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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
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gerettet, sondern Ray durch die gewaltige Abbildung. Damit hatte er den Gefallen, für den er Tweeter etwas zu schulden glaubte, mehr als vergolten. Dennoch verspürte Tweeter einen gewissen törichten Stolz: nie zuvor hatte er einen feuerspeienden Drachen in die Flucht geschlagen, und er würde es wohl auch nie wieder tun. Aber das Gefühl – das Gefühl war einfach großartig.
    Sie gingen weiter und kamen schließlich auf eine weitere Lichtung. Dort saß ein kleiner Mann mit stämmigen, kurzen Beinen, einem beinahe kahlen Schädel, den ein dünner Kranz aus grauem Haar einrahmte, und einem unglaublich dicken Bauch. Auf der Nase trug er eine Brille von mundanem Stil.
    Er blinzelte und erspähte die näherkommende Gruppe. Er lächelte. »Hallo, Ray. Wer sind denn deine Freunde? Wie Kinder sehen sie mir nicht aus. Natürlich wagen sich bei dem bemerkenswert scheußlichen Wetter, das wir in den letzten Tagen hatten, nicht mehr sehr viele Kinder vor die Tür.«
    Ray erwiderte das Lächeln. »Diese Freunde hier haben den Geldbaum für mich gefunden! Jetzt wird mein Geldhahn zufrieden sein. Sie brauchen einen neuen Handlungsfaden, und ich habe ihnen gesagt, daß du dazu der richtige Mann wärest.« Er wandte sich halb um, damit er die drei ansehen konnte. »Die junge Dame heißt Chlorine, der Drache ist Nimby und der Vogel Tweeter. Ich hoffe, du kannst ihnen helfen. Ich muß jetzt mit dem Geld nach Hause, bevor der Sturm wieder schlimmer wird.«
    Damit verabschiedete er sich und brach auf.
    »Ich bin Gerald Towne, einstmals ein Mundanier«, sagte der Wabbel-Zauberer. »Ich glaube, ich erkenne einen Mit-Mundanier«, fuhr er fort und sah Tweeter an. »Einen Sittich.«
    Tweeter tschilpte zustimmend.
    »Selbstverständlich bin ich kein Zauberer im Sinne des Wortes, denn nur xanthische Eingeborene besitzen Zaubertalent. Aber die Kinder mögen die Geschichten, die ich erzähle. Ich verfüge über zahlreiche Handlungsstränge, und ich weiß, wo man andere finden kann. Welche Sorte braucht ihr denn?«
    Nimby nahm Menschengestalt an und schrieb etwas nieder. »Es kommt mir so vor, als hättet ihr auch die eine oder andere Geschichte zu erzählen«, stellte der Zauberer fest, als er den Gestaltwechsel beobachtete. »Vielleicht berichtet ihr mir eines Tages davon.«
    »Vielleicht, wenn die Krise vorüber ist«, stellte Chlorine ihm in Aussicht. Dann nahm sie Nimbys Notiz. »Wir brauchen einen starken, unbenutzten Handlungsfaden für eine rückwärts gerichtete Geschichte.«
    Der Zauberer pfiff durch die Zähne. »Ihr müßt ja wirklich ein ernsthaftes Problem haben! Dann beeile ich mich wohl besser.« Er deutete auf einen Tisch neben sich. »Hier, nehmt euch doch was zu essen. Ich habe Erdnußbutter-, Marmelade- und Käsebrote.«
    Sie setzten sich und nahmen von den Sandwiches. Chlorine nahm etwas Erdnußbutter mit dem Finger auf und ließ Tweeter davon essen. Die Creme schmeckte ihm sehr gut, vor allem, weil sie einige Erdnußstückchen enthielt.
    Dann begann der Wabbel-Zauberer mit seiner Geschichte. »Es war einmal, vor ungefähr zweihundert Jahren, ein sehr unbeliebter Magier mit Namen Josua. Sein Talent bestand darin, magische Eigenschaften umzukehren, egal ob sie von Talenten oder Talismanen stammten. Die meisten Leute hatten es gar nicht gern, wenn ihnen jemand das Talent umkehrte, besonders dann nicht, wenn es sich dabei um etwas Angenehmes handelte. Zum Beispiel gab es damals eine junge Frau, die das Talent hatte, nach Parfüm zu riechen; nachdem Josua sie berührt hatte, roch sie nach Stinkhorn. Da war ein junger Mann, dessen Talent darin bestand, alle Wände hinaufzuklettern, indem er mit Händen und Füßen daran klebte; nachdem er versehentlich von Josua gestreift worden war, wurde er so schlüpfrig, daß er nicht einmal auf dem Erdboden stehen konnte, ohne auszurutschen. Ein anderer Mann fand stets die richtige Gelegenheit, etwas zu tun, sei es ein kräftiges Niesen oder für seinen Hund das Setzen einer Duftmarke. Nachdem er Josua kennengelernt hatte, fand er stets die falsche Gelegenheit und tappte, wie wir Mundanier sagen, von einem Fettnäpfchen ins nächste. Deshalb war Josua in seinem Heimatdorf absolut unbeliebt und auch in anderen Dörfern nicht willkommen, sobald die Bewohner herausfanden, mit wem sie es zu tun hatten. Dabei war er ein vollkommen anständiger und wohlmeinender Mensch. Glücklicherweise blieben seine Umkehrungen nicht permanent bestehen, es sei denn, er führte sie absichtlich herbei; nach

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