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Weg da, das ist mein Handtuch

Weg da, das ist mein Handtuch

Titel: Weg da, das ist mein Handtuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Spörrle
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Kleines«, sagte die Schwiegermutter im Bühnenflüsterton zu Anna; dem Tonfall nach tat es ihr kein bisschen leid. »Seit seiner Prostataoperation ist e r – so anders.«
    »Wenn jemand anders ist, dann du!«, empörte sich der Schwiegervater. »Überall lässt du deine Haare herumliegen. Deine Zähne. Und diese ekligen Puderrest e …«
    »Was fällt dir ein!«, rief seine Frau. »Das stimmt nicht! Und das ist alles nichts gege n – dein furchtbares Gerät!«
    Einen Moment herrschte Schweigen. Selbst die Kinder, hocherstaunlich, waren mucksmäuschenstill.
    »Mein Gerääää t …«, japste der Schwiegervater, viel zu laut für die Gegenwart Minderjähriger.
    Anna nahm den Notausgang. Sie beugte sich vor: »Elias, Carlotta, wollt ihr ein leckeres Schokoladeneis mit Sahne?«
    »Ja!«, jubelten die zwei. »Ja bitte!«
    »Papi geht mit euch!«, bestimmte Anna.
    »Anna«, ächzte Oliver, »es ist Frühstückszeit. Viel zu früh für Süßes. Außerdem: Woher soll ic h …«
    »Egal, Oliver, ganz egal«, lächelte Anna verkrampft.
    SUSAN
    Sie hatte eine Nacht hinter sich, in der sie kaum hatte schlafen können. In der sie viermal am Fenster stand und überlegte, doch zu springen. Kopfüber und auf den gefliesten Boden des Poolbereichs. Wenn es ihr gelänge, mit dem Kopf zuerst aufzukommen, ohne die Hände schützend zu heben, reichte es vielleicht doch für Schädelbruch, Genickbruch, Exitus. Aber würde sie es wirklich schaffen, die Hände unten zu lassen? Zwei Testsprünge von der Minibar aufs Bett säten Zweifel. Einen dritten wagte sie nicht; das Bett hatte schon beim zweiten gekracht.
    Ihr Handy rappelte. Sie hatte ein paar Rückrufe auf der Mailbox, Christine, Claudi, Yvonn e – zu spät, Leute, zu spät für echte Freunde!
    Susan setzte ihren MP3-Player auf, drehte Kurt Cobain und Nirvana laut auf und ging aus dem Hotel und am Pool vorbei. Die vierspurige Straße, die man auf dem Weg zum Strand überqueren musste, war dicht befahren.
    Gleich jetzt, ein schnelles Ende, ohne nachzudenken. Es machte ihr keine Angst. Sie würde es tun, solange das so blieb.
    Sie marschierte auf die Straße und die fahrenden Todesmaschinen zu. Spürte ihren vorbeifetzenden Luftzug. Ging an der Fahrspur entlang, so dicht wie möglich. Drehte Nirvana noch lauter, bis sie vom Verkehr nichts mehr hörte.
    Sollte man in einer solchen Situation beten? Wenn ja, was? Ihr fiel nichts ein. Aber galt Selbstmord für die Kirche nicht als Sünde? Vielleicht war es dann sowieso besser, wenn sie nicht groß drauf aufmerksam machte.
    Sie drehte um, schloss die Augen und ging entlang der Fahrspur wieder zurück. Nach ein paar Metern geriet sie mit dem Fuß auf harten Asphalt, eine Hupe dröhnte dicht neben ihr durch die Musik. Sobald sie sich traute, würde sie einfach drei Schritte zur Seite machen. Drei Schritte zur Seite, und es war vorbei.
    Sie drehte sich zur Straße, fühlte den Luftzug der vorbeirasenden Wagen, zählte bis zehn. Dann spürte sie nichts mehr, eine Schutzreaktion des Körpers in seinen letzten Sekunden? Würde sie wohl ein Licht sehen?
    Hoffentlich zog man ihr nicht statt dem kleinen Schwarzen das gelbe Sommerkleid an, das sie so blass machte.
    MORITZ
    Er ließ sich das Frühstück in die Suite bringen und frühstückte auf der Terrasse mit herrlichem Blick auf das grünblaue Meer. So würde er künftig öfter frühstücken; irgendwo oberhalb an der Küste wartete ein Haus auf ihn. Als er wieder reinging, blinkte am Telefon eine Nachricht. Die Rezeption bat »Herrn Schmidt«, er möge bitte seinen Ausweis noch abgeben. Diese Spanier waren ja richtige Bürokraten! Das Telefon klingelte. Wieder die Rezeption. Ein Herr Fernandez ließe ausrichten, er sei unterwegs, aber es könne noch dauern, eine Frau sei dazwischengekommen. Fernandez, das musste dieser allürenhafte Makler sein.
    SUSAN
    Jede Faser ihres Körpers war gespannt, sie wartete darauf, wie eine Puppe durch die Luft zu fliegen. »Neeevermiiind!«, dröhnten Nirvana in ihren Ohren. »With the lights out it’s less dangerous!«
    Sie ging weiter, immer weiter. Sie konnte die Augen nicht öffnen, sie stolperte, fing sich mit den Händen ab, rappelte sich wieder hoch, hörte sich schreien, taumelte weiter.
    Und dann, der Aufprall!
    Da war etwas Weiches, Wabbelndes, Federndes.
    Alles, aber kein Kotflügel.
    Sie riss die Augen auf. Vor ihr stand ein älteres Paar, beide mit dicken Bauchairbags unter den T-Shirts. Sie guckten wie empörte Leguane.
    Susan riss die Kopfhörer

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