Wechsel-Wind
ich dachte immer, in Mundanien gäbe es keine Magie.«
Sean lachte. »Das klingt vielleicht verrückt, aber es funktioniert trotzdem.«
Den Pferden schien es schon viel besser zu gehen. »Wir danken dir«, wandte sich Osant an Chlorine. »Wir hätten niemals daran gedacht, das Wasser zu vergiften, um es zu säubern.«
Dann gingen sie weiter, und Osant führte ihnen andere Aspekte der impischen Evakuierungsanstrengungen vor.
»Aber…«, fragte Mom schließlich, »sollten deine Tochter und du nicht lieber dabei helfen, anstatt – uns zu betreuen?«
»Aber ihr seid doch Gäste«, gab Osant zu bedenken. »Wir müssen uns um euer Wohlergehen kümmern.«
Mom schien damit nicht zufrieden zu sein, sprach aber nicht weiter.
Osant führte sie zu einem brennenden Portal. »Das ist das Achattor des Feuers, durch das wir unsere Güter in Sicherheit bringen«, sagte er. »Ression wird uns die Tresorgewölbe zeigen.«
»Feuerachat«, murmelte Sean. »Impression.«
»Ich habe die Impression«, antwortete Chlorine, »daß du sehr klug bist.« Sie war ohnehin wunderschön, doch in diesem Moment hätte sie ungeachtet ihres Aussehens überaus bezaubernd gewirkt.
»Den Eindruck habe ich von dir auch«, sagte Sean.
»Oh!« machte sie, überrascht, daß er ihr Kompliment erwiderte. Dann lächelte sie. »Es funktioniert in beide Richtungen, nicht wahr?«
»Ja. Darum geht es beim Flirten«, sagte er und kam sich sehr weise vor.
»Jim…«, sagte Mom mit unaufdringlichem Drängen in der Stimme.
»Ich glaube, wir haben genug gesehen«, sagte Dad, der sehr empfänglich war für Moms Stimmungen. »Wir werden langsam müde und würden gern schlafen.«
»Selbstverständlich, wenn ihr es so wünscht«, antwortete Osant. »Ich werde euch umgehend zurückbringen.«
Sean war klar, daß sie nicht noch mehr Zeit in Anspruch nehmen durften, die der Imp besser nutzen konnte, indem er sich an der Evakuierung seines Heimatdorfes beteiligten. Er wußte auch, daß der Gedanke, heranwachsende Kinder zu haben, die sich verlieben konnten, Mom sehr nervös machte. Sie schien zu glauben, daß nach ihrer Generation niemand mehr die Grenze zum Erwachsensein überschreiten würde.
Auf dem Rückweg zum Hotel verlieh Chlorine ihrer Neugierde Ausdruck. »Ich wußte gar nicht, daß ihr Imps so viele Juwelen gewinnt. Ich dachte, dafür sei die Juwelennymphe zuständig.«
»Wir Imps gewinnen alle Edelsteine«, antwortete Osant stolz. »Vom Funkeln des Morgenlichts bis zu den unermeßlichsten Schätzen. Was glaubst du, woher die Nymphe Nachschub erhält?«
»Ich dachte, sie hätte ein Füllhorn, das sich nie leert.«
»Aber auch nur, weil wir Imps unermüdlich arbeiten, denn wir sind es, die das Füllhorn füllen. Wir besorgen die Juwelen, und die Nymphe streut sie aus, damit andere sie finden können. So war es schon immer.«
»Wie imponierend!« rief Chlorine. »Ich meine natürlich nicht den Imp, ich bin so beeindruckt davon, wie ihr immer wieder Edelsteine findet…«
»Ach, das ist nicht schwierig«, wiegelte Osant ab. »Wir streuen Impfkristalle aus…«
Er lächelte sie an. Zweifelsohne war auch er bezaubert von ihren Künsten.
Schließlich erreichten sie wieder das Hotel. David, Karen und Woofer saßen noch immer wie gebannt vor dem Zauberspiegel. Mom trieb sie aus dem Raum, und dann gingen alle nach oben.
»Mann, das war echt toll!« rief David. »Wir haben Gemetzel ohne Ende geguckt!«
Mom begann sich ihm ganz langsam zuzuwenden.
»Aber auch Nettes, zum Beispiel Jenny Elfe«, warf Karen rasch ein. »Sie stammt von der Welt der Zwei Monde, und ihr ist es nicht leichtgefallen, sich an Xanth zu gewöhnen, genauso wie uns auch.«
Sean lächelte innerlich. Zum ersten Mal besaß David genügend Grips, den Mund zu halten und die kleine Schwester reden zu lassen. Mom ließ sich mit Sicherheit lieber von einer Elfe erzählen als von »Gemetzel ohne Ende«.
Nachdem sich alle bettfertig gemacht hatten, zogen die anderen sich in ihre Zimmer zurück. Sean blieb mit den Tieren im Wohnraum und streckte sich auf dem längsten Sofa aus. Erst jetzt bemerkte er, wie erschöpft er war. Er wollte sich in den Schlaf lullen, indem er sich vorstellte, wie Chlorine sich völlig unschuldig auszog. Ihm war klar, daß sich zwischen ihnen nicht wirklich eine Beziehung anbahnte, aber es war eine teuflisch oder vielmehr himmlisch gute Illusion, und die wollte er hegen und pflegen, solange es ging.
Die drei Tiere kamen zu ihm. »Ach, ihr wollt zu mir ins Bett?«
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