Wechsel-Wind
angeblich hat sie spitze Ohren und vier Finger an jeder Hand.«
Gerte hielt eine Hand hoch, die ohne Zweifel fünf Finger aufwies, dann berührte sie eines ihrer Ohren, das definitiv rund war. »Um eine merkwürdige Welt muß es sich da handeln. Alle Elfen in Xanth sind so wie ich, mit einigen Ausnahmen.«
»Aha? Was für Ausnahmen?«
»Nun, meine Ulme ist eine Flügelulme. Deshalb haben wir Flügel. Mein Baum ist sehr groß, deshalb sind wir groß.«
»Groß? Für mich siehst du bezaubernd zierlich aus.«
»Groß für eine Elfe. Die meisten Elfen sind viel kleiner als wir. Sie sind auch viel enger an ihre Bäume gebunden.«
»An ihre Bäume gebunden?«
»Weißt du das alles nicht?«
»Erinnere dich, daß ich ein Mundanier bin.«
»Ach, stimmt ja«, sagte sie ernst. »Alle Elfen sind an ihre Ulmen gebunden. In ihrer Nähe sind sie sehr stark, aber sie werden immer schwächer, je weiter sie sich davon entfernen, bis sie schließlich sogar zum Leben keine Kraft mehr haben. Deshalb fehlt ihnen jeder Expansionsdrang, aber selbst ein Oger würde es sich dreimal überlegen, bevor er eine Elfenulme mißbraucht, denn die Elfen dort wären viel stärker als er.«
»Du wirst schwach, wenn du dich von deinem Baum entfernst?«
»Ja. Für fliegende Elfen ist es nicht ganz so schlimm, und wir besitzen eine recht große Reichweite. Ich glaube, daß liegt daran, daß man unseren hohen Baum aus großer Entfernung noch direkt sehen kann, ohne daß Berge, Häuser oder andere Pflanzen die Sichtlinie unterbrechen. Dennoch unterliegen wir den Beschränkungen durch die Entfernungen. Am Rande Xanths wäre ich so schwach, daß ich nicht einmal zu stehen vermöchte, während ich dich in unmittelbarer Nähe meiner Ulme mit einer Hand hochheben könnte. Die Abnahme unserer Kräfte ist jedenfalls viel langsamer als bei anderen Elfenarten und erlaubt uns, mehr oder frei umherzufliegen. Meine Ulme steht östlich vom Zentrum Xanths, und so bin ich an dieser Stelle weder besonders stark noch besonders schwach. Sonst hätte ich dir sicher tatkräftigere Hilfe erweisen können.«
»Du hast mir schon genug geholfen«, beruhigte Sean sie. »Ich bin dir sehr dankbar. Ich habe den Damm der Kobolde mit Knallfröschen zerstört, aber dann bin ich von der Flut davongespült worden.«
»Wir mögen die Kobolde nicht besonders.«
»Wir mögen sie nicht im geringsten.« Er sah sich um. Die reißenden Fluten verebbten allmählich. »Ich mache mich besser auf den Rückweg zu meiner Familie.«
»Und ich fliege lieber zu meiner Ulme zurück.«
»Nochmals vielen Dank für deine Hilfe. Ich weiß nicht, wie ich dir das je vergelten soll.«
»Oh, ich bin nicht auf Vergeltung aus«, sagte sie und errötete wieder. »Es war schließlich eine Momententscheidung. Normalerweise kümmern wir uns nicht um Menschen; wir sind sehr scheu. Aber ich konnte dich doch nicht einfach ertrinken lassen.«
»Ich verstehe. Ich hätte für dich das gleiche getan, wenn du in Not gewesen wärst, und das nicht nur, weil du ein hübsches Mädchen bist.«
»Oh!« rief sie aus und lief tief rot an.
»Es tut mir leid«, sagte Sean schnell. »Ich wollte dich nicht beleidigen.«
»Niemand hat mich je zuvor hübsch genannt. Ich bin nur eine recht gewöhnliche Elfe und außerdem schlammbedeckt.«
Aha. Er begriff nun, daß es ihr mit der Scheu ernst gewesen war. »Vielleicht gefällst du mir besser, weil du mich gerettet hast. Und an dem Schlamm bin ich schließlich auch schuld. Ist hier in der Nähe ein Teich, an dem wir uns waschen könnten? Bevor wir getrennte Wege gehen, meine ich.« Er wollte nicht unbedingt schmutzig, wie er war, zu seiner Familie zurückkehren, denn dann mußte Mom einen Bezug über die Polster im Wohnmobil spannen, und außerdem wollte er dieses bezaubernde Wesen noch nicht sofort verlassen. Es war weit hergeholt, aber vielleicht bekam er noch mehr von ihr zu sehen, wenn sie sich säuberten.
»Ich habe tatsächlich ganz in der Nähe einen Teich gesehen«, antwortete Gerte. »Wenn dir die Verspätung nichts ausmacht…«
»Ganz bestimmt nicht.«
Sie führte ihn zu dem Teich, den sie entdeckt hatte. Er war klein, aber sein funkelndes, klares Wasser wirkte sehr einladend.
Gerte begann sich auszukleiden, dann zögerte sie. »Ich habe gehört, ihr Mundanier wäret sehr… Ich will dich nicht kränken, aber… macht es dir etwas aus, wenn ich mich ausziehe?«
»Nicht im geringsten«, antwortete er galant. Er erinnerte sich, wie er mit Freunden das
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