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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
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und reichte es Chlorine. Sie las laut.
    »›Ich bin eine besondere Art Monster. Ich befinde mich andauernd im Wettstreit mit anderen meiner Art, um einen Status zu erlangen. Wir leben nur für das Spiel, dessen Regeln ein wenig willkürlich und streng sind. Wenn wir sie verletzen, verlieren wir die Partie. Manche Partien sind kurz, andere aber dauern Jahrhunderte.‹«
    Sie sah zu ihm auf. »Jahrhunderte! Deine Art muß lange leben.« Nimby nickte entschuldigend zur Antwort.
    Chlorine las weiter. »›Status wird durch Einfassungszeichen ausgedrückt. Gewöhnlicher Status von runden Klammern, die nächsten von eckigen, geschweiften und spitzen Klammern, allerdings benutzen wir aus Bequemlichkeit meistens nur runde…‹«
    Wieder unterbrach sie sich. »Meine Güte, dein Leben muß ja unfaßbar langweilig sein, Nimby! Kein Wunder, daß du hierhergekommen bist, um mit mir Abenteuer zu erleben. Schlimm genug, ein eselsköpfiger Drache zu sein, aber von Klammern beschränkt – oder eingegrenzt zu werden… du armes Ding!« Sie legte den Zettel beiseite, der sich auf der Stelle in eine Rauchfahne verwandelte und im Wind verwehte.
    Nimby nickte. Eigenartig nur, daß er eher erleichtert als beschränkt wirkte. Andererseits langweilte sich Chlorine nach wie vor, und Nimbys Vorgeschichte vermochte daran nun wirklich nichts zu ändern.
    Sie traf eine Entscheidung. »Nimby, als wir uns kennenlernten, versprach ich dir, dich zu gegebener Zeit in romantischen Belangen zu unterrichten. Ich glaube, diese Zeit ist nun gekommen. Wir haben einige Abenteuer hinter uns, und wahrscheinlich stehen uns noch weit mehr davon bevor, aber im Augenblick haben wir Ruhe und Muße. Da wir nicht sicher wissen, ob sich alles zum Besten fügt, können wir genausogut die Gunst der Stunde nutzen.« Sie schaute ihm ins Gesicht. »Weißt du überhaupt, wovon ich spreche?«
    Nimby schüttelte den Kopf.
    Sie lachte. »Du kannst meine Gedanken lesen, nicht wahr, aber du verstehst nicht, was ich denke, weil du in Wirklichkeit ein gestreifter Drache mit einem Eselskopf bist und menschliche Gefühle nicht begreifst. Nun, weil ich weiß, was du bist, kann es zwischen uns nichts geben, keine dauerhafte Beziehung, meine ich, genausowenig wie mit dem jungen Sean Mundanier, auch wenn es mir Spaß gemacht hat, mich von ihm beäugen zu lassen. Allerdings hat er mich in den letzten paar Stunden ignoriert, selbst als ich Gefahr lief, meine…« Sie schnitt diesen unerfreulichen Gedankengang ab. »Und ganz sicher wirst du mir niemals das Herz brechen und mich zum Weinen bringen.« Seltsamerweise schien Nimby bei diesem Satz traurig dreinzuschauen. »Aber wirklich, Nimby, ich weiß zu schätzen, was du für mich getan hast, und ich glaube, es ist nur fair, wenn ich es dir auf meine Weise vergelte. Deshalb werde ich dir zeigen, wie du dich benehmen mußt, wenn du für einen echten stattlichen jungen Mann und nicht für ein lachhaft eigenartiges exotisches Wesen gehalten werden willst. Wer weiß – möglicherweise nutzt dir die Information irgendwann etwas. Und vielleicht haben wir sogar Spaß dabei.« Sie sah ihn wieder an. »Hast du bisher etwas verstanden?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Na, du wirst es schon herausfinden. Ich werde dir zeigen, wie man den Storch ruft. Schade, daß es nicht echt sein wird. Aber wir werden so tun als ob. Ich glaube, ich habe lange genug mit Sean geübt, um zu wissen, wie man einen Mann antörnt. Und wenn ich dich antörnen kann, dann weiß ich, daß ich auf der richtigen Spur bin. Bist du fertig?«
    Nimbys Miene drückte tiefgreifende Zweifel aus.
    Chlorine lächelte. »Also starten wir bei Null. Gut. Da du nicht sprechen kannst, muß ich für uns beide reden. Aber die Bewegungen kannst du für dich selber machen. Wahrscheinlich wird es wie eine Schmierenkomödie wirken, und wir wissen beide, daß wir nichts davon ernst meinen, aber vielleicht ist es trotzdem interessant. Was immer ich sage, daß ich tun muß, tue ich, und wenn ich dich auffordere, etwas zu tun, tust du es. Hast du mich verstanden?«
    Nimby nickte, aber seine Zweifel waren ihm noch immer deutlich anzusehen.
    »Du sagst mit männlicher Kühnheit: ›Wie heißt du, schöne Frau?‹ Und ich klimpere sittsam mit den Wimpern und antworte: ›Chlorine, du stattlicher Mann, und wie ist dein Name?‹ Dann sagst du: ›Ich bin Nimby, ein schneidiger Kerl, und ich komme, um dich aus diesem Leben herauszuholen.‹ Und ich antworte: ›Ach, ist das romantisch, o Herr! Ich glaube,

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