Wechsel-Wind
gesucht, aber ich kann ihn einfach nicht finden.«
»Aber Geld ist doch vollkommen nutzlos«, sagte Chlorine erstaunt. »Es tut nichts anderes, als den Schmutz anzuziehen.«
»Das weiß ich. Aber ich habe einen Geldhahn, und der frißt nichts anderes als Geld, also brauche ich welches.«
Tweeter war fertig mit seiner Beere und stieg auf, um sich einen Eindruck von der Umgebung zu verschaffen. Überblick war immer gut. In einer Mulde, die vom Beerenstrauch nicht eingesehen werden konnte, erspähte er einen Baum, dessen Blätter grün gemustert waren. Das mußte der Baum sein, nach dem Ray suchte. Er flog zu dem Baum und riß mit dem Schnabel eines der Blätter ab, dann flatterte er zum Strauch zurück und ließ seine Beute vor dem Mann zu Boden fallen.
»Das ist ja Geld!« rief Ray. »Du hast den Baum gefunden! Wo ist er denn?«
Tweeter flog zum Geldbaum zurück, so daß Ray ihm folgen konnte. Der Mann war begeistert. »Damit kann ich den Hahn ein Jahr lang futtern!« freute er sich und stopfte sich die Taschen mit Blättern voll. »Wie kann ich mich erkenntlich zeigen?«
Tweeter zuckte die winzigen Achseln. Für solch einen nebensächlichen Gefallen erwartete er doch keine Gegenleistung!
»Na, vielleicht ergibt sich noch eine Gelegenheit«, meinte Ray.
Dann führte er sie an, um ihnen den Weg zum Wabbel-Zauberer zu zeigen. »In dieser Gegend treibt sich ein böser Drache herum«, sagte er. »Ich bemühe mich, ihm auszuweichen, aber meistens lauert er in der Nähe des Hauses, in dem der Wabbel-Zauberer wohnt, und hofft darauf, ein unachtsames Kind zu fangen. So sieht er aus.«
Das Bild eines beutegierigen, feuerspeienden Drachen erschien vor ihm.
»Wah!« schrie Chlorine, denn für einen Augenblick hielt sie die Abbildung für echt.
Das Bild verschwand wieder. »Tut mir leid«, entschuldigte sich Ray, »ich hätte euch warnen sollen. Das ist mein Talent – ich erzeuge Bilder von allem, was ich gesehen habe, ganz gleich wie groß. Diesen schrecklichen Drachen habe ich so oft gesehen, daß ich ihn auswendig darstellen kann. Normalerweise müßte ich nämlich etwas sehen können, um es abzubilden. Ich hätte ihn euch kleiner zeigen sollen.« Das Bild erschien erneut, aber diesmal unbedrohlich winzig.
»Ich hoffe sehr, daß wir diesem Drachen nicht leibhaftig begegnen«, sagte Chlorine. »Da bevorzuge ich doch die harmlose eselsköpfige Variante.« Sie tätschelte Nimbys Schuppen, und die Schuppen, die sie berührte, wurden heller.
Leider blieb ihnen das Glück nicht hold. Ein kehliges Knurren ertönte, und der Boden erbebte, als etwas sehr Schweres aus dem Urwald auf sie zutrampelte.
»Versteckt euch!« rief Chlorine und sah sich aufmerksam um. Dummerweise befanden sie sich gerade auf einer weiten Lichtung und konnten sich nirgendwo verstecken.
»Vielleicht sollte ich das Bild eines Baums erzeugen«, schlug Ray unsicher vor. »Dann könnten wir uns dahinter verstecken.«
Aber Tweeter fiel etwas Besseres ein. Er flog auf den Mann zu und twietete gebieterisch.
»Vielleicht klappt das«, sagte Ray nickend. »Ich werde es versuchen.« Er richtete den Blick auf Tweeter.
Der Drache brach zwischen den Bäumen hervor, eine Rauchwolke hinter sich herziehend. Kein Zweifel, das Ungetüm hatte ihre Witterung aufgenommen. Aber als der Drache das flammenumkränzte Maul hin und her wandte, erschien vor ihm ein monströs großes Abbild von Tweeter. Bild-Tweeter überragte selbst die Bäume und starrte auf den wesentlich kleineren Drachen herunter.
Das Reptil zögerte und beäugte den Riesenvogel. Ganz eindeutig hatte er so etwas noch nie gesehen: einen Sittich, der so groß war wie ein Rokh. Aber er nahm Tweeters Vogelwitterung auf, deshalb wußte er, daß tatsächlich ein Vogel anwesend war. Tweeter hoffte, daß der Drache nicht so klug war, sofort zu begreifen, daß der reale Vogel längst nicht so groß war, wie es den Anschein hatte.
Tweeter trat einen großen Schritt auf den Drachen zu – und Nimby hob einen Vorderfuß und stapfte mit lautem Dröhnen auf. Tweeter machte noch einen Schritt – und Nimby stapfte wieder laut. Tweeter öffnete den Schnabel, und der Riesenvogel tat es ihm gleich. Der Schnabel war groß genug, um dem Drachen mit einem einzigen Biß den Kopf abzutrennen.
Der Drache hatte genug. Er machte auf der Stelle kehrt und floh.
»Wunderbar!« rief Chlorine begeistert. »Du hast uns gerettet, Tweeter!«
Tweeter schüttelte den Kopf, und der gewaltige Vogel tat es ihm nach. Nicht er hatte sie
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