Weck mich am Arsch!
Da fällt allerdings der Unterschied zwischen städtischem oder ländlichem Leben mehr ins Gewicht, denn gegen manche Geräusche helfen weder Ohrenstöpsel noch isoliertes Fensterglas. Wer das Stadtleben bevorzugt, sollte sich vor dem Wohnungswechsel intensiv mit einem Stadtplan ausei nandersetzen. Gerade in der Stadt lauern Störenfriede, die man auf den ersten Blick nicht als solche erkennt. Beispielsweise Krankenhäuser. Ein Krankenhaus in der Nachbarschaft mag einen Hypochonder beruhigen, einen Langschläfer jedoch nicht. Im Gegenteil: Da es wohl auch in Zukunft keine Gesetze zur zeitlichen Einschränkung von Notfällen geben wird, hat man als Krankenhausnachbar verdammt viel auszuhalten. Denn egal, wie sehr Rettungssanitäter heutzutage in Sachen Lärmschutz geschult werden: Irgendein Zivi findet sich immer, der morgens um 5 Uhr schon beim Losfahren die Sirene anschaltet â und auf einen Schlag die gesamte Nachbarschaft weckt.
Um das zu vermeiden, nimmt man sich also am besten einen Stadtplan und umkreist groÃflächig alle potenziellen Störenfriede. Dabei sollte man von Krankenhäusern, Polizeidienststellen und Feuerwachen mindestens einen halben Kilometer Abstand halten und von Eisenbahnlinien, Autobahnen oder SchnellstraÃen mindestens einen Kilometer. Bei Kirchen gilt: Je höher der Kirchturm, desto gröÃer der Abstand. Hier sollte man besonders groÃzügig messen, denn es gibt wohl kaum etwas Unerträglicheres als sonntäglichen Betalarm in direkter Nachbarschaft.
Sogenannte Lärmkarten, die man mittlerweile für fast jede deutsche GroÃstadt im Internet findet, sind hier weniger hilfreich. Sie geben vielleicht Aufschluss über Verkehr und Indus trie, aber Kirchtürme wird man darin genauso wenig finden wie Polizeidienststellen, Feuerwachen oder Krankenhäuser. An eigenen Nachforschungen führt also kein Weg vorbei. Doch die Arbeit zahlt sich aus: Wenn man schlieÃlich alle Störfaktoren eingetragen hat, wird man sich zwar wundern, wie wenig Wohnraum für Langschläfer übrig bleibt, ist dem Ziel eines langschlä fertauglichen neuen Zuhauses aber um einen groÃen Schritt näher gekommen.
Als Nächstes gilt es, die Nachbarn abzuchecken. Ganz gleich, ob man in die Stadt oder aufs Land ziehen möchte, den künftigen Nachbarn sollte man auf alle Fälle auf den Zahn fühlen. Besonders sorgsamen Langschläfern sei dazu folgender »Dreistufenplan« ans Herz gelegt:
⢠beobachten,
⢠befragen,
⢠erleben.
Punkt eins kann, je nach NachbarschaftsgröÃe, relativ zeitaufwendig werden. Wichtig ist zu erfahren, wer in der direkten Nachbarschaft welchen Beruf ausübt, wie die Nachbarn zu ihren Arbeitsplätzen kommen, wie sie ihre Freizeit verbringen und, last but not least, wie viele Kinder welchen Alters im direkten Umfeld wohnen. Ein Bäcker als Nachbar muss noch nichts Schlimmes bedeuten. Fährt dieser aber jeden Morgen mit einem lärmenden altersschwachen Auto zur Arbeit oder wird von einem Kollegen abgeholt, der anstatt zu klingeln lieber hupt, kann man sich die weitere Mühe sparen. Hier wird man als Langschläfer niemals froh. Ãhnlich verhält es sich mit Gartenfetischisten. Diese Spezies Mensch erkennt man daran, dass sie bereits kurz nach Sonnenaufgang an Pflanzen herumschnippelt. Solche Leute mähen ihren Rasen auch am Wochenende nicht selten vor 9 Uhr morgens und haben dabei für Langschläfer kei nerlei Verständnis. Wohnt ein Lärmterrorist dieser Sorte im Umfeld des künftigen Zuhauses, sollte man besser direkt Leine ziehen, statt sich in einen jahrelang andauernden Nachbarschaftsstreit zu verstricken. Ist man doch einmal gezwungen, mit harten Bandagen gegen einen Gartenfetischisten zu kämpfen, kann ich aus eigener Erfahrung den Einsatz von Wühlmäu sen nur wärmstens empfehlen. Spätestens, wenn Nachbars Garten wie ein frisch gepflügter Acker aussieht, ist es mit dem Rasenmähen endgültig vorbei. Doch wieder zurück zu unserem Dreistufenplan.
Punkt zwei ist wahrscheinlich die einfachste Stufe, sollte aber erst nach Punkt eins erfolgen, damit man überprüfen kann, wie ehrlich die künftigen Nachbarn es mit einem meinen. Mit dem Satz »Hallo, ich bin Ihr neuer Nachbar, hätten Sie vielleicht mal einen kurzen Moment Zeit?« kann man sich bei den meisten Menschen unkompliziert auf eine Tasse Tee oder Kaffee einladen. Man
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