Weber David - Schwerter des Zorns - 3
deine
Kunst, ihr seid auf lange Sicht wichtiger für Kalatha, als uns die freien Märkte zu erschließen. Wenn Manuar die Wahrheit gesagt und
nicht nur einfach herumgestänkert hat, weil er sauer auf mich war,
nachdem ich ihn auf die Vernachlässigung seiner Pflichten hingewiesen habe, dann könnten wir hier tatsächlich Gefahr laufen, dass
dir etwas… Unerfreuliches zustößt.
Also steig wieder auf den Karren, Theretha. Wir fahren ab. Sofort.«
Theretha wollte ein letztes Mal dagegenhalten, aber Soumetas
Miene brachte sie zum Schweigen. Das Gesicht der anderen Frau
war wie in Stein gemeißelt, ein Bollwerk gegen die Welt im Allgemeinen und gegen Meister Manuar im Besonderen. Die Glasbläserin
begriff, dass es keinen Sinn hatte, ihr zu widersprechen.
Der Regen prasselte unbarmherzig herab, als Theretha auf den
Karren stieg und sich in den schmalen Gang zwischen den Kisten
mit den Glasflaschen setzte, die sie so hoffnungsvoll mitgebracht
hatte. Die Regentropfen prasselten auf die gespannte Segeltuchplane
über ihr, als würden endlose winzige Fäuste darauf hämmern. An
einigen Stellen drang das Wasser durch den Stoff und lief innen daran herunter. Einige Tropfen schienen es vor allem auf Theretha abgesehen zu haben. Sie zog ihren Umhang fester um sich, als Soumeta zur Vorderseite des Karrens ging und das Halfter des Ponys packte. Mit einem Schnalzen trieb sie das Tier an, und Theretha hielt sieh
an einer der festgezurrten Kisten fest, als sich der Ponywagen mit einem Ruck in Bewegung setzte.
Bei Tagesanbruch würde sie frieren, durchnässt sein und sich
elend fühlen. Sie lauschte dem leisen Klingeln des Glases in den Kisten, das das Prasseln des Regens leise begleitete. Dass Soumeta noch
nasser werden und mehr frieren würde, ließ Theretha nur noch
mehr verzweifeln und verstärkte ihr unbestimmtes Schuldgefühl.
Soumeta hatte Recht. Domina Yalith hatte deutlich gemacht, dass
die Kriegsbraut der offizielle Repräsentant von Kalatha war – und
außerdem auf Theretha »aufpassen« sollte. Dennoch konnte die
Glasbläserin den schleichenden Verdacht nicht abschütteln, dass alles anders gelaufen wäre, wenn sie selbst mit Meister Manuar gesprochen hätte.
Aber das hatte sie nicht getan, und während der Karren durch den
Regen holperte und durch Pfützen platschte, machte sie es sich so
bequem wie möglich und überlegte, wann die ganze Geschichte eigentlich angefangen hatte, so schrecklich aus dem Ruder zu laufen.
9
D AS WAR WIRKLICH köstlich, Tala, wie immer.« Kaeritha seufzte zufrieden, nachdem sie den letzten Bissen Brotpudding verspeist hatte,
und legte den Löffel sorgfältig in den leeren Napf. Zufrieden strich
sie sich über ihren flachen Bauch, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück
und lächelte die untersetzte, ältere Hradani an. Auf Befehl von Prinz
Bahnak hatte die Haushälterin Bahzell nach Balthar begleitet.
»Schön, dass es Euch geschmeckt hat, Milady«, erwiderte Tala. Ihr
navahkanischer Akzent war unüberhörbar. »Es macht mir sehr viel
Freude, für jemanden zu kochen, der gute Speisen zu genießen
weiß.«
»Oder sie herunterschlingt, und zwar in gewaltigen Mengen«, bemerkte Brandark und ließ seinen Blick viel sagend über die leeren
Schüsseln auf dem Tisch gleiten.
»Ich habe nicht bemerkt, dass Ihr selbst Euch zurückgehalten hättet, Milord«, erwiderte Tala spöttisch.
»Nein, aber ich habe auch weit mehr zu versorgen«, gab Brandark
grinsend zurück. Kaeritha lächelte. Brandark mochte zwar kleiner
sein als ein durchschnittlicher Hradani vom Stamm der Blutklingen,
trotzdem maß er fast zehn Zentimeter mehr als Kaeritha und war
zudem weit massiger gebaut.
»Das kann man wohl sagen«, stimmte ihm Bahzell fröhlch zu. »Für
einen abgebrochenen Riesen von einem Hradani, der zudem noch
den ganzen Tag mit einem Stift in der Hand und einem Stück Pergament vor sich herumhockt, hast du wirklich ziemlich viel Fleisch auf
deinen Knochen.«
»Das merke ich mir für das nächste Mal, wenn du irgendeine rätselhafte Schrift der Sothôii von mir übersetzt haben willst«, versprach ihm Brandark drohend.
»Still, Brandark!«, ermahnte ihn die vierte Person am Tisch. Gharnal Uthmâgson schien für einen Pferdedieb zwar eher klein, doch
immer noch größer als Brandark und ebenso muskulös. Dennoch
war er mehr als einen Kopf kleiner als sein Stiefbruder Bahzell. »Es
ist nicht besonders nett, Bahzell darauf zu stoßen, dass die Luft dort
oben, wo sich sein Kopf befindet, so dünn ist, dass es sein
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