Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
süß! Den Kleinen stehen die Kopfhaare ab wie waschechten Punks. Ich habe den Eindruck, sie beobachten uns ab und zu genauso neugierig wie wir sie.
Ein Stück weiter hinten gibt es Leoparden, die sich geduckt durchs Gras schleichen und wahrscheinlich lieber ihre Ruhe hätten. Ganz am Ende der Anlage residiert ein Tiger, meistens schläft er, aber ausgerechnet heute will er seine Artgenossen vor uns warnen und brüllt lautstark. Es hört sich eher an wie ein Röhren und nicht wie das Miauen oder Fauchen einer Katze. Hoffentlich hört er auf, bis das Brautpaar eintrifft, sonst werden wir das Jawort kaum verstehen. Die Raubkatzen sind durch Gitter abgetrennt, damit trotz seines Gehabesniemand Angst vor dem Tiger haben muss. Auf dem Weg stolziert ein Pfau völlig frei herum, erst als zu viele Stühle angeschleppt werden und es zwischen den wuselnden Beinen eng wird, verzieht er sich auf einen Baumstumpf vor dem Affengehege, seine schönen Schwanzfedern hängen nach unten. Zu einem Rad lässt er sich von mir nicht überreden, jedenfalls nicht, während ich hingucke. Schade, dass ich mich heute nur ein kleines bisschen umsehen und nicht zu allen Tierarealen gehen kann. Ich sollte wieder einmal in aller Ruhe mit Liane oder Isabelle in den Zoo gehen, das ist echt nicht nur was für Kinder!
Wie nett, bei so fabelhaftem Wetter für eine derart geniale Location zuständig zu sein – denke ich noch – da sehe ich jemanden, der mir die Laune verdirbt.
Noah!
Wieso hat Endres mich nicht vorgewarnt, dass er schon wieder der Fotograf ist? Noah bemerkt mich fast gleichzeitig und nickt lässig in meine Richtung. Er kommt nicht mal rüber, um Hallo zu sagen. Arroganter Mensch! Na gut, ist mir auch lieber so! Ich muss noch die Sitzordnung kontrollieren, das hat Endres mir eingeschärft, weil unser Paar ausdrücklich viel Wert darauf legt.
Ich schlüpfe in den Maharadscha-Saal. Mir stockt der Atem. Wahnsinn, ist das schöööön!
Man tritt ein durch geschwungene Bögen, vorbei an filigranen Doppelsäulen, alles in Gold, Gelb und Rosa – wie es sich für indischen Prunk gehört. Kronleuchteran der hohen Decke, die die festliche Tafel gebührend beleuchten. In den Nischen am Rand befinden sich Ruhebereiche mit großen und kleinen Sitzkissen. Auf der einen Seite hat man freien Blick in das Gehege der indischen Tempelaffen. Leider habe ich keine Zeit mehr, den Affen beim Spielen zuzusehen. Ich krame in meiner Tasche nach dem Plan. Unschlüssig drehe ich ihn einmal um die eigene Achse – ah, da ist der Brauttisch. Die Namensschildchen werden von kleinen goldenen Elefanten auf dem Rücken getragen. Ich vergleiche sie mit den Namen auf meinem Plan und hake alle Übereinstimmungen ab. Etwa nach der Hälfte wird das Eingangsportal mit Schwung aufgerissen. Eine Dame stöckelt herein, schwarz-weißes, wadenlanges Seidenjersey-Kleid, einen breitkrempigen lachsfarbenen Hut auf dem Kopf, die dazu passende Handtasche unter den Arm geklemmt. Sie hat ihr Kinn entschlossen nach vorne geschoben und steuert ohne Umschweife einen der Tische an – kurzer Blick in die Runde, dann einen Tisch weiter. Am dritten Tisch wird sie fündig, hebt einen Elefanten hoch und brummelt: »Wusste ich es doch!«
Mit dem Elefanten inklusive Kärtchen geht sie weiter. Mich hat sie entweder noch nicht gesehen oder absichtlich übersehen. Wie bei einem Raubvogel die Krallen schießen ihre lackierten Fingernägel am Brauttisch auf einen goldenen Elefanten zu. »Pff«, macht sie und stellt stattdessen den anderen Elefanten auf. Der »Brauttischelefant« soll den Platz wechseln, vermuteich, bis der Schwarz-weiß-Gestreiften wohl noch eine bessere Idee kommt und sie einen dritten Elefanten ins Spiel bringt. Und wenn sie gerade dabei ist …
Die geplante Sitzordnung scheint ihr generell nicht zuzusagen. In meine Saalhälfte ist sie noch nicht vorgedrungen. Beim ersten Austausch überlege ich noch, ihn einfach rückgängig zu machen, sobald sie weg ist. Allein das dumme Gesicht, das sie machen würde, wäre mir die Heimlichkeit wert. Vor allem denke ich an die Claussen-Tochter zurück. Offene Konfrontation mit Hochzeitsgästen oder, noch schlimmer, Angehörigen gehört nicht zu meiner Wunschliste. Aber wenn sie so weitermacht, kann ich mir kaum noch merken, wo sie was vertauscht hat. Das wird wie Memory mit Namen im ganzen Saal. Ich habe zwar meine Liste, aber ich müsste mit der Kontrolle von vorne anfangen, um sicherzugehen, keine Änderung zu übersehen. Wut
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