Weber David - Schwerter des Zorns - 2
einen Augenblick nach und lachte
dann leise. »Weißt du, irgendwie gefällt mir diese Vorstellung. So
weit ich weiß, verstößt es auch nicht gegen den Kodex, jemandem
nur etwas Angst einzujagen, um ihn zum Reden zu bringen.«
»Was das betrifft, Milady …« Vaijon brachte ihnen vom Feuer
zwei Becher mit dampfendem Tee. »Wir können immer noch hoffen,
dass sie ihren Kapitulationsschwur verletzen.«
»Ich glaube nicht, dass es Tomanâks Auslegung Seiner Regeln ent
spricht, dass eine Verletzung des Kapitulationskodexes Seine Ge
folgsleute selbst von den Vorschriften Seines Kodex befreit«, erwi
derte Kaeritha trocken, während sie ihm einen Becher abnahm. Vai
jon nickte zwar ernüchtert, doch das Funkeln der Hoffnung in sei
nen Augen strafte seine äußere Einsicht Lügen. Kaeritha schüttelte
den Kopf. »Ihr beide habt euch wirklich verdient«, erklärte sie und
schwenkte ihren Becher zwischen den beiden hin und her. »Entwe
der verdirbt Bahzells Einfluss dich, Vaijon, oder du hattest schon
immer unbewusst einen tückischen Zug von Bauernschläue in dir.«
»Mit Verlaub, Milady!« protestierte Vaijon, richtete sich auf und
schaute sie hochmütig an. »Schlau ist ja ganz gut, und tückisch mag
auch noch hingehen, aber Bauern? Meinen Vater würde der Schlag
treffen, wenn er das hörte! Ich bin ein Almerhas von Almerhas,
müsst Ihr wissen!«
»Wissen wir das nicht alle?« konterte Kaeritha, und er lachte. Er
wollte etwas sagen, als sich Herr Harkon ihnen näherte. Wencit und
Brandark begleiteten den Ritterkommandeur, der vor ihnen stehen
blieb und grimmig die Hand ausstreckte.
»Wir haben das hier an einem ihrer Toten gefunden, Milord«, sag
te er zu Bahzell. Seine Stimme klang sachlich, und der Pferdedieb er
starrte, als er die goldene Kette und den Anhänger erkannte. Er zö
gerte, nahm sie dann vorsichtig entgegen und hielt sie hoch, damit
Kaeritha sie ebenfalls sehen konnte. Der Anhänger bestand aus einer
fingerlangen Nachbildung eines etwa einen Zentimeter großen Skor
pions, der auf einem ovalen Smaragd hockte. Der Schwanz mit dem
Giftstachel war drohend erhoben und seine Augen bestanden aus
winzigen, rot glühenden Rubinen. Es war eine wundervolle Gold
schmiedearbeit, und Kaeritha zischte, als sie ihre Bedeutung erkann
te.
»Sharnâ? Hier?« Sie warf einen finsteren Blick auf das Symbol des
Gottes der Dämonen und Meuchelmörder.
»Warum denn nicht?« erwiderte Brandark freudlos und zuckte mit
den Schultern, als sie ihn überrascht anblickte. »Die alte Dämonen
brut kann uns seit letztem Herbst nicht mehr besonders gut leiden,
vor allem Bahzell nicht. Obwohl sich sein Missfallen auf alle in sei
ner Nähe überträgt. Soweit ich gehört habe, hätschelt er seinen Groll
sehr, sehr lange. Allerdings scheint er nicht besonders einfallsreich
zu sein. Er hat tausend Werst und mehrere Dutzend Wolfsbrüder
verschwendet, um uns in einen Hinterhalt zu locken. Es hat nie rich
tig geklappt, aber er scheint wirklich stur entschlossen zu sein, es so
lange zu versuchen, bis es endlich gelingt.«
»Das habe ich nicht gemeint.« Kaeritha nahm Bahzell den Skorpio
nanhänger ab. Das Widerstreben, mit dem sie das Schmuckstück an
fasste, war offenkundig. Sie drehte ihn um und tippte mit dem Fin
gernagel an den Smaragd, auf dem der Skorpion hockte. »So etwas
würden Wolfsbrüder niemals tragen, Brandark. Trotz ihrer einge
standenen Verbindung zu Sharnâ ist die Loge der Meuchelmörder
nicht sonderlich fromm, und das hier ist das Abzeichen eines Pries
ters von Sharnâ.« Sie sah Harkon an. »Habt Ihr Wolfsbrüder unter
den Toten gefunden?«
»Keine«, antwortete Harkon und sah Wencit fragend an.
»Keine«, bestätigte der Zornige Zauberer. »Wir haben sehr sorgfäl
tig nach Tätowierungen gesucht, nachdem wir das da«, er deutete
auf den Anhänger, »gefunden hatten.«
»Verstehe.« Bahzell lehnte sich auf dem Felsbrocken zurück. Er
trank einen Schluck Tee, rieb sich die Nase und legte die Ohren an.
Er fühlte, wie ihn die anderen beobachteten, ließ sich jedoch Zeit,
während er über die spärlichen Hinweise nachdachte, die er hatte.
»Es gibt meiner Meinung nach«, sagte er schließlich, »nur eine ein
zige Erklärung. So abscheulich es auch sein mag, die Dämonenbrut
ist trotzdem ein Gott. Deshalb weiß sie vermutlich, was wir vorha
ben. Wie Brandark sagte, Sharnâ ist in der Vergangenheit vor nichts
zurückgeschreckt, um uns zu erledigen. Andererseits wagen es wohl
selbst die Dunklen Götter nicht, sich zu offen
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