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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewesen, hatte sogar Spaß gemacht, aber er freute sich auf die Rückkehr ins langweilige Mundanien.
    Und doch – eine Sache bereitete ihm Kopfzerbrechen. Wie sollte er nach Hause gehen, wenn die schöne Chlorine hier blieb? Ganz abgesehen von dieser superreizvollen Dämonin Mentia? Von beiden wollte er soviel sehen, wie es nur ging, auch wenn er wußte, daß sie beide nicht für ihn bestimmt waren. Sie waren der Stoff, aus dem die Träume sind, Pin-up-Phantasien – aber hatte Unerreichbarkeit ihn jemals abgeschreckt? Eigentlich sollte er versuchen, soviel von ihnen zu Gesicht zu bekommen wie nur möglich. Und doch bemühte er sich nicht – aus irgendeinem Grund hatte er einfach das Interesse verloren. Nun, nach außen hin bekundete er selbstverständlich weiterhin Interesse, aber nur, weil die anderen ihn mittlerweile seltsam beäugten, und er befürchtete, sie könnten ihn für krank halten, wenn er nicht versuchte, jede Gelegenheit für sich zu nutzen, auf normalerweise verdeckte und hier in Xanth unverhüllte weibliche Haut zu starren. Nur mit dem Herzen war er schon lange nicht mehr dabei.
    Lag es an dem Wahnsinn, der sich immer mehr um sie verdichtete? Die Mundanier waren davon nicht allzu stark beeinflußt worden, weil sie nun einmal starrsinnig unmagisch waren, aber gewisse Wirkungen zeigten sich doch. Sean fühlte sich ständig schwindlig, und einiges, von dem er wußte, daß es fest und eben war, wie zum Beispiel der Boden unten seinen Füßen, wirkte wellig oder ohne Substanz. Andererseits wußte er nur zu gut, daß all dies nur ein Problem der Wahrnehmung war und einem jungen Mann nicht das Interesse an schönen Frauen rauben sollte. Und es sollte ihn auch nicht mit diesem unerklärlichen Gefühl erfüllen, etwas Wertvolles verloren zu haben.
    Er zog sich in den Sichtschutz des Rauches zurück, um rasch ein natürliches Bedürfnis zu verrichten. Danach sah er zum Wohnmobil und den anderen hinüber; er ging los und umschritt ein tiefes Loch im Boden, das vielleicht eine Illusion war, möglicherweise jedoch keine. Seine Aufgabe war erledigt; Zeit, in den Schoß der Familie zurückzukehren.
    Da erschien etwas am Rand des Abhangs; Sean sah es nur aus dem Augenwinkel. In der Annahme, daß eines der Monstren von einem Erkundungsflug zurückkehren könnte, sah er hin. Zuerst hielt er es für eine Harpyie, denn es handelte sich um eine geflügelte Frau, doch dann bemerkte er, daß ihr Körper vollkommen menschlich und außerdem sogar bekleidet war. Ein geflügeltes Mädchen!
    Sie stieg über die Kante des Abbruchs und flog vorwärts. Sean sah, daß sie am Ende ihrer Kräfte war; ihre Flügel bewegten sich müde und schlaff, und ihr Kopf schwankte hin und her. Durch den immer stärker peitschenden Wind auf den Tafelberg zu fliegen hatte sie zu Tode erschöpft.
    Zierliche Füße berührten den Boden; sie faltete die Schwingen ein und sank auf die Knie.
    Sean mußte ihr einfach helfen. Sie war so zart, so anmutig, so verwundbar – er konnte nicht anders, er mußte etwas für sie tun. »Alles in Ordnung?« fragte er und reichte ihr die Hand.
    Müde drehte sie den Kopf und sah ihm ins Gesicht. »Sean!« rief sie und geriet ins Schwanken. Dann stürzte sie in das Loch, das er gerade erst vermieden hatte.
    Seine ganze Welt wurde in diesem Moment auf den Kopf gestellt. »Gerte!« rief er und sprang ihr hinterher. Er fing sie, und gemeinsam landeten sie in einem Haufen aus weichem vermodernden Blattwerk, das schwach leuchtete. Seans Verstand überschlug sich.
    »Oh, Sean, du erinnerst dich«, hauchte sie. »Ich hatte Angst, du könntest dich nicht mehr entsinnen.«
    »Du hast mich beim Namen genannt«, antwortete er, »und alles war wieder da. Aber wieso habe ich es überhaupt vergessen?«
    »Du bist durch einen Vergessenswirtel gegangen«, sagte sie. »Ich bin dir bis hierher gefolgt…«
    »Jetzt weiß ich endlich, was ich all die Zeit vermißt habe!« rief er. »Dich habe ich vermißt, Gerte. Ich liebe dich.« Er küßte sie und erfreute sich an der überwältigenden Süße seiner wiederkehrenden Erinnerung.
     
    Sie hatten dort angehalten, wo das Wasser die Trollstraße überflutet hatte. Die Kobolde hatten den Tränenfluß gestaut, so daß das Wasser Straße und Brücke überschwemmte und das Wohnmobil nicht weiterfahren konnte. Dad hatte den Zweig mit den Superknallfröschen in die Nähe des Damms gebracht und dann bei Mom und Sean zurückgelassen, um erkunden und die beste Stelle zum Anbringen der Ladung finden

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