Weber David - Schwerter des Zorns - 3
gab Leeana zu, »das habe ich nicht. Aber«, fuhr sie tapfer
fort, »ich finde bestimmt eine Möglichkeit, es mir zu verdienen.«
»Hmmm, ich nehme an, das wäre schon möglich«, räumte die junge Kriegsbraut ein. »Es gibt immer besondere Aufgaben, die erledigt
werden müssen, und wir können damit für gewöhnlich auch den
einen oder anderen Kormak verdienen. Aber wie gesagt, du wirst
kaum Zeit für so etwas haben.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.« Leeana seufzte.
»Von wegen ›wahrscheinlich‹«, schnaubte Garlahna. »Ich habe Recht. Aber«, fuhr sie forsch fort, »wir sollten nicht herumstehen
und plaudern. Hundert Erlis wird mich in den Hintern treten, wenn
ich dich nicht vor dem Abendessen in deiner Unterkunft untergebracht habe. Also komm mit! Wir gehen erst zur Verwaltung, wo sie
uns deinen Raum zuweisen, und dann zur Hauswirtschaft, wo sie
dir Wäsche ausgeben.« Sie grinste anzüglich. »Da kannst du dann
diese engen Klamotten ausziehen und für dein eigenes Chart und
Yathu Maß nehmen lassen.«
22
E NDLICH SCHIEN SICH Chemalka entschieden zu haben, mit ihren Regenstürmen woanders zu spielen.
Kaeritha grinste bei dem Gedanken. Sie stand auf der Veranda des
Gasthauses in Kalatha, hielt einen Becher mit heißem Tee in der
Hand und schaute in den dunstigen Morgen hinaus. Tellian und seine Leibgarde hatten die Gastfreundschaft der Kriegsbräute abgelehnt und waren noch am späten Nachmittag des vorherigen Tages
wieder in Richtung Balthar aufgebrochen. Allerdings waren sie sicher nicht weit geritten. Drei Meilen von Kalatha entfernt lag an der
Kreuzung zur Hochstraße nach Magdalas eine große Postherberge.
Sie war davon überzeugt, dass sie dort Halt gemacht hatten, damit
ihre Pferde ein oder zwei Tage ausruhen konnten. Wie dringend
Tellian auch zu Hanatha und Schloss Hügelwacht zurückkehren
wollte, er war doch ein Sothôii. Kein Sothôii würde ein Pferd zu
Schanden reiten, wenn er auch nur die geringste Wahl hatte.
Ebenso sicher war sich Kaeritha, dass Tellian Yaliths gastfreundliches Angebot nicht aus Zorn oder Pikiertheit abgelehnt hatte. Dennoch war es vermutlich ganz gut, dass er es getan hatte. Was auch
immer er selbst empfinden mochte, das grimmige Verhalten seiner
Leibgarde hätte sicherlich Reibereien hervorgerufen, die leicht zu einem ernsten Zwischenfall hätten ausufern können.
Ihr Grinsen erlosch, als sie das Gesicht verzog, und sie schüttelte
enttäuscht den Kopf, bevor sie noch einen Schluck Tee trank. Tellians Warnung, viele seiner Gefolgsleute würden Kaeritha die
Schuld an Leeanas Verhalten geben, hatte sich als nur zu wahr erwiesen. Seine Leibgardisten waren viel zu diszipliniert, um ihre Wut
zu zeigen, nachdem ihr Lord die Lage öffentlich bejaht hatte. Aber
Kaeritha brauchte keine Zauberkraft, um die Feindseligkeit in den
Blicken zu erkennen, die seine Männer ihr zuwarfen. Sie hoffte nur,
dass sich ihr Ärger nicht auch auf Bahzell und Brandark übertrug,
wenn sie nach Balthar zurückkehrten. Und selbst wenn, Bahzell
würde sich dieses Problems schon annehmen. Was er dann, dachte
sie ironisch, zweifellos auf seine höchst eigenwillige, unnachahmliche Art tun würde.
Sie trank noch einen Schluck Tee und sah zu, wie die Sonne über
die schlammigen Felder stieg, die Kalatha umgaben. Es würde heute
wärmer werden und die Sonne würde den Dunstschleier vertreiben.
Sie hatte den Exerzierplatz und eine geräumige Übungshalle hinter
dem städtischen Waffenarsenal bemerkt, an der sie bei ihrer Ankunft vorbeigeritten war. Jetzt fragte sie sich, ob Balcartha Evahnalfressa, Yaliths Kommandeuse der Stadtwächterinnen, etwas dagegen hätte, wenn sie sich für eine Stunde die Nutzung des Saals erbat. Sie vermisste ihr regelmäßiges morgendliches Waffentraining.
Darauf hatte sie verzichtet, als sie und Leeana so schnell wie möglich nach Kalatha geritten waren. Aber nach allem, was sie gehört
hatte, war ihre zweihändige Kampftechnik unter den Kriegsbräuten
keineswegs unbekannt. Wenn sie jemanden fand, der mit ihr übte,
konnte sie vielleicht ein paar neue Tricks lernen.
Sie leerte den Becher, ging wieder in ihr Zimmer zurück und stellte ihn auf den Tisch neben ihr Frühstücksgeschirr. Dann warf sie
einen Blick in den kleinen Spiegel über dem Kamin. Es war ein unerwarteter und teurer Luxus. So willkommen ihr das Bett in dem Gasthaus auch gewesen war, die öffentlichen Bäder waren ihr noch lieber gewesen. Wenigstens sah sie wieder einigermaßen menschlich
aus, obwohl die Luft so
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