Weber David - Schwerter des Zorns - 2
sozusagen.«
»Holla, nicht so hastig!« protestierte Bahzell. »Ist das nicht etwas
übertrieben …?«
»Ach, hör auf zu meckern, Bahzell! Oder willst du behaupten, dass
der Junge nicht die Kraft dazu hätte?«
»Was das betrifft«, meinte Bahzell mit einem kurzen Blick auf Vai
jon, den der junge Ritterproband nicht deuten konnte, »möchte ich
mich noch nicht festlegen. Wahrscheinlich schon, letztlich und end
lich, aber …«
»Vertrau mir, Bahzell«, beschwichtigte ihn Tomanâk. »Es ist eine
ausgezeichnete Idee, wenn ich das so sagen darf, auch wenn sie von
mir stammt. Und nachdem wir das so schön einvernehmlich gere
gelt haben, kann ich ja wieder gehen.«
»Aber …« Bahzell klappte seinen Mund mit einem vernehmlichen
Klacken zu, als Tomanâk ebenso plötzlich verschwand, wie er auf
getaucht war. Der Pferdedieb starrte auf die Stelle, an der eben noch
der Gott erschienen war, knurrte etwas Unverständliches, schob sei
nen Schild vom Arm und steckte das Schwert in die Scheide. Er
stand mit verschränkten Armen mitten im Saal und schaute hoch,
als er das tiefe Schweigen wahrnahm, das um ihn herum herrschte.
Er schaute in Dutzende von Augenpaaren, die ihn ehrfürchtig be
trachteten. Die Ritter und Laienbrüder knieten noch immer, selbst
Yorhus und Adiskael, und hatten die Augen vor Staunen und Ent
zücken weit aufgerissen. Bahzell zuckte unbehaglich mit den Schul
tern.
Das sieht Ihmselbst ähnlich, dachte er missmutig. Flackert auf und
erlischt wie eine billige Kerzenflamme.
»Keine billige Kerze, Bahzell«, tadelte ihn eine Stimme im Hinter
kopf. »Und statt nutzlos herumzustehen und sich ausgenutzt zu
fühlen, wäre es da nicht eine gute Idee, Vaijons Arme zu heilen? Im
merhin hast du sie ihm ja zertrümmert.«
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»Wird dir das nicht allmählich etwas lästig?« erkundigte sich Bran
dark so leise, dass niemand sonst ihn hören konnte und quittierte
Bahzells tödlichen Blick mit einem Grinsen. Die beiden Laienbrüder,
die mit einer tiefen, respektvollen Verbeugung zur Seite getreten
waren, um den beiden Hradani den Vortritt zu lassen, sahen ihnen
ehrfürchtig nach, und der Pferdedieb beugte sich zu seinem Freund
hinüber.
»Aye, ich habe es tatsächlich langsam satt«, erklärte er ebenso lei
se, »und ich überlege, an wem ich meine Gereiztheit am besten aus
lassen sollte.«
»Ach was? Und? Hast du schon jemanden im Sinn?«
»Bis eben noch nicht.«
Brandark lächelte, ging jedoch nicht auf diese Spitze ein. Er war
sich zwar ziemlich sicher, dass Bahzell nur scherzte. Die schlechte
Laune des Pferdediebes war jedoch nicht gespielt, und manchmal
schien es klüger, nicht zu versuchen, eine Theorie zu verifizieren.
Dann konnte sie sich auch nicht als falsch herausstellen.
Mit derselben Ehrerbietung, mit der ihnen die beiden Laienbrüder
begegnet waren, traten ihnen in den letzten zwei Tagen auch alle an
deren Ordensbrüder gegenüber. Bahzell konnte damit noch schlech
ter umgehen, als mit der Feindseligkeit, die ihr vorangegangen war.
Mit Ablehnung fertig zu werden, lernte jeder Hradani sehr schnell,
wenn er durch die anderen Menschenländer reisen wollte. Bewun
derung, Ehrfurcht, ja fast schon Vergötterung dagegen waren etwas
ganz anderes, und nur wenigen Hradani – wenn überhaupt welchen
– hatte sich jemals die Notwendigkeit aufgedrängt, damit auszu
kommen.
Dennoch konnten ihr die beiden jetzt nicht entfliehen. Natürlich
wussten die Ritter des Tomanâk, dass alle Paladine von ihrem Gott
persönlich auserkoren wurden. In Bahzells Fall jedoch handelte es
sich nicht nur um bloßes Wissen. Tomanâk hatte sich Höchstselbst
manifestiert, um seine Wahl zu unterstreichen. Von Bahzells Stand
punkt aus betrachtet war es jedoch weit schlimmer, dass Er wieder
verschwunden war und ihn, Bahzell, der ungehemmten religiösen
Bewunderung seiner Anhänger ausgeliefert hatte. Selbst Yorhus und
Adiskael, nein, gerade Yorhus und Adiskael scheuten keine Mühe,
um ihre Treue Tomanâk und Bahzell gegenüber zu zeigen. Wenigs
tens taten sie das in dieser Reihenfolge.
»Eigentlich«, fuhr Brandark fort, als sie die geräumigeren Quartie
re erreichten, in welche Bahzell auf Herrn Charrows und Mistress
Quarelles nachdrücklichen Befehl hin verlegt worden waren, und
zwar unmittelbar nach dem »Hohen Besuch«, wie Brandark das
Auftauchen Tomanâks nannte, »eigentlich hat sich unsere Lage ver
bessert. Ich verstehe natürlich, dass es ein bisschen lästig ist, wenn
die Leute förmlich vornüberkippen, während sie sich vor dir
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