Weber David - Schwerter des Zorns - 3
kümmerte es nicht, welche Zeugnisse
eine Frau aufweisen konnte oder auch nicht, bevor sie eine Kriegsbraut wurde. Es interessierte sie mehr herauszufinden, was eine
Frau tatsächlich vermochte. Die Glasbläserin, die Theretha prüfen
sollte, hatte beinahe augenblicklich erkannt, was für einen Schatz sie
darstellte. Trotz ihrer erst sechzehneinhalb Jahre besaß Theretha bereits Fertigkeiten, die ihrem noch ungeschliffenen Talent erlaubten,
Nützlichkeit und strahlende Schönheit aus der klaren, weiß glühenden Magie des verflüssigten Quarzsandes zu formen. Jetzt, zehn
Jahre später, war sie eine anerkannte Meisterin ihres Faches, mehr
noch, ihre Werke wurden von wohlhabenden Bürgern und Adligen
im ganzen Königreich der Sothôii gesucht und gepriesen. Ihre Exemplare und ihr Name waren sogar einigen auserlesenen Sammlern
im Reich der Axt bekannt, wo sie hoch im Kurs stand. Nur sehr wenige Sammler, die Therethas Glaskunst für Preise erstanden, die sie
manchmal kaum fassen konnte, selbst jetzt noch nicht, wussten, dass
sie eine Kriegsbraut war. Allerdings schien es unwahrscheinlich,
dass es jemanden gekümmert hätte, selbst wenn sie es erfahren hätten.
Theretha sah die wachsende Zahl von Bestellungen, aber sie hatte
eine Ermahnung ihres Vaters niemals vergessen. Schönheit war für
die Seele wie das Wasser für den Fisch, aber es war die eher gewöhnliche Arbeit einer Glasbläserin, die sich den alltäglichen Erfordernissen ihrer Aufgabe widmete, die der wahre Grund für ihre
Existenz war. Deshalb bestand Theretha darauf, dass sie sich auch
weiter in der Herstellung einfacher, nützlicher Glaswaren übte. Sie
verfocht diesen Standpunkt mit der sturen Entschlossenheit einer
Maus, die feststellte, dass sie in wenigstens einem Aspekt ihres Lebens eine Wildkatze war. Die Gläser, die sie herstellte, zum Beispiel
die Flaschen für die Drogeristen oder die Gläser der Gewürzhändler, waren nichts Besonderes… Sie retteten nur manchmal Leben
und halfen anderen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Sie hatte auch die Glaswaren gefertigt, die Soumeta und sie mit ihrem Wagen nach Thalar gebracht hatten.
Eigentlich hatte sie diese Reise gar nicht unternehmen wollen,
schon gar nicht jetzt, da alles so unruhig und schwierig war. Selbst
Domina Yalith hatte deswegen sehr gemischte Gefühle gehabt. In
gewisser Weise war Theretha die »kleine Schwester« aller Kriegsbräute in Kalatha, und sie alle waren sehr besorgt um sie. Wahrscheinlich weil ihnen klar ist, dass ich vollkommen unfähig bin,
mich vor etwas Gefährlicherem als einem tollwütigen Eichhörnchen
zu schützen, dachte sie spöttisch.
Aber sie hatte keine Wahl gehabt, und schließlich hatte sie Yalith
von ihrer Ansicht überzeugt. Der größte Teil der Herstellung aus
Therethas Werkstätten, in denen sechs Angestellte arbeiteten, bestand nicht aus ihren wunderschönen Kunstwerken, sondern aus
diesen alltäglichen, praktischen Glaswaren. Damit verdiente sie die
regelmäßigen Steuern, die Kalatha benötigte, und bezahlte auch die
Frauen, die für sie arbeiteten. Es war überlebenswichtig, die Märkte
zu erhalten, auf denen sie diese Waren verkaufen konnte.
Thalar war keine sehr große oder besonders wohlhabende Stadt.
Aber es war die größte und wohlhabendste in der Mark Lorham.
Und vor allem verfügte die Stadt über den größten und bestbesuchten Markt. Theretha hatte mittlerweile gute Beziehungen zu den
Händlern geknüpft, die ihre gewöhnlichen Glaswaren kauften. Vor
allem zu Herian Axtmeister, der fast die Hälfte aller Glas- und Töpferwaren vertrieb, die durch Lorham gingen. Herian war außerdem
Kommissionär des Clans Harkanath, des mächtigen Handelshauses
aus Zwergenheim. Aber diese Beziehungen schienen ernsthaften
Schaden erlitten zu haben, wie auch alle anderen Beziehungen von
Kalatha mit Lord Trisu und seinen Untertanen. Wenn Theretha den
Zugang zum Markt von Thalar und dadurch auch denjenigen zu der
Welt dahinter erhalten wollte, musste sie mitkommen und herausfinden, wie sie die Beziehungen wieder herstellen konnte. Und, wie
sie der Domina gegenüber etwas verlegen angedeutet hatte, ihr verlieh die Tatsache, dass ihre Mittelsmänner in Thalar auch von ihren
Kunstwerken wussten und Herian sogar den Verkauf von einigen
für sie abgewickelt hatte, etwas mehr Mumm, als sie sonst vielleicht
aufgebracht hätte.
Unglücklicherweise… Theretha biss sich auf die Lippen, als sie
durch die offene Tür in das Gemach des Marktmeisters blickte. Sie
sah, dass sich
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