch so nahe wie möglich an den Einheiten für Oyster Bay sein, und wenn das unlogisch sein sollte, so war es ihm völlig egal.
Er sah zu, wie die gewaltigen Frachter sich in Bewegung setzten. Keineswegs handelte es sich um die größten Frachter der Galaxis, nicht einmal ansatzweise, doch waren es dennoch große, solide Schiffe, und sie maßen alle wenigstens vier Millionen Tonnen. Für ihre gegenwärtige Rolle waren sie sorgsam modifiziert worden. Ihre Frachttore waren beträchtlich größer als üblich, und die Frachträume hinter den Toren hatte man umgestaltet, damit sie den fregattengroßen Scoutschiffen der Ghost -Klasse, die sich in ihnen verbargen, sichere Nester boten.
In den Annalen der interstellaren Kriegsführung waren sie etwas vollkommen Neues, diese Scoutschiffe, und er wünschte, sie hätten mehr von ihnen – Hunderte. Aber sie hatten sie nicht. Der Bestand an neuen Schiffen mit Spider-Antrieb war extrem begrenzt, und er hatte so gut wie alle davon für diesen Einsatz freigegeben. Wenn ihnen nur einige Monate – noch ein oder zwei T-Jahre – mehr geblieben wären, um sich vorzubereiten, so wäre er viel glücklicher gewesen.
Aber hierzu haben wir genug davon, versicherte er sich beinahe grimmig und ließ die Augen über die andere Hälfte von Oyster Bay schweifen.
Die Angriffsschiffe der Shark- Klassewaren erheblich größer als Commodore Ostbys und Commodore Sungs Scouts. Ein Gondelleger musste groß sein, auch wenn es sich hier noch immer in vielerlei Hinsicht um Prototypen handelte. Sie hatten nur achtundzwanzig Exemplare, aufgeteilt zwischen Admiral Topolevs Kampfverband 1 und Admiral Colensos viel kleinerem Kampfverband 2. Auf dem Reißbrett gab es schon wesentlich größere Einheiten mit weit mehr Magazinvolumen. Entwürfe, die zu keinem geringen Teil auf den Erfahrungen beruhten, die Benjamin und seine Leute bei der Konstruktion der Schiffe gewonnen hatten, die sich im Moment unter Topolevs und Colensos Befehl befanden. Einige dieser größeren Schiffe traten bereits in die erste Bauphase. Und erneut wünschte Albrecht Detweiler, sie hätten warten können, bis diese größeren Schiffe in größeren Stückzahlen zur Verfügung standen. Doch der Schlüssel zu allem war der richtige Zeitpunkt, und die beiden Admiräle besaßen genügend Kampfkraft für die Mission, mit der sie beauftragt waren.
Albrecht war kein Militärexperte wie Benjamin, aber selbst er konnte sagen, dass die Sharks ein wenig falsch
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