Weck mich am Arsch!
sollte aber nicht den Fehler machen und je nach angebotenem Getränk schon Rückschlüsse auf das Schlafverhalten seines Gegenübers ziehen. Denn wie wir gesehen haben, ist Kaf fee als klassisches Wachmachergetränk unter Langschläfern zwar weitverbreitet, aber vielleicht hat es der neue Nachbar ja am Magen und trinkt daher bevorzugt Tee. Oder es handelt sich um einen Langschläfer, der an Tee tatsächlich Gefallen findet. Am besten redet man bei einem solchen Besuch nicht lange um den heiÃen Brei herum, sondern kommt direkt zum Thema. Wer offen von seiner eigenen Langschläfer-Natur erzählt, kann an den Reaktionen seines Gesprächspartners schon einiges über seine neue Nachbarschaft erfahren. Falls dies nicht funktioniert, sollte man nicht zögern, ganz konkrete Fragen zu stellen.
Fragen wie:
⢠Schlafen Sie eigentlich gern oder halten Sie Schlaf eher für überflüssig?
⢠Wann stehen Sie normalerweise so auf?
⢠Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie einmal länger liegen bleiben?
⢠Wie reagieren Sie, wenn Sie morgens geweckt werden?
⢠Wie reagieren Sie, wenn andere länger schlafen als Sie?
Selbstverständlich kann man diese Fragen nicht einfach so am Stück abhaken, ohne für komplett durchgeknallt gehalten zu werden. Aber wenn man nach jeder Frage ein bisschen von sich selbst erzählt, merkt der Gesprächspartner in der Regel nicht, dass er gerade interviewt wird. Das Ergebnis des Gespräches trägt man dann in die eigens vorbereitete Tabelle ein, aber selbstverständlich erst, wenn man wieder allein ist. Ein Plus bezeichnet dabei einen Langschläfer und ein Minus einen Frühaufsteher. Direkte Nachbarn erhalten zwei Zeichen, indirekte nur eins. Wenn man dann am Ende mit allen künftigen Nachbarn gesprochen hat, ergibt die Tabelle ein ziemlich eindeutiges Bild. Gibt es mehr Plus- als Minuszeichen, steht dem Einzug eigentlich nichts mehr im Weg. Ist es umgekehrt, sollte man zu Stufe drei übergehen.
Den dritten Teil unseres Dreistufenplans mag mancher vielleicht für übertrieben halten â für diejenigen Langschläfer, die nichts dem Zufall überlassen wollen, ist »Erfahren« hingegen ein Muss. Es ist der klassische Selbstversuch, der einem unter dem Motto »Probieren geht über Studieren« die Vorzüge und Nachteile der künftigen Nachbarschaft ungeschminkt vor Augen führt. Aber was tun, wenn die infrage kommende Wohnung noch gar nicht frei ist oder der Vermieter sich in Bezug auf ein »Probewohnen« querstellt? Nun, dann leiht man sich kurzerhand ein Wohnmobil und quartiert sich damit für mindestens eine Woche in seiner neuen Nachbarschaft ein. Auf der StraÃe wird man zwar nicht alles mitbekommen, was der potenzielle Nachbar in seinen eigenen vier Wänden treibt, aber der ganz »normale« Wahnsinn wird einem nicht verborgen bleiben. Auf diese Weise sollte einem weder die schwerhörige Nachbarin entgehen, die am liebsten schon um 6 Uhr morgens Frühstücksfernsehen schaut und damit die gesamte StraÃe unterhält, noch der Langzeitstudent, in dessen Wohnung die Aftershowpartys der örtlichen Technodisko gefeiert werden. Ob man dann aber mitfeiert oder sich doch lieber nach einer anderen Wohnung umschaut, ist Geschmackssache und muss jeder für sich selbst entscheiden.
Am Ende dieses Kapitels noch ein Wort der Warnung: In Zeiten geburtenschwacher Jahrgänge buhlen viele Städte um die Gunst neuer Einwohner. Da wird dann schon einmal tief in die Marketingtrickkiste gegriffen. In Hamburg beispielsweise diskutiert man seit geraumer Zeit medienwirksam über Langschläfer-Parkplätze. Prinzipiell eine tolle Idee, denn wer kennt das nicht: Man ist mit Freunden in einer Kneipe verabredet, der Abend entwickelt sich gesellig und ehe man sichs versieht, hat man so viel getrunken, dass man sein Auto stehen lassen muss. Wenn man dann am nächsten Morgen nicht früh genug aufsteht, ist einem der Strafzettel sicher. Insofern wäre ein Langschläfer-Parkplatz durchaus eine feine Sache. Aber das Ganze hat einen Haken: Die Hamburger Stadtväter verstehen unter »Langschläfer« einen Menschen, der bereits um 9 Uhr morgens, also quasi mitten in der Nacht, in der Lage ist, sein Auto wegzufahren. Hanseatischer Humbug! Den Beginn der Parkraumbewirtschaf tung von 8 auf 9 Uhr zu verschieben ist für einen Langschläfer ungefähr so hilfreich
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