Weber David - Schwerter des Zorns - 2
hätte er alle Bogenschützen versammelt, derer er
habhaft werden konnte, und den Angriff mit einem Pfeilhagel be
gonnen. Es war sehr gut möglich, dass genau dies passierte. Aber
seine Leute konnten nichts tun als weiterreiten und hoffen, dass die
Pfeile von ihren Rüstungen abprallten. Was sehr wahrscheinlich
war, es sei denn, sie bekamen es mit Langbögen oder schweren
Armbrüsten zu tun. Wenn jemand sie angreifen wollte, würde das
vermutlich in der Kurve vor ihnen geschehen, wo die Bäume dicht
standen und fast bis an die Straße reichten. Ihnen blieb nichts übrig,
als ihrem Feind geradewegs in die Arme zu reiten.
Bahzell lächelte böse. Allerdings nicht so arglos, wie dieser Feind
es erwartete. Verheerender als ein Hinterhalt auf einen ahnungslo
sen Feind war der unvermutete Gegenangriff eines Feindes, den die
jenigen, die im Hinterhalt lauerten, für ahnungslos hielten. Bahzell
kannte beide Seiten aus eigener Erfahrung, und er wusste, dass
Männer, die sich im Vorteil wähnten, diesen kurzen Überraschungs
moment erwarteten, in dem der Feind schockiert war und versuchte
zu begreifen, was überhaupt vorging. Wenn diejenigen, die aus dem
Hinterhalt stürmten, diesen Überraschungsmoment aber nicht er
zielten, wechselte der Vorteil sofort auf die Seite der Angegriffenen.
Nur erfahrene Soldaten konnten in einen Hinterhalt reiten, ohne
sich anmerken zu lassen, dass sie es wussten. Bahzell kannte seine
Männer mittlerweile gut und war dennoch von ihren Fähigkeiten
beeindruckt. Obwohl ihre Kompetenz eigentlich fast selbstverständ
lich war, wenn man bedachte, welchem Orden sie angehörten. Die
Kolonne zog sich hier und da ein bisschen auseinander, aber so
langsam und beiläufig, dass selbst er keinen Verdacht geschöpft hät
te. Die beiden zusätzlichen Kutscher auf den Böcken waren unter
den Fellplanen der Wagen verschwunden, zweifellos, um Armbrüs
te für sich und die Männer auf der linken Seite zu spannen. Die
sechs Laienbrüder, die die Südseite der Wagen flankierten, die dem
Gehölz abgewandt war, hielten ihre kurzen Reiterbögen ebenfalls
schussbereit und benutzten die Wagen als Deckung. Bahzell nickte
zufrieden. Wenn ein Angriff erfolgte …
Vaijon und Harkon ritten nebeneinander zu der Stelle, wo der
Wald am dichtesten an die Straße reichte, und plötzlich rührte sich
etwas unter den Bäumen. Jemand anders als Bahzell Bahnakson hät
te es vielleicht nicht gesehen, er jedoch riss seine Arbalest bereits an
die Schulter und zielte. Der Bogen schnappte und der Armbrust
schütze, der auf Vaijon gezielt hatte, schrie auf, als der Bolzen seine
Schulter an einen Baum nagelte.
Jemand stieß einen wütenden Schrei aus, und im nächsten Augen
blick feuerte ein Dutzend Armbrüste eine Salve aus der Baumde
ckung heraus. Der Ritter hinter Vaijon fiel ohne einen Laut aus sei
nem Sattel, der Laienbruder neben ihm fluchte und packte den kurz
en, stumpfen Schaft, der plötzlich aus seinem linken Schenkel her
ausragte, mit der Hand. Vaijon selbst wurde von einem anderen Bol
zen gegen die Brust getroffen. Glücklicherweise war der Aufprall
winkel so stumpf, dass er von seinem Panzer abglitt und nur ein
großes Loch in seinen Poncho riss. Harkon hatte weniger Glück,
denn sein Pferd erwischte ein Bolzen kurz hinter der linken Vor
hand. Es ging mit einem schrillen Wiehern zu Boden. Wenigstens
hatte der Ritterkommandeur mit dem Angriff gerechnet und rutsch
te gerade noch rechtzeitig aus den Steigbügeln. Er rollte sich ab und
stand sofort wieder auf den Beinen, das Schwert in der Hand. Im
selben Augenblick wieherte ein weiteres Pferd qualvoll auf, brach
zusammen und schleuderte den Laienbruder aus seinem Sattel in
den Schnee. Mehr Schaden jedoch richteten die heimtückischen
Armbrustschützen nicht an, und jemand anders schrie unter den
Bäumen auf, diesmal vor Verblüffung, als die ganze »überrumpelte«
Kolonne scharf nach links einscherte und selbst angriff.
Für kurze Zeit regte sich unter den dunklen, drohend aufragenden
Bäumen nichts, dann jedoch sprangen Gestalten dazwischen hervor.
Sie griffen in kleinen Gruppen an, wie Wasser, das durch Löcher in
einem Deich sickert. Ihre Unordnung verriet, wie überrrascht sie
waren. Diese Männer hatten erwartet, Opfer anzugreifen, die bereits
einen Großteil ihrer Kämpfer durch Armbrustsalven verloren hat
ten, und deren Überlebende durch diesen überraschenden Hinter
halt wie gelähmt wären. Bahzell schüttelte angewidert den Kopf,
während er seine Arbalest erneut
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