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Weg da, das ist mein Handtuch

Weg da, das ist mein Handtuch

Titel: Weg da, das ist mein Handtuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Spörrle
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er höchstpersönlich ihn betreue. So etwas Unnötiges. Moritz war immer freundlich, außer er konnte jemanden wegen übertriebener Allürenhaftigkeit nicht leiden.
    Fernandez erkundigte sich, ob sie noch auf »die Señora« warten sollten. »Señora?«, fragte Moritz. »Nein, ich bin allein.«
    Bis sie vor dem Hotel waren hatte Fernandez drei weiblichen Hotelangestellten schöne Augen gemacht und einer Animateurin hinterhergepfiffen. Er zwängte sich in einen knallroten Scuderia Spide r 16M. Kaum hatte Moritz Platz genommen, ließ Fernandez den Motor aufröhren; der Ferrari schoss davon und fädelte sich reifenquietschend auf der Hauptstraße ein. Um ein Haar hätten sie die Abfahrt zur Bergstraße verpasst, um ein zweites Haar beim Herumreißen des Steuers einen Touristenbus geschrammt. Erst als Moritz begann, das Auto in höchsten Tönen zu loben, reduzierte Fernandez das Irrsinnstempo. Und verlegte sich darauf, mit jeder, wirklich jeder cabriofahrenden Frau zu flirten.
    OLIVER
    Der Strand war voll. Unglaublich voll. Massen von Menschen. Endlich fanden sie eine Stelle, an der genug Platz für sie alle war.
    »Papi«, sagte Elias. »Guck mal, ist das eine Qualle?«
    Es war ein benutztes Kondom. Ein Stück weiter lagen Glasscherben. Wieder ein Stück weiter etwas, das aussah wie ein mit Currywurstresten gefüllter Herrenschlüpfer.
    »Nein«, sagte Oliver, »das ist keine Qualle, kommt, wir gehen noch ein Stück!«
    Es wurde nicht besser. Es sah aus, als ob jemand am Strand den Inhalt mehrerer Müllsäcke verteilt hätte, von Zigarettenkippen und halb leeren Sangriaflaschen bis zu Schuhen und vom Wind zerfetzten Illustrierten.
    »Es ist nicht zu glauben«, empörte sich Anna. »Da vorne hat gerade ein Mädchen hingemacht, und ihr Vater, das Schwein, hat einfach mit dem Fuß Sand drübergescharrt.«
    »Wo ist ein Schwein?«, wollte Elias wissen.
    »Es reicht«, sagte Anna. »Da vorne werden Liegestühle und Sonnenschirme vermietet. Da muss es, wird es sauberer sein!«
    Eine Liege kostete 1 2 Euro pro Tag, ein Schirm weitere sieben Euro. Und das war noch nicht mal das Problem. Das Problem waren ihre künftigen Liegennachbarn, deren Durchschnittsalter bei geschätzten siebzig lag und die ihnen mit bösen Gesichtern entgegensahen. Einer riss seine Bildzeitung hoch, so schnell, als könne sie ihn schützen. Andere starrten die Kinder an, als wünschten sie deren Tod herbei. Anna grüßte.
    »Woanders ist auch noch was frei«, sagte eine Frau barsch, ohne sie anzusehen.
    »Wo denn?«, fragte Oliver.
    Er bekam keine Antwort. Anna bat Elias und Carlotta im Flüsterton, bitte leise zu sein, um die Erwachsenen nicht zu stören. Und Elias machte, was Kinder immer tun, wenn sie nervös sind: das Gegenteil. Er rannte quiekend zwischen den Liegen herum. Carlotta hinterher, um ihn zu fangen.
    »Carlotta, Elias, kommt sofort her!«, rief Oliver.
    Die Kinder hörten nicht. Auch nicht auf Anna.
    »Entschuldigung«, sagte Oliver in die verbiesterte Runde. Er versuchte Elias festzuhalten, aber Elias war schnell. Er schnappte Carlotta, aber die fing an zu weinen.
    »Das ist doch unerträglich!«, schimpfte der Mann hinter seiner Zeitung. »An diesem Strand kann man keine einzige Zeile lesen! Ruhe!«
    »Moment«, sagte Oliver. »Wir waren doch alle mal klein.«
    »Niemals!«, donnerte der Zeitungsleser.
    »Typisch«, keifte die erste Frau. »Keine Ahnung von Erziehung. Aber Kinder werfen, das können sie! Der Staat zahlt denen ja alles! Von unserem Geld!«
    Von den Liegen rundum kam zustimmendes Gemurmel.
    Erst beim Gehen fiel Oliver auf, dass der Mann die Bildzeitung verkehrt herum hielt.
    MORITZ
    Trotz Fernandez’ Fahrweise und selbstmörderischen Flirtversuchen waren sie heil oben auf der Kammstraße angekommen. Sie fuhren an hohen Mauern und schweren Gittertoren vorbei. Ab und zu blitzte zwischen Hecken und Dächern das Meer. Dann riss Fernandez den Scuderia in eine kiesbestreute Einfahrt und bremste scharf vor einem cremefarbenen Koloss aus den Achtzigerjahren, der fast das gesamte Grundstück einnahm.
    »Kommen Sie«, rief er, als Moritz an die hüfthohe Grundstücksmauer treten wollte, hinter der ein Streifen Meer in der Sonne glitzerte, »kommen Sie, der Blick von der Terrasse ist schöner!«
    Der Blick von den Terrasse war phantastisch. »Ihre Señora wird begeistert sein«, sagte Fernandez.
    Wen meinte er?
    Leider stellte sich heraus, dass das von außen so beeindruckende Gebäude innen für Zwerge gebaut worden war:

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