Weg da, das ist mein Handtuch
aus den Ohren.
Hinter ihr war die Ampel. Die Ampel, über die sie gegangen sein musste. Als sie für Fußgänger grün war. Gerade fuhren die Autos wieder an.
OLIVER
Es gab kein Eis. Es gab nur ein eiskaltes Lächeln vom Oberkellner: »Und die Sahne wird für Piña Colada gebraucht.« Elias und Carlotta hörten erst auf zu heulen, als Oliver ihnen die Gummibärchen aus der Minibar versprach, obwohl das mindestens so unpädagogisch war wie die Sache mit dem Eis.
Kurz nach ihnen kam Anna ins Zimmer. Sie hatte rote Augen.
»Beide sind in unterschiedliche Richtungen abgehauen. So was gab es noch nie! Sie haben im Urlaub IMMER alles zusammen gemacht, jeden Gang ans Meer, jeden Halstuchkauf im Shop!«
»Sie streiten sich«, sagte Oliver, »das kommt mal vor.«
»Bei meinen Eltern nicht!«
»Sie werden sich wieder vertragen«, sagte Oliver.
Anna schniefte. »Du klingst ja fast, als fändest du das gut!«
Oliver musste insgeheim vor sich selber zugeben, dass das sein allererster Gedanke gewesen war. Als Privatmann, nicht als Familienvater.
»Ich finde das überhaupt nicht gut«, sagte Oliver. »Denn deine Eltern sind nicht mitgekommen, um sich hier wegen Banalitäten herumzustreiten. Sie sind mitgekommen, um uns mal die Kinder abzunehmen! Übrigens: Hast wenigstens du bemerkt, dass ich deinem Vater beim Frühstück so ganz nebenbei das Leben gerettet habe?«
»Elias«, antwortete Anna, »was hast du da in der Hand?«
»Ameisen«, sagte Elias.
»Woher hast du die?«, fragte Anna.
»Aus der Dusche«, sagte Elias. »Da sind noch viel mehr!«
Noch bevor Annas Kreischer seinen Höhepunkt erreichte, griff Oliver zum Telefon und wählte mal wieder die Nummer der Rezeption.
SUSAN
Sie saß am Strand. Das Meer sah trübe aus. Ihre Beine zitterten noch immer. Sie wollte mit ein paar Freundinnen telefonieren, kurz und belanglos: »Es geht mir gut, es ist heiß, die Cocktails sind toll, ich lebe noch.« Aber sie erwischte niemanden.
Dafür kam ein Super-gut-drauf-Animateur im weißen T-Shirt mit Hotellogo-Print des Weges. Und fragte, ob sie denn auch gut drauf sei. Er heiße Javier. Und sei es nicht paradiesisch hier?!
Sie versuchte nicht zu reagieren, aber der Gute-Laune-Bär ließ nicht locker. Sie drehte sich zur Seite.
Er wollte sich mit Abklatschen verabschieden. Und ob er sie vielleicht eincremen solle?
Sie dankte.
Das sei inklusive, beeilte er sich zu versichern.
Trotzdem, sagte sie.
Gratis, sagte er, kostet nix.
Grauenhaft, dachte sie.
OLIVER
»Ameisen«, sagte der Mann von der Rezeption, als e r – leider wieder er ! – endlich in ihrem Zimmer stand. »Ach hier, die paar, ach, dann nehmen Sie einfach die Brause, so, und spülen sie runter, und ferti g – sehen Sie!«
»Und wenn sie wiederkommen?«, fragte Anna.
»Wer?«, fragte der Rezeptionist. Jäher Gedächtnisverlust war offenbar seine Spezialität.
»DIE AMEISEN«, sagte Oliver. »Und falls Sie gleich: Welche Ameisen? fragen: Die Ameisen, die Sie eben die Dusche runtergespült haben!«
»Welche Ameisen?«, fragte der Rezeptionist.
Oliver hätte ihn am liebsten durch das geschlossene Fenster geworfen.
»Kann ich Ihnen sonst noch helfen?«, heuchelte er.
Oliver erwähnte das Klappbett.
»Unter Ihnen zusammengebrochen? Aber nicht unter Ihnen allein!«
»Was soll das heißen«, fragte Oliver.
Der Rezeptionist zuckte die Schultern. »Wir erleben hier vieles, und Mobiliar ist in der All-inclusive-Rate nicht inbegriffen. Ich setze Ihnen das Bett auf Ihre Rechnung.«
»Darüber sprechen wir noch«, meinte Oliver verblüfft, mehr fiel ihm nicht ein. »Und so oder so: Wir brauchen ein neues!«
Als sie ans Meer gingen, warf Oliver schnell einen Blick in die Hotelhalle. Der Tisch des Reiseleiters war noch immer verwaist. In seiner Firma hätte sich das niemand leisten können.
MORITZ
»Lieber Her r … « – bedeutungsvolle Paus e – »Schmidt!«. Fernandez, klein, glatzköpfig, kugelförmig, begrüßte ihn in Hörweite der Rezeption mit ausgestreckter Hand. Auf Ilka war Verlass, sie hatte den Makler auch in dieser Hinsicht gebrieft. Dann raunte der allerdings: »Ist das nötig? SIE erkennt man doch sowieso!«
Moritz sagte, es sei nötig, leider.
Ilka hatte auch ihn gebrieft. Fernandez war der wichtigste Makler der Insel und hatte quasi ein Monopol auf den Küstenstreifen mit den schönsten Häusern in den besten Lagen. Ilka hatte noch geschrieben, er, Moritz, solle ja freundlich zu Señor Fernandez sein, denn der sehe es als Ehre, dass
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